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Frankreich-Wahl 2017: "Massiv und koordiniert": Hacker-Angriff auf Macron-Wahlkampfteam

Frankreich-Wahl 2017

"Massiv und koordiniert": Hacker-Angriff auf Macron-Wahlkampfteam

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    Kurz vor der französischen Präsidentschaftswahl sorgt ein Hacker-Angriff auf die Bewegung des favorisierten Kandidaten Emmanuel Macron für Aufregung.
    Kurz vor der französischen Präsidentschaftswahl sorgt ein Hacker-Angriff auf die Bewegung des favorisierten Kandidaten Emmanuel Macron für Aufregung. Foto: Thomas Samson (dpa)

    Kurz vor der französischen Präsidentschaftswahl sorgt ein Hacker-Angriff auf die Bewegung des favorisierten Kandidaten Emmanuel Macron für Aufregung. Bei der "massiven und koordinierten" Attacke seien E-Mails, Verträge sowie andere interne Dokumente erbeutet und später ins Internet gestellt worden, um "En Marche!" zu schaden, teilte Macrons Wahlkampfteam in der Nacht zum Samstag mit. Es handele sich um einen "beispiellosen Vorgang" und gezielten "Versuch, die französische

    Die Dokumente waren den Angaben zufolge schon vor einigen Wochen aus privaten und beruflichen E-Mail-Postfächern von Verantwortlichen der Bewegung entwendet worden. Echte Unterlagen seien zusammen mit gefälschten ins Netz gestellt worden, "um Zweifel und Desinformation zu säen". Laut der Enthüllungsplattform Wikileaks, die auf das unter dem Hashtag #MacronLeaks kursierende Datenmaterial verlinkte, handelt es sich um Zehntausende Dokumente im Umfang von rund neun Gigabyte.

    Macron gegen Le Pen klarer Favorit

    Der Zeitpunkt der Veröffentlichung nur wenige Stunden vor dem zweiten Wahlgang zeigt aus Sicht von "En Marche!" das offenkundige Ziel: "Destabilisierung der Demokratie, wie man es schon in den USA beim letzten Präsidentschaftswahlkampf gesehen hat." Dort hatten Wikileaks-Veröffentlichungen der US-Präsidentschaftsfavoritin Hillary Clinton schwer zugesetzt. Letztlich verlor sie die Wahl im November überraschend.

    Macron duelliert sich in der Stichwahl am Sonntag mit der Rechtspopulistin Marine Le Pen - wobei in manchen französischen Überseegebieten wegen der Zeitverschiebung bereits einen Tag früher abgestimmt wird. Der frühere Wirtschaftsminister ist klarer Favorit, er lag in den letzten Umfragen mit rund 62 zu 38 Prozent vorne.

    Die Abstimmung gilt wegen Le Pens Anti-EU-Kurs als Richtungsentscheidung für den ganzen Kontinent. Die Front-National-Politikerin will Frankreich aus dem Euro führen und ihre Landsleute über die EU-Mitgliedschaft abstimmen lassen. Macron ist europafreundlich und strebt eine enge Partnerschaft mit Deutschland an.

    Hacker-Angriff: "Schrecklich, dieser demokratische Schiffbruch"

    Bereits Mitte der Woche hatte es in sozialen Netzwerken Gerüchte gegeben, dass Macron ein Konto in einem Steuerparadies habe. Le Pen griff die Vorwürfe im einzigen TV-Duell vor der Wahl auf. Macron erstattete Anzeige gegen Unbekannt, die Staatsanwaltschaft nahm Vorermittlungen auf wegen Verbreitung einer Falschnachricht.

    Zudem hatte "En Marche!" bereits Ende April unter Berufung auf die IT-Sicherheitsfirma Trend Micro berichtet, Macrons Präsidentschaftswahlkampagne sei Ziel der Hackergruppe "Pawn Storm" geworden. Westliche IT-Sicherheitsfirmen vermuten dahinter eine Gruppe mit mutmaßlicher Nähe zu russischen Geheimdiensten, die auch hinter Hackerangriffen auf den Parteivorstand der US-Demokraten und die CDU von Bundeskanzlerin Angela Merkel stecken soll.

    Positionen von Macron

    Einwanderung: Macron will lokale Integrationsprogramme schaffen. Am aktuellen Flüchtlingskurs will er festhalten. Asylanträge sollen in höchstens sechs Monaten bearbeitet werden.

