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Frankreich-Wahl 2017: Pressestimmen: Wenn Macron keinen Erfolg hat, muss Europa zittern

Frankreich-Wahl 2017

Pressestimmen: Wenn Macron keinen Erfolg hat, muss Europa zittern

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    Wahlsieger Emmanuel Macron mit seiner Ehefrau Brigitte.
    Wahlsieger Emmanuel Macron mit seiner Ehefrau Brigitte. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Emmanuel Macron wird der nächste französische Präsident. In der Stichwahl setzte er sich am Sonntag gegen Marine Le Pen vom Front National durch. Nach Auszählung von 99,99 Prozent der Stimmen erzielte Macron in der entscheidenden Wahlrunde 66,06 Prozent der Stimmen, Le Pen kam auf 33,94 Prozent. Wie wurde Macrons Wahl wahrgenommen? Ein Blick auf die Pressestimmen:

    Spiegel Online: "Fest steht, von seinem Erfolg wird er sich zügig erholen müssen, denn Anfang Juni stehen die Parlamentswahlen an, dann wird sich entscheiden, wie frei er dabei sein wird, seine Ideen, seine Vorhaben auch umzusetzen. Als erste Amtshandlung hat er versprochen, gleich drei große Reformen anzugehen: Er will den Arbeitsmarkt öffnen, und die Chancengleichheit im Ausbildungs- und im Schulsystem wieder herstellen. Die größte Aufgabe freilich wird die sein, Frankreich wieder ein bisschen mehr mit sich selbst zu versöhnen. Zuversicht zu schaffen, wo viel zu lange wenn nicht Verzweiflung, dann doch gediegene Resignation vorherrschten. Aber wenn jemandem das gelingen kann, dann ihm - das hat der Ausgang dieser Wahnsinnswahl gezeigt."

    Süddeutsche Zeitung: "Emmanuel Macron verschafft Frankreich und Europa einen sehnlich erwarteten Moment der Erleichterung. Seine Wahl zum Präsidenten zeigt, dass Rechtspopulisten und Nationalisten Grenzen gesetzt sind in

    Rheinpfalz: "Macron hat das Zeug, die Franzosen mitzureißen und das Land zu reformieren. Bisher wirkt er integer, ziemlich besonnen, ausgleichend, furchtlos. Sein Lieblingswort ist 'en même temps': zugleich. Er will scheinbare Gegensätze miteinander verbinden: Freiheit und Gleichheit, Wachstum und Solidarität, Nationalstolz und Europäische Einigung. Dieses 'en même temps' schwebt aber auch über seiner Präsidentschaft: Er kann der Retter Frankreichs werden, zugleich aber ist das Risiko groß, dass er scheitert. Die größte Gefahr für Macron lauert in der mittlerweile latenten Unzufriedenheit vieler Franzosen mit dem politischen System und den Politikern. Die gelten als zu bürgerfern und inkompetent, um die großen Gegensätze, etwa zwischen Stadt und Land, zu lindern. Marine Le Pen hat die Unzufriedenen und die Nationalisten hinter sich versammelt - in einem Ausmaß, das beängstigend ist. Sie wird die Wut der Unzufriedenen weiter schüren."

    Pressestimmen zur Frankreich-Wahl: Macron als neuer Taktgeber

    Was Macron als Präsident plant

    Europa Macron strebt an, die Eurozone in einer engen Partnerschaft mit Deutschland zu reformieren. Die Eurozone mit 19 Ländern soll einen eigenen Haushalt, ein Parlament und einen Finanzminister bekommen. Diese Pläne sind zwar alles andere als neu, wurden aber bisher nicht in die Tat umgesetzt.

    Einwanderung Er will lokale Integrationsprogramme schaffen. Am aktuellen Flüchtlingskurs will er festhalten. Asylanträge sollen in höchstens sechs Monaten bearbeitet werden.

    Sicherheit Macron will 10.000 neue Polizisten einstellen und 15.000 Gefängnisplätze schaffen. Er plant, die Arbeit der Geheimdienste im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu bündeln.

    Verteidigung Der Mitte-Links-Politiker steht zur Nato. Er will die Verteidigungsausgaben auf 2 Prozent der Wirtschaftskraft steigern.

    Atomkraft Macron steht zum Ziel, den Atomanteil am Strommix bis 2025 von 75 auf 50 Prozent zu senken, und zur Schließung von Fessenheim.

    Wirtschafts-, Sozial- und Finanzpolitik Der Ex-Wirtschaftsminister will das Land wettbewerbsfähiger machen, das Arbeitsrecht lockern, 120 000 Stellen im öffentlichen Dienst abbauen und in fünf Jahren 60 Milliarden Euro einsparen.

