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Fukushima: Japan begeht ersten Jahrestag der Dreifach-Katastrophe

Fukushima

Japan begeht ersten Jahrestag der Dreifach-Katastrophe

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    Seit der Katastrophe im Atomkraftwerk Fukushima ist sehr viel verstrahltes Wasser ins Meer geflossen. Foto: Japan Defense Ministry/Archiv dpa
    Seit der Katastrophe im Atomkraftwerk Fukushima ist sehr viel verstrahltes Wasser ins Meer geflossen. Foto: Japan Defense Ministry/Archiv dpa

    Mit einer Gedenkzeremonie und vereinzelten Demonstrationen gegen die Atomenergie begehen die Japaner an diesem Sonntag den ersten Jahrestag der Erdbeben-, Tsunami- und Atomkatastrophe vom 11. März 2011. Um 14.46 Uhr Ortszeit (06.46 MEZ) legen vor allem die Menschen in den vom Tsunami verwüsteten Küstengebieten im Nordosten des Inselreiches eine Schweigeminute für die mehr als 15 800 Todesopfer ein; mehr als 3000 Menschen werden auch ein Jahr danach noch immer vermisst. Es ist die größte Katastrophe in Japan seit dem verlorenen Zweiten Weltkrieg.

    Erdbeben-, Tsunami- und Atomkatastrophe

    Chronologie der Katastrophe von Fukushima

    Die Havarie nach dem verheerenden Erdbeben und Tsunami im japanischen Atomkraftwerk Fukushima Daiichi war die schwerste Atomkatastrophe seit dem Tschernobyl-Unglück 1986. Ein Überblick:

    11. März 2011: Ein Erdbeben der Stärke 9,0 erschüttert den Nordosten Japans und löst einen verheerenden Tsunami aus.

    11. März 2011: Auch die Stromversorgung und das Kühlungssystem des an der Küste gelegenen Atomkraftwerks Fukushima Daiichi werden beschädigt. Die Brennstäbe im Inneren der Reaktoren überhitzen und beginnen zu schmelzen.

    12. März: Im Reaktorgebäude Nummer eins kommt es zu einer Wasserstoffexplosion, doch der Reaktor selbst bleibt intakt. Das Kühlwassersystem funktioniert nicht mehr, das Team auf dem Gelände beginnt daraufhin, die Reaktoren mit Meerwasser zu kühlen. Die Regierung erweitert die Evakuierung auf einen Umkreis von 20 Kilometern.

    14./15. März: In den Gebäuden der Reaktoren drei und vier kommt es zu weiteren Explosionen. Die Reaktoren bleiben laut Behörden intakt.

    25. März - 4. April: In vier beschädigten Reaktorgebäuden wird eine große Menge radioaktiv verseuchten Wassers entdeckt. Es behindert die Arbeit zur Kühlung der überhitzten Brennstäbe. Die Behörden beschließen, 11.500 Tonnen radioaktiven Wassers in den Pazifik zu leiten.

    12. April: Japan stuft die Schwere des Atomunglücks hinauf. Es hat nun Höchststufe 7 und wird damit als genauso verheerend eingestuft wie die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl.

    6. Juni: Die Regierung bestätigt, dass es bereits kurz nach Beginn der Katastrophe in drei Reaktoren zu Kernschmelzen gekommen war. Die in den ersten Tagen freigesetzte Radioaktivität sei zudem doppelt so hoch gewesen wie zunächst geschätzt.

    30. August: Ministerpräsident Naoto Kan und sein Kabinett treten zurück. Finanzminister Yoshihiko Noda wird Japans sechster Regierungschef innerhalb von fünf Jahren.

    3. Oktober: Eine Regierungskommission schätzt die Kosten für Stilllegung und Abbau der Atomreaktoren auf umgerechnet 10,6 Milliarden Euro.

    17. und 29. November: Aufgrund radioaktiv verseuchter Stichproben verbietet Japan den Verkauf von Reis aus der Region Fukushima.

    16. Dezember: Die japanische Regierung verkündet, Fukushima Daiichi sei wieder unter Kontrolle, die Reaktoren seien im Zustand der «Kaltabschaltung».

