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Fünfter Tag nach dem Massaker: Attentäter Breivik stellt Forderungen an die Polizei

Fünfter Tag nach dem Massaker

Attentäter Breivik stellt Forderungen an die Polizei

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    Fünf Tage nach dem Massaker in Norwegen, bei dem 76 Menschen getötet wurden, laufen die Ermittlungen auf Hochtouren.
    Fünf Tage nach dem Massaker in Norwegen, bei dem 76 Menschen getötet wurden, laufen die Ermittlungen auf Hochtouren. Foto: dpa

    Nach den Anschlägen in Norwegen gehen die Ermittler am Mittwoch weiter mit Hochdruck der Frage nach, ob Attentäter Anders Behring Breivik nicht doch Helfer hatte. Offen ist auch, ob der 32-Jährige zu rechtsextremistischen Gruppen im Ausland Verbindungen unterhielt.

    Für Aussagen über angebliche Mittäter stellt der inhaftierte Massenmörder offenbar Forderungen an die Polizei. "Es waren verschiedene Forderungen. Einige konnten wir ganz unmöglich erfüllen", sagte der Sprecher der Osloer Kriminalpolizei, Pål Hjort Kraby, am Abend in der Online-Ausgabe der Zeitung "Verdens Gang". Nach unbestätigten Medienangaben soll er etwa Zugang zu einem eigenen Computer mit dem von ihm verfassten 1500 Seiten umfassenden "Manifest" sowie dem Online-Lexikon Wikipedia verlangt haben.

    Attentäter steht wegen Selbstmordgefahr unter Beobachtung

    Weil die Polizei einen Selbstmordversuch befürchtet, steht Breivik im Gefängnis unter permanenter Beobachtung. "Der Inhaftierte wird mit Blick auf einen möglichen Selbstmord kontinuierlich überwacht", sagte der Osloer Kriposprecher Pål Hjort Kraby im Fernsehsender TV2.

    Breivik hatte bei seinen zwei Anschlägen in Oslo und auf der Insel Utøya am Freitag mindestens 76 Menschen getötet. Bei Polizeiverhören und vor dem Haftrichter behauptete er, dass es zwei weitere "Zellen" mit Gleichgesinnten gebe, mit denen er zusammengearbeitet habe.

    Am Dienstag brachte die Polizei auf dem Bauernhof Breiviks Sprengstoff kontrolliert zur Explosion. Wie norwegische Medien am Abend berichteten, konnte eine Behördensprecherin nicht sagen, um was für einen Sprengstoff es sich gehandelt habe. Auch zur Menge wurden keine Angaben gemacht. Die Farm rund 160 Kilometer nördlich von Oslo sei von Breivik angemietet gewesen.

    Die norwegische Polizei begann am Dienstag damit, die Namen von Opfern der Terroranschläge zu veröffentlichen. Sie will Namen aller mindestens 76 Toten nach und nach bekanntgeben, sobald sie identifiziert und die Angehörigen unterrichtet sind.

    Breiviks Verteidiger will auf fehlende Zurechnungsfähigkeit seines Mandanten plädieren. "Die ganze Sache deutet darauf hin, dass er geisteskrank ist." Der 32-Jährige glaube, er befinde sich in einem Krieg, schilderte sein Anwalt Geir Lippestad. "Und wenn du in einem Krieg bist, kannst du Dinge wie diese machen", erläuterte er die Sicht seines Mandanten. Der Attentäter habe kein Mitgefühl mit den Opfern.

    Breivik hatte die Anschläge gestanden, aber auf nicht schuldig plädiert. Noch in dieser Woche sollen zwei Rechtspsychiater benannt werden, um seine Zurechnungsfähigkeit zu untersuchen.

    Mögliche Anklage wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit

    Die Staatsanwaltschaft bereitet eine Anklageerhebung entweder nach dem Terror-Paragrafen oder wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor. Die Maximalstrafe beträgt im ersten Fall 21 und im zweiten 30 Jahre Haft. Fristen für eine Anklageerhebung oder den Prozess haben die Behörden in Oslo nicht genannt.