    Zeit Online: "Lange war die Diskussion um die Zukunft der EU nicht so lebendig wie in diesen Monaten. Mit Macron als Staatenlenker der französischen Republik wird diese Debatte einen neuen Taktgeber bekommen. Statt Frexit kommt En Marche. Die

    Münchner Merkur: "Macron hat mit seiner Bewegung „En marche“ schon bewiesen, dass er das verkrustete Parteiensystem aufbrechen und die ununterbrochene Zwei-Parteien-Herrschaft von Sozialisten und Konservativen im Elysée-Palast beenden konnte. Jetzt gilt es, die Pulverfässer der Banlieus zu entschärfen, wo Kriminalität und Arbeitslosigkeit grassieren. Und jenen Regionen in Frankreich durch Arbeitsplätze wieder neues Leben einzuhauchen, die seit Jahrzehnten von der Pariser Politik vergessen wurden. Der Front National wurde besiegt. Aber er lebt weiter."

    Allgemeine Zeitung: "Die Ziele des Europapolitikers Macron, der von den Deutschen in weitverbreiteter Unkenntnis seiner Positionen gefeiert wurde, sind ambitioniert. Eine Sanierung des struktur- und finanzschwachen Südeuropas durch Eurobonds sind das ziemliche Gegenteil der Schäuble-Politik. Auf der anderen Seite gilt: Wenn Frankreich gesunden muss, um die deutsch-französische Achse zur Rettung Europas wiederbeleben zu können, wird das nicht ohne weitreichende wirtschafts- und finanzpolitische Zugeständnisse der deutschen Regierung gehen. Die Wahl Macrons ist ein Experiment, das nicht scheitern darf."

    Pressestimmen zur Frankreich-Wahl: Macrons Aufstieg ist spektakulär

    Positionen von Macron

    Einwanderung: Macron will lokale Integrationsprogramme schaffen. Am aktuellen Flüchtlingskurs will er festhalten. Asylanträge sollen in höchstens sechs Monaten bearbeitet werden.

    Europa: Der Ex-Wirtschaftsminister will die Eurozone in einer engen Partnerschaft mit Deutschland reformieren. Die Eurozone soll einen eigenen Haushalt, ein Parlament und einen Finanzminister bekommen.

    Sicherheit: Er will 10.000 neue Polizisten einstellen und 15.000 Gefängnisplätze schaffen. Und er plant, die Arbeit der Geheimdienste im Kampf gegen die Terrormiliz IS zu bündeln.

    Wirtschafts-/Sozialpolitik: Der Ex-Wirtschaftsminister will das Land wettbewerbsfähiger machen, 120.000 Stellen im Öffentlichen Dienst abbauen und in fünf Jahren 60 Milliarden Euro einsparen

    Frankfurter Allgemeine Zeitung: "Kann Emmanuel Macron die in ihn projizierten Hoffnungen erfüllen? In Deutschland ist die Begeisterung für den neuen Präsidenten Frankreichs groß. Dabei waren seine Reformversprechen zaghaft, anders als seine europapolitischen Zumutungen für Berlin (etwa Eurobonds). Wie Macron mit Zurückhaltung die lähmend hohe Staatsquote in Frankreich von fast 57 Prozent (

    Schwarzwälder Bote: "Wir sind längst mehr Europäer, als es bisweilen scheinen mag. Beleg gefällig? Nehmen wir diesen Wahlsonntag. Schleswig-Holstein mag ein sympathisch-verschlafenes Bundesland sein. Das Augenmerk hierzulande aber gilt fraglos dem Finale im Nachbarland Frankreich: Macron obsiegt. Le Pen ist geschlagen. Wird damit alles gut? Diese Erwartung wäre naiv. Der Aufstieg des neuen Präsidenten ist spektakulär. Doch er geht einher mit dem Offenbarungseid für Frankreichs tonangebende politische Kräfte. Will Macron nicht bald schon als Scheinriese erscheinen, muss er sein Land energisch einer Erneuerung unterziehen."

    Welt: "Frankreich, das hat dieser beunruhigend enthemmte Wahlkampf gezeigt, ist eine tief gespaltene Gesellschaft. Bei Marine Le Pens Wählern werden Aufrufe zur 'Einigkeit' ebenso ungehört verhallen wie bei denen Jean-Luc Mélenchons und einem Großteil der Fillon-Wähler. Dennoch ist dieser Abend ein erfreulicher, für Frankreich wie für Europa, denn es ist das Frankreich der Aufklärung, das Frankreich der Freiheit, das republikanische und europäische Frankreich, das mit Emmanuel Macron noch einmal gesiegt hat. Macron hat jetzt fünf Jahre Zeit. Wenn er keinen Erfolg hat, wird Europa im Mai 2022 noch deutlich stärker zittern als an diesem Sonntag." AZ

    Lesen Sie dazu auch einen Kommentar unseres Politikredakteurs Simon Kaminski: Der französische Albtraum ist verflogen – doch ist er vorbei?

    Weitere Stimmen zur Wahl finden Sie an dieser Stelle: "Gegen Abschottung und Hass": Stimmen zur Wahl von Macron

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