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Frankreich: Mélenchon warnt vor Wahl Le Pens

Frankreich

Mélenchon warnt vor Wahl Le Pens

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    Der Konservative Fillon (l-r), der unabhängige Bewerber Macron, der Linkspolitiker Mélenchon, die französische Rechtspopulistin Le Pen und der Sozialist Hamon vor der ersten Runde.
    Der Konservative Fillon (l-r), der unabhängige Bewerber Macron, der Linkspolitiker Mélenchon, die französische Rechtspopulistin Le Pen und der Sozialist Hamon vor der ersten Runde. Foto: Patrick Kovarik (dpa)

    Eine Stimme für Marine Le Pen am 7. Mai wäre "ein schrecklicher Fehler", sagt Mélenchon am Sonntag. Eine Wahlempfehlung für den Mitte-Kandidaten Emmanuel Macron gab er aber nicht ab. Le Pen rückte unterdessen von einem ihrer wichtigsten Wahlversprechen ab: dem Euro-Ausstieg.

    Mélenchon gibt keine Wahlempfehlung für Macron ab

    Mélenchon war im ersten Wahlgang am 23. April mit 19,6 Prozent auf dem vierten Platz gelandet und lehnte eine Wahlempfehlung seitdem ab. Die rund sieben Millionen Wähler, die für ihn stimmten, könnten bei der Stichwahl aber eine wichtige Rolle spielen. Sie werden deswegen von Macron und Le Pen umworben.

    "Ich würde nicht den Front National wählen, ich bekämpfe den

    Macron liegt bei 59 Prozent

    Emmanuel Macron im Porträt

    Emmanuel Macron ist der Senkrechtstarter der französischen Politik. Einige nennen ihn bereits den "französischen Kennedy".

    In seinem Lager entfacht der zierlich wirkende Mann Begeisterung. Schon vor der Wahl war von "Macromania" die Rede.