    Der Attentäter hatte am vergangenen Freitag mit einer Bombe Teile des Osloer Regierungsviertels zerstört: Mindestens acht Menschen waren getötet worden. Zwei Stunden später begann er das Massaker auf der Fjordinsel Utøya nordwestlich der Hauptstadt und tötete mindestens 68 Teilnehmer eines sozialdemokratischen Jugendlagers.

    Amokläufe: Von Texas über Winnenden bis Oslo

    Der 1. August 1966 gilt als Auftakt der seitdem nicht mehr abgerissenen Serie von Amokläufen: An der Universität von Texas schießt ein Mann mehr als eine Stunde lang von einem Turm der Uni herunter auf Menschen. 14 Personen kommen ums Leben.

    Am 16. Oktober 1991 bringt in Killeen (Texas) ein Mann in einem Café 23 Personen um. Anschließend richtet er sich selbst.

    20. April 1999: Die beiden Schüler Eric Harris und Dylan Klebold stürmen die Columbine High School in Littleton in den USA. Sie töten dort zwölf Schüler und einen Lehrer. 24 weitere Personen werden verletzt. Danach richten sich die Amokläufer selbst. Diese Tat gilt als zweiter Auftakt von Amokläufen und als Beginn des Schul-Amoks.

    Der erste Schulamok in Deutschland findet am 26. April 2002 statt: Am Gutenberg-Gymnasium in Erfurt tötet der 19 Jahre alte Schüler Robert S. 16 Menschen. Danach richtet er sich selbst. Der Amokläufer war ein Jahr zuvor von der Schule verwiesen worden.

    In Emsdetten schießt ein 18-Jähriger 20. November 2006 in seiner ehemaligen Schule um sich. Mehrere Menschen werden verletzt. Dann tötet sich der Täter selbst.

    Am 16. April 2007 erschießt ein Mann an der Technischen Universität von Virginia 32 Menschen und verletzt 15 weitere. Es ist der folgenschwerste Amoklauf in der Geschichte der USA.

    Der Amoklauf von Winnenden am 11. März 2009: Der 17 Jahre alte Tim K. tötet 15 Menschen. Nachdem einer mehrstündigen Flucht vor der Polizei tötet er sich selbst.

    Am 22. Juli 2011 lässt der spätere Amokläufer Anders Behring Brevik eine Autobombe in Oslo detonieren. Danach fährt er auf die nahegelegene Insel Utoya und tötet etwa 70 Jugendliche.

    Bei einem Amoklauf im belgischen Lüttich tötet ein 33-jähriger Belgier am 13. Dezember 2011 sechs Menschen und verletzt 124 weitere Opfer.

    In Serbien erschießt ein Mann im April 2013 insgesamt 13 Verwandte und Nachbarn, darunter sechs Frauen und ein kleines Kind.

    In Deutschland wird darüber diskutiert, wie man extremistischen Einzeltätern wie ihm auf die Spur kommen kann. Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sagte gegenüber der "Rheinischen Post": "Wir beobachten die rechtsextremistische Szene intensiv." Eine rechtsextremistisch motivierte Tat in

    "Selbst wenn wir präventiv die Szene noch so intensiv beobachten, lässt sich nie ausschließen, dass sich Einzelne unbeobachtet selbst radikalisieren", sagte Friedrich. "Wir kennen bei den Rechtsextremisten einige Gefährder, aber das Problem sind nicht die, die wir im Auge haben, sondern eher die, die sich im Verborgenen radikalisieren."

    Die CSU-Bundestagsabgeordnete Dorothee Bär wandte sich gegen Forderungen nach Einführung der Vorratsdatenspeicherung auch aus ihrer eigenen Partei: "Es ist nicht angemessen, auf dem Rücken junger und unschuldiger Opfer eine Regulierung des Internets zu fordern", sagte die Vorsitzende des für Internetpolitik zuständigen CSU-Netzrates der Nachrichtenagentur dpa. dpa/AZ

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