Vor den am Freitag geplanten bundesweiten Protesten von Fridays for Future gegen Siemens haben die Klimaaktivisten die Rolle des Konzerns beim Bau einer der größten geplanten Kohlebergwerke der Welt kritisiert.
Fridays For Future: Luisa Neubauer trifft Joe Kaeser in München
Dass Siemens Klimaneutralität anstrebe und zugleich das in Australien geplante Großprojekt mit Technik ausrüsten wolle, sei ein eklatanter Widerspruch, der durch nichts zu rechtfertigen sei, sagte die deutsche Fridays-for-Future-Sprecherin Luisa Neubauer im Interview mit unserer Redaktion. „Was in Australien passiert, ist mehr als absurd“, betonte die 23-Jährige, die Siemens-Chef Joe Kaeser in München treffen will: „Wir sind zu einem persönlichen Gespräch an diesem Freitag verabredet.“
Neubauer warf Siemens Wortbruch vor einem Klimaversprechen vor: „Dass Siemens als Konzern, der öffentlich immer wieder bekundet, Klimaneutralität bis 2030 anzustreben und seiner Verantwortung in Zeiten der Klimakrise gerecht werden zu wollen, jetzt durch einen Auftrag ein Projekt stützt, das bis 2080 Kohle fördern wird, widerspricht dem in so vielen Dimensionen“, kritisierte sie. „Als Konzern, der verstanden hat – oder vorgibt, zu verstehen, was die menschengemachte Klimakrise bedeutet – ist es nicht zu rechtfertigen, an einem Projekt wie der Adani-Mine festzuhalten.“
Siemens-Chef Joe Kaeser hatte Mitte Dezember angekündigt, die Lieferung von Signaltechnik für das Projekt auf den Prüfstand zu stellen. Fridays for Future hat unter dem Motto „Siemens schür keine Feuer“ zu Protesten vor zwanzig deutschen Siemens-Standorten aufgerufen.
So will Luisa Neubauer die Proteste von Fridays For Future noch stärker machen
Cheforganisatorin Neubauer kündigte gegenüber unserer Redaktion an, Fridays for Future wolle „in diesem Jahr besser, schneller, stärker, lauter, vehementer“ werden. „Ich glaube, viele Menschen erwarten, dass wir müde sind und vielleicht auch resignieren, weil wir so wahnsinnig viel gemacht haben“, sagte sie. „Aber wir haben ein Jahr lang festgestellt, wie man sich organisiert“, betonte sie.
„Wir haben natürlich gelernt, was funktioniert und was nicht“, erklärte die Klimaaktivistin. „Wir richten uns zukünftig vermutlich vermehrt an Unternehmen, an Finanzinstitutionen, an andere Akteure, Städte, Gemeinden, Kommunen, um sie aufzufordern, dem Verantwortlichkeitsvakuum, das die Bundesregierung hinterlässt, etwas entgegenzustellen“, kündigte sie an. „Freitagsstreiks werden wir weiter betreiben.“ Auch die Ablehnung jeder Form von Gewalt werde oberstes Prinzip bleiben, betonte Neubauer. „Fridays for Future ist eine strikt gewaltfreie, pazifistische Bewegung, für die das nicht infrage kommt.“
Luisa Neubauer klagt über Todesdrohungen gegen sich und ihre Familie
Neubauer bekräftigte zugleich die Kritik der Protestbewegung an der Klimapolitik der Bundesregierung: prognostiziert. „Die deutschen Klimaziele sind so weit davon entfernt, mit dem Paris-Abkommen kompatibel zu sein“, betonte sie. „Wenn alle Länder sich verhalten wie Deutschland, dann: Gute Nacht!“
Die 23-Jährige, die als deutsches Gesicht von „Fridays for Future“ und Vertraute von Gründerin Greta Thunberg gilt, betonte jedoch, die Drohungen gegen ihre Person unterschätzt zu haben: „Hätte ich gewusst, was auf mich zukommt, hätte ich nicht alles genau so gemacht“, sagte Neubauer. „Dass ich auf irgendwelchen Todeslisten stehe oder Schreiben bekomme, in denen steht, mit welchen Schusswaffen ich in den Kopf getroffen werden soll und dass auch meine Familie und meine Vertrauten das zu spüren bekommen, beschäftigt mich schon“, fügte die Hamburger Geographiestudentin hinzu. „Die Art, wie ich in meiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt werde und meine Familie das mittragen muss, ist ein hoher Preis, den ich zahle. Gleichzeitig ist es ein unglaubliches Privileg, was ich gerade erlebe.“
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