    21. Dezember: Die Betreibergesellschaft Tepco schätzt, dass die Stilllegung der Reaktoren bis zu 40 Jahre dauern wird.

    22. Februar 2012: Um die Kontaminierung des Ozeans vor dem havarierten Atomkraftwerk einzudämmen, kündigt Tepco an, den Meeresboden mit einer 73.000 Quadratmeter großen Betondecke zu versiegeln.

    4. April 2013: Bis zu 120 Tonnen radioaktiv verseuchtes Wasser treten aus einem Tank aus und dringen in den Boden ein.

    19. Juni 2013: Im Grundwasser nahe dem havarierten Atomkraftwerk werden hohe radioaktive Werte gemessen. Werte der radioaktiven Substanz Strontium-90 lagen dreißigmal höher als zulässig.

    21. August 2013: Weitere 300 Tonnen radioaktiv verseuchtes Wasser treten in Fukushima aus.

    10. März 2015: An den Folgen der Flucht vor der Strahlung sind mehr als 1200 Menschen gestorben. Das Leben in Behelfsunterkünften hat viele krank gemacht. Andere begingen Selbstmord.

    Bis zu 15 Meter hohe Flutwellen hatten ganze Städte und Dörfer verwüstet. 115.000 Gebäude entlang des 400 Kilometer langen Küstenstreifens wurden vollständig zerstört. Mehr als 340.000 Menschen mussten in Folge der Katastrophe ihre Heimat verlassen. Mehr als 87.000 Menschen flohen vor der Gefahr einer Verstrahlung durch das vom Tsunami zerstörte Atomkraftwerk Fukushima Daiichi.

    Noch heute leben viele von ihnen in einer der 53 000 Containerwohnungen, die in den Unglücksgebieten gebaut wurden - ohne zu wissen, wie es weitergeht. Weite Gebiete nahe der Atomruine sind so verstrahlt, dass eine Rückkehr der Menschen als höchst ungewiss gilt.

    Havariertes Atomkraftwerk Fukushim Daiichi

    Erdbeben, Tsunami und GAU: die japanische Katastrophe in Zahlen

    Ein verheerendes Erdbeben und eine gewaltige Flutwelle führten am 11. März 2011 in Japan zum Atomunfall von Fukushima. Zahlen und Fakten zur Dreifach-Katastrophe, die die drittgrößte Industrienation der Welt überzog:

    - Das Erdbeben mit der Stärke 9,0 ist das bisher schwerste in der Geschichte Japans. Es löst auch einen Tsunami aus. Mehr als 260 Küstenstädte wurden zum großen Teil zerstört.

    - Die Naturkatastrophe fordert rund 15.800 Tote und mehr als 3700 Vermisste.

    - Die zivilen Schäden der Dreifach-Katastrophe belaufen sich insgesamt auf etwa 160 Milliarden Euro.

    - Die Katastrophenregion um Fukushima ist auf Jahrzehnte oder noch länger unbewohnbar. Mehr als 100 000 Menschen müssen ihre Heimat verlassen, Tausende leben noch immer in Notunterkünften.

    - Über 10.000 Tonnen radioaktiv verseuchtes Wasser fließen in den Ozean. Es gerät 168-mal mehr Cäsium 137 in die Umwelt als bei der Explosion der Hiroshima-Bombe.

    - Nach Angaben des Fukushima-Betreibers Tepco wird es noch bis zu 40 Jahren dauern, bis das Kraftwerk vollständig gesichert ist. Rund 20 000 Arbeiter halfen bislang, die Reaktoren unter Kontrolle zu bringen.

    - Alle zwei Millionen Bewohner der Katastrophenprovinz Fukushima sollen langfristig Gesundheitschecks unterzogen werden. dpa

    Ob der kürzlich am Herzen operierte Kaiser Akihito an einer zentralen Gedenkzeremonie der Regierung im Nationaltheater von Tokio wird teilnehmen können, stand am Freitag zunächst noch nicht fest. AZ/dpa

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