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Frankreich: Macron: "Ich werde euch mit Liebe dienen"

Frankreich

Macron: "Ich werde euch mit Liebe dienen"

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    Ein bisschen ungläubig, ein bisschen triumphierend: Emmanuelle Macron reißt in der Nacht seines Sieges auf dem Platz vor dem Louvre-Museum in Paris die Arme hoch.
    Ein bisschen ungläubig, ein bisschen triumphierend: Emmanuelle Macron reißt in der Nacht seines Sieges auf dem Platz vor dem Louvre-Museum in Paris die Arme hoch. Foto: Eric Feferberg, afp

    Väterlich fasst Präsident François Hollande seinen jungen Nachfolger am Arm, tätschelt ihn am Rücken. Dieser blickt den scheidenden Amtsinhaber bewegt, fast dankbar an und lässt sich von ihm zum Triumphbogen auf den Champs-Élysées führen. Bis vor die Flamme des unbekannten Soldaten, wo an jedem 8. Mai eine symbolische Zeremonie stattfindet. Es ist der Tag der Befreiung von den Nazis. Dieses Mal scheint das Datum auch noch eine ganz andere Bedeutung zu erhalten.

    Emmanuel Macron weiß um die Schwierigkeit seiner Aufgabe

    Ausgerechnet hier und zu diesem Anlass tritt Emmanuel Macron zum ersten Mal nach seinem Wahlsieg am Sonntag auf – jener Politiker, der einen Neuanfang wagen und Geschichte mit Moderne verbinden will. Mehr noch, Macron hat den Franzosen versprochen, sie in eine neue Ära zu führen. Der 39-Jährige, der seine Bewegung „En marche!“ (Vorwärts!) erst vor gut einem Jahr gegründet hat, will Schluss machen mit der Konfrontation der politischen Parteien. Er will in der Mitte regieren. Er will dem Land, das seit Jahren in einem wirtschaftlichen und moralischen Tief steckt, wieder Schwung und Optimismus vermitteln. „Die Aufgabe ist riesig“, verkündete Macron im Moment seines Triumphs am Sonntagabend vor zehntausenden jubelnden Anhängern auf dem Platz vor dem Louvre. „Ich will die Einheit unseres Volkes und unseres Landes. Ich werde euch mit Liebe dienen.“

    Das Präsidialsystem in Frankreich

    Der Präsident ist in Frankreich der Staatschef, führt aber nicht die Regierung.

    Das ist Aufgabe des Premierministers, der vom Präsidenten ernannt wird.

    Weil die Nationalversammlung die Regierung mit einem Misstrauensvotum stürzen kann, muss aber faktisch eine Mehrheit der Abgeordneten hinter dem Premierminister stehen.

    Sein hohes Ergebnis von 66 Prozent, das weiß Macron, verdankt er teilweise auch dem Umstand, dass viele verhindern wollen, dass die Rechtspopulistin Marine Le Pen an die Macht kommt. Dass er den großen Herausforderungen gewachsen ist, denen sich Frankreich gegenübersieht, muss er erst noch beweisen. Und so verfällt er am Tag darauf nicht in einen Siegestaumel. Bescheiden und mit feierlichem Ernst nimmt Macron vor der historischen Kulisse und an der Seite von Hollande seine ersten Handlungen als frisch gewählter Staatschef vor. Gemeinsam entfachen sie die Flamme unter dem Triumphbogen neu, bevor die Marseillaise erklingt. Die beiden werden flankiert von der alten Garde der Politiker, die von den Wählern abgestraft wurde. Im Publikum sitzen jene, die seit Jahren Frankreichs

    Macrons Aufstieg: Symbol eines neuen Frankreich?

    Sie alle hat Macron überholt, auch an seinem Mentor Hollande ist er vorbeigezogen. Dieser gibt sich versöhnlich, ja sogar stolz. „Emmanuel Macron ist mir die ganzen letzten Jahre gefolgt. Er hat sich dann emanzipiert und nun ist es an ihm, Präsident zu sein, auch mit den Erfahrungen, die er an meiner Seite machen konnte“, sagt der erfahrene Staatschef über den jungen Politstar. Diesen hatte er nach seiner eigenen Wahl 2012 zunächst als Wirtschaftsberater angestellt und zwei Jahre später zum Wirtschaftsminister gemacht, bis Macron beschloss, seinen eigenen Weg zu gehen. Selbst Vertraute Hollandes, die in diesem Vorgehen einen illoyalen Alleingang sahen, finden nun lobende Worte. „Bravo, sein Sieg ist ein verrücktes Abenteuer“, erklärte die bisherige Gesundheitsministerin Marisol Touraine.