    Europa: Der Ex-Wirtschaftsminister will die Eurozone in einer engen Partnerschaft mit Deutschland reformieren. Die Eurozone soll einen eigenen Haushalt, ein Parlament und einen Finanzminister bekommen.

    Sicherheit: Er will 10.000 neue Polizisten einstellen und 15.000 Gefängnisplätze schaffen. Und er plant, die Arbeit der Geheimdienste im Kampf gegen die Terrormiliz IS zu bündeln.

    Wirtschafts-/Sozialpolitik: Der Ex-Wirtschaftsminister will das Land wettbewerbsfähiger machen, 120.000 Stellen im Öffentlichen Dienst abbauen und in fünf Jahren 60 Milliarden Euro einsparen

    Macrons Einstellung zu Russland gilt als äußerst kritisch. "En Marche!" beschuldigte Moskau zuletzt, über Medien wie RT in den französischen Wahlkampf einzugreifen - der Sender ist bekannt dafür, staatliche Propaganda zu verbreiten. Unterstützt wird diese Sichtweise von Frankreichs Außenminister Jean-Marc Ayrault, demzufolge Macron Ziel von Cyberangriffen aus

    Die staatliche Kontrollinstanz zur Überwachung des französischen Präsidentschaftswahlkampfs warnte Medien davor, Inhalte aus gehackten "En Marche!"-Unterlagen zu veröffentlichen. Ein Teil der nun kursierenden Dokumente sei wahrscheinlich gefälscht, und die Verbreitung falscher Nachrichten könne strafrechtlich geahndet werden, teilte die Nationale Kommission zur Kontrolle des Wahlkampfs (CNCCEP) am frühen Samstagmorgen mit.

    Kurz zuvor war der Wahlkampf um Mitternacht offiziell beendet worden, wodurch sich Macrons Lager nur schwer gegen die nun zirkulierenden Darstellungen wehren kann. Kurz vor Mitternacht schrieb der stellvertretende FN-Chef Florian Philippot noch auf Twitter: "Werden wir durch die #MacronLeaks Dinge erfahren, die der investigative Journalismus absichtlich verschweigt? Schrecklich, dieser demokratische Schiffbruch." dpa

    Emmanuel Macron im Porträt

    Emmanuel Macron ist der Senkrechtstarter der französischen Politik. Einige nennen ihn bereits den "französischen Kennedy".

    In seinem Lager entfacht der zierlich wirkende Mann Begeisterung. Schon vor der Wahl war von "Macromania" die Rede.

    Sein Wahlkampfbuch nannte er schlicht "Révolution".

    Erst vor einem Jahr gründete der frühere Wirtschaftsminister seine Bewegung "En Marche!" (Auf dem Weg).

    Einen klassischen Parteiapparat hat er bis heute nicht. Er spricht Menschen an, die eine Erneuerung wollen, aber Extreme ablehnen.

    Macron führt sein Wahlkampfteam wie ein Start-up-Unternehmen. Er will "neue Gesichter" in die Top-Etage der Macht bringen.

    Falls er gewinnt, soll ein erheblicher Teil der Minister seiner Regierung nicht aus der Politik kommen.

    Der 39-Jährige ist ein Europafreund. "Ich habe Europa im Herzen", lautet sein Motto.

    Das macht ihn zum prominentesten Widersacher der Rechtspopulistin Marine Le Pen, die die Europäische Union bekämpft und in ihrem Land den "neuen Franc" als Währung einführen will.

    Macron gab schon vor langer Zeit sein Parteibuch bei den Sozialisten ab. Er positioniert sich "weder rechts noch links".

    Im Wahlkampf bekannte er, Außenseiter zu sein. In der Tat wurde Macron noch nie in ein Amt gewählt.

    Der ehrgeizige Kandidat war bis 2012 gut bezahlter Investmentbanker bei Rothschild & Cie...

    ... Dann holte ihn der sozialistische Präsident François Hollande in den Élyséepalast. 2014 wurde er Wirtschaftsminister. 

    Macron ist seit 2007 mit der wesentlich älteren Französisch-Lehrerin Brigitte Macron (64) verheiratet, die er seit seiner Schulzeit in Amiens kennt.

    Sie organisiert im Wahlkampf und "coacht" ihren Mann. Das ungewöhnliche Paar könnte im Élyséepalast für richtigen Glamour sorgen.

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