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Freihandelsabkommen: Doch noch Hoffnung für Ceta

Freihandelsabkommen

Doch noch Hoffnung für Ceta

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    Die kanadische Handelsministerin Chrystia Freeland ist laut Medienberichten doch zu weiteren Ceta-Verhandlungen bereit.
    Die kanadische Handelsministerin Chrystia Freeland ist laut Medienberichten doch zu weiteren Ceta-Verhandlungen bereit. Foto: Gregor Fischer/Archiv (dpa)

    Nach intensiven Vermittlungsbemühungen im Streit um das europäisch-kanadische Handelsabkommen Ceta gibt es wieder Hoffnung auf einen erfolgreichen Abschluss. "Ich bin sehr optimistisch, dass wir eine Lösung finden", sagte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) am Samstag nach einem kurzfristig angesetzten Treffen mit dem wallonischen Regierungschef Paul Magnette in Brüssel. 

    Zuvor hatte Schulz mit der kanadischen Handelsministerin Chrystia Freeland gesprochen. Es sei eine interne Angelegenheit der EU, die verbliebenen Fragen zu klären, sagte Schulz nach diesem Treffen in Brüssel. "Wir hoffen, dass wir am kommenden Donnerstag die Unterschrift leisten können." Dann ist ein EU-Kanada-Gipfel geplant.

    Das bereits zwischen der EU und Kanada ausgehandelte Ceta-Abkommen droht auf den letzten Metern zu scheitern, da die belgische Region Wallonie sich sperrt. Ohne grünes Licht der Region kann die Föderalregierung Belgiens Ceta nicht zustimmen. Die EU braucht zur Unterzeichnung des Abkommens jedoch die Zustimmung aller 28 Mitgliedstaaten. 

    Kanada: Jetzt ist die EU dran

    Mit dem Abkommen sollen Zölle und andere Handelshemmnisse zwischen den beiden großen Wirtschaftsräumen beseitigt werden, um Wirtschaftswachstum und Jobs zu schaffen. Kritiker in Europa fürchten aber unter anderem negative Folgen für Verbraucher.  

    "Wir haben noch einige kleine Schwierigkeiten", sagte Magnette. Die wallonische Regionalregierung fürchtet unter anderem die Aushöhlung von Sozial- und Umweltstandards. Sie wolle "Garantien", sagte der sozialistische Regierungschef. Es werde noch etwas Zeit benötigt. 

    Kanada ist nach den Worten seiner Handelsministerin Freeland nach wie vor zur Unterzeichnung von Ceta bereit. "Wir haben unseren Job gemacht, jetzt ist es an der EU, ihren zu machen", sagte sie nach dem Treffen mit Schulz am Samstagmorgen. 

    "Ich hoffe, dass ich in einigen Tagen mit meinem Premierminister zurückkehren kann, um das Abkommen wie geplant am 27. Oktober zu unterzeichnen." Am Vortag hatte Freeland nach direkten Gesprächen mit der wallonischen Regionalregierung noch verkündet, keine Chance mehr auf eine Unterzeichnung zu sehen und ihren Rückflug angekündigt. 

    Gabriel warnt vor Scheitern von Ceta

    Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) warnte eindringlich vor einem Scheitern von Ceta. "Es ist ein innereuropäisches und ein innerbelgisches Problem und kein Problem Kanadas. Ceta ist ein exzellentes Abkommen, und es darf nicht an der Unfähigkeit Europas scheitern, einen regionalen Interessenausgleich zu finden."

    Nach Angaben des Ministeriums wollten Gabriel und Schulz nach einer Lösung mit der Wallonie suchen. Niemand könne wollen, dass am Ende Europa auch noch in der Handelspolitik handlungsunfähig werde. In die Gespräche ist auch die EU-Kommission involviert. 

    Die Grünen-Europaabgeordnete Ska Keller forderte eine Änderung der gesamten EU-Handelspolitik. Nicht nur in der belgischen Region Wallonie, sondern in vielen Teilen Europas gebe es Widerstand gegen Ceta, sagte Keller am Samstag im Deutschlandfunk. "Das Chaos, das wir jetzt haben, muss dazu führen, dass endlich eine Änderung in die gesamte Handelspolitik kommt."

    Das ist CETA

    Was ist Ceta? Ceta ist die Abkürzung für das geplante Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Kanada. Es steht für „Comprehensive Economic and Trade Agreement“ (Umfassendes Wirtschafts- und Handelsabkommen). Ziel des Abkommens ist es, durch den Wegfall von Zöllen und Handelsbeschränkungen wie unterschiedlichen Standards die Wirtschaft anzukurbeln.

    Was macht dieses Abkommen so wichtig? Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums ist die EU für Kanada nach den USA der zweitwichtigste Handelspartner. Außerdem: Ceta gilt als Blaupause für das geplante Freihandelsabkommen der EU mit den USA (TTIP), durch das mit rund 800 Millionen Verbrauchern der weltgrößte Wirtschaftsraum entstehen würde.

    Warum ist es so umstritten? Die Gegner solcher Handelsabkommen mit Nordamerika befürchten eine Angleichung der Standards auf geringerem Niveau und kritisieren zudem mangelnde Transparenz bei den Verhandlungen über das Abkommen. Die TTIP-Gegner machen sich ferner für eine öffentliche Gerichtsbarkeit, ordentliche Arbeitsrechte für alle und für den Erhalt der bisherigen Umweltstandards stark.

    Wie sehen die Deutschen Ceta? In einer Umfrage für die „Wirtschaftswoche“ sagen 38 Prozent, sie unterstützten das Projekt nicht. 18 Prozent geben an, sie hielten Ceta für eine gute Sache. Ein Viertel hingegen sagt, noch nie von dem Abkommen gehört zu haben; der Rest ist unentschlossen.

    Wie geht es jetzt weiter? Ende Oktober soll Ceta beim EU-Kanada-Gipfel schließlich unterzeichnet werden. Bis dahin müssen die EU-Staaten einen Beschluss über die Unterzeichnung und eine vorläufige Anwendung von Teilen des Abkommens gefasst haben. Anschließend muss noch das Europäische Parlament zustimmen, laut Wirtschaftsministerium wird es sich Anfang 2017 mit Ceta befassen. Dann müssen die EU-Mitgliedstaaten das Abkommen ratifizieren – in Deutschland Bundestag und Bundesrat. dpa, afp

    Die EU hatte den Handelspakt über Jahre hinweg unter Führung der EU-Kommission mit Kanada ausgehandelt und zuletzt noch mit Zusatzerklärungen ergänzt. So wurden nicht zuletzt deutsche Bedenken so weit ausgeräumt, dass die Bundesregierung unterschreiben könnte. Zuletzt hatten sich während des EU-Gipfels am Donnerstag und Freitag die EU-Kommission und mehrere Mitgliedstaaten als Vermittler eingebracht, damit auch Belgien das Abkommen mittragen kann. dpa

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