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Frankreich: Marine Le Pen wittert ihre große Chance bei der Präsidentschaftswahl

Frankreich

Marine Le Pen wittert ihre große Chance bei der Präsidentschaftswahl

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    Will staatsmännischer werden: Marine Le Pen.
    Will staatsmännischer werden: Marine Le Pen. Foto: Thibault Camus, dpa

    Noch sind es 14 Monate bis zur Präsidentschaftswahl in Frankreich. Doch schon jetzt positionieren sich potenzielle Kandidaten. Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo – bekannt für ihre Projekte, die das Auto aus Teilen der Hauptstadt verdrängen sollen – will grüne und sozialistische Wähler hinter sich vereinen. Der ehemalige EU-Brexit-Chefunterhändler Michel Barnier hat angekündigt, seine Chancen für die Präsidentschaftswahl zu prüfen – als Kandidat für die konservative Partei Les Républicains (LR). Doch Umfragen sagen ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Marine Le Pen, Chefin des rechtspopulistischen Rassemblement National (RN), und Präsident Emmanuel Macron voraus.

    Präsidentschaftswahl in Frankreich: Marine Le Pen konzentriert sich auf den Kampf gegen Islamismus

    Zu Le Pens Strategie gehört, sich in den Medien rar zu machen – als eine der Favoriten müsse man nicht die ganze Zeit überall sein, sagte ein RN-Sprecher französischen Medien. Sie konzentriere sich darauf, ihr Profil zu schärfen. Vor allem will sie die aus ihrer Sicht desaströse Debatte mit Macron vor der Stichwahl 2017 vergessen machen. Dabei schien sie Macron intellektuell unterlegen, verlor sich in Details und wirkte vor allem in wirtschaftlichen Fragen inkompetent. Sie selbst gibt zu, nach ihrem verunglückten Auftritt geweint zu haben. Mit einer wirtschaftspolitischen Kehrtwende versucht die Globalisierungsgegnerin, dieses schlechte Image abzuschütteln. Sie verlangt nun nicht mehr, dass Frankreich aus der EU austritt. Auch nicht aus der Eurozone. Anstatt einseitig ökonomischen Patriotismus zu predigen, sagt sie jetzt, Frankreich müsse seine Staatsschulden begleichen, die in absehbarer Zeit über 120 Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes liegen könnte.

    Eine weitere Achse der Strategie Le Pens bleibt der Kampf gegen den radikalen Islam – sie will ihm den „totalen Krieg“ erklären. Eine Formulierung, die in Deutschland mit Blick auf die Rede des nationalsozialistischen Propagandaministers Joseph Goebbels von 1943 im Berliner Sportpalast einen veritablen Skandal ausgelöst hätte, in Frankreich aber keine hohen Wellen geschlagen hat. Zudem will Le Pen religiöse Symbole wie das Kopftuch oder die Kippa aus dem öffentlichen Raum verbannen. Bisher gilt ein solches Verbot für Repräsentanten des Staates innerhalb von Schulen, lediglich der Ganzkörperschleier ist überall in der Öffentlichkeit vollständig untersagt. Damit sie trotz ihrer radikalen Positionen staatsmännisch erscheint, fährt Le Pen, vor allem seitdem sie 2011 Parteichefin wurde, eine Strategie der rhetorischen Abrüstung. Sie will die Partei aus der offen antisemitischen und rassistischen Ecke bringen.

    In Frankreich vertreten auch Regierungsmitglieder Rechtsaußen-Positionen

    Dabei kommt ihr entgegen, dass immer mehr Regierungsmitglieder öffentlich Rechtsaußen-Positionen vertreten und so RN-Standpunkte legitimieren. Innenminister Gérald Darmanin gab kürzlich dem rechtsextremen Magazin Valeurs Actuelles ein Interview. In einer Fernsehdebatte mit Le Pen bezeichnete er deren Standpunkt gegenüber dem radikalen Islam als „zu weich“. Auch mit dem Gesetz gegen religiösen Separatismus, das den radikalen Islam bekämpfen soll, versucht die Regierung, am rechten Rand zu fischen. Durch das Gesetz sollen zum Beispiel Moscheen besser kontrolliert und Homeschooling stark begrenzt werden. Wohl auch, weil viele Mitte-links Wähler sich von Macron abgewandt haben. Sie hatten dem selbsterklärten Kandidaten der Mitte im Jahr 2017 zum Wahlsieg verholfen – auch, um eine Präsidentin Le Pen zu verhindern. Mit seiner Politik, die viele Wirtschaftsreformen, aber nur wenige soziale Maßnahmen forciert, hat Macron diese Wählergruppe aber inzwischen größtenteils verprellt.

    Unter Druck: Die Umfragen alarmieren den französischen Präsidenten Emmanuel Macron.
    Unter Druck: Die Umfragen alarmieren den französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Foto: Thibault Camus, dpa

    Aktuelle Umfragen legen nahe, dass Le Pen heute in einem ersten Wahlgang sogar vorne liegen könnte und Macron in der Stichwahl nur einen geringen Vorsprung hätte. Außerdem haben 70 Prozent der befragten Franzosen erklärt, dass sie keine erneute Stichwahl zwischen Macron und Le Pen erhoffen. Diese Ergebnisse dürften für kalte Schweißausbrüche im Regierungsteam sorgen. Den Anhängern von Marine Le Pen bereiten sie Freude. Sie baut darauf, dass dieser Trend sich fortsetzt. Außer natürlich, es taucht bis April 2022 eine Kandidatin oder ein Kandidat auf, der oder dem es gelingt, die Franzosen hinter sich zu versammeln.

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