    Was Macron als Präsident plant

    Europa Macron strebt an, die Eurozone in einer engen Partnerschaft mit Deutschland zu reformieren. Die Eurozone mit 19 Ländern soll einen eigenen Haushalt, ein Parlament und einen Finanzminister bekommen. Diese Pläne sind zwar alles andere als neu, wurden aber bisher nicht in die Tat umgesetzt.

    Einwanderung Er will lokale Integrationsprogramme schaffen. Am aktuellen Flüchtlingskurs will er festhalten. Asylanträge sollen in höchstens sechs Monaten bearbeitet werden.

    Sicherheit Macron will 10.000 neue Polizisten einstellen und 15.000 Gefängnisplätze schaffen. Er plant, die Arbeit der Geheimdienste im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu bündeln.

    Verteidigung Der Mitte-Links-Politiker steht zur Nato. Er will die Verteidigungsausgaben auf 2 Prozent der Wirtschaftskraft steigern.

    Atomkraft Macron steht zum Ziel, den Atomanteil am Strommix bis 2025 von 75 auf 50 Prozent zu senken, und zur Schließung von Fessenheim.

    Wirtschafts-, Sozial- und Finanzpolitik Der Ex-Wirtschaftsminister will das Land wettbewerbsfähiger machen, das Arbeitsrecht lockern, 120 000 Stellen im öffentlichen Dienst abbauen und in fünf Jahren 60 Milliarden Euro einsparen.

    Macron wird nun Präsident mit nicht einmal 40 Jahren, dabei hätte noch vor zwölf Monaten niemand einen Penny auf ihn gesetzt. Erste Entscheidungen zeichnen sich ab. Den Vorsitz seiner Bewegung wird Macron abgeben. Im neuen Kabinett soll strikte Geschlechtergleichheit gelten. Auch soll die halbe Regierung aus Vertretern der Zivilgesellschaft bestehen.

    Doch bei den Parlamentswahlen im Juni könnte es zu einem erneuten Stühlerücken kommen. Dann muss der Präsident mit der Partei regieren, die die Mehrheit in der Nationalversammlung erhält. Obwohl erst in dieser Woche alle Kandidaten von „En marche!“ bekanntgegeben werden, steht die Partei in Umfragen gut da: Demnach könnte sie mit rund 24 Prozent sogar siegen. Es wäre ein weiterer großer Vertrauensbeweis für Macron.

    Frankreich ist innerlich zerrissen

    Doch sind die Franzosen dazu bereit? Zwar feierten ihn Tausende enthusiastisch als neuen Hoffnungsträger. Mehr als vier Millionen Menschen, also zwölf Prozent aller Wähler, haben aber einen leeren Stimmzettel in die Urne geworfen. Sie wollten signalisieren, dass sie hinter keinem der beiden Kandidaten stehen. Rund ein Fünftel ging gar nicht erst wählen. Die ganze Kampagne über war Macron scharfen Angriffen von allen Seiten ausgesetzt. Viele fürchten sich vor seiner ultraliberalen Politikauffassung.

    Und was ist mit all jenen, die für seine Gegnerin stimmten? Der Philosoph Raphaël Glucksmann sieht keinen Anlass für Jubel-Arien, weil sich die Franzosen gegen Abkapselung und Hass, was Le Pen vertritt, und für Macrons liberale Weltoffenheit entschieden haben: „Wir haben den klinischen Tod verhindert, aber die Krankheit besteht weiter.“ Er meint damit die Ursachen für die doch beträchtliche Stimmenzahl der Rechtspopulistin und die Zerrissenheit des Landes. Während Städter in überwältigender Mehrheit Macron wählten, erhielt Le Pen in vielen Landstrichen in der Provinz Zustimmung. Führungskräfte votierten für Macron, Arbeiter für Le Pen. „Es ist unendlich viel leichter für einen Bewohner eines modernen Pariser Stadtviertels, das europäische Projekt zu loben, als für einen Arbeitslosen, dessen Fabrik nach Rumänien ausgelagert wurde“, so Glucksmann.

    Woody Allen fühlt sich auch durch seine Frau Soon-Yi Previn gestärkt. Sie ist 35 Jahre jünger.
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    Der neue französische Präsident Emmanuel Macron ist 39 Jahre alt. Seine Frau Brigitte ist 25 Jahre älter. Es ist nicht das einzige Promipaar mit großem Altersunterschied.

    Das Hauptversprechen des künftigen Staatschefs ist, der Wirtschaft schnell zu einem Aufschwung zu verhelfen. Reformen des Arbeitsrechtes und der Arbeitslosenversicherung könnten bereits in den kommenden Monaten anstehen. Sie drohen aber auf Widerstand zu stoßen, zumal Macron sie teilweise mithilfe von Verordnungen umsetzen will, um Zeit zu sparen. So sollen Unternehmen von einer Senkung der Sozialabgaben und der Körperschaftsteuer profitieren. Ob und wie schnell dies zur Belebung der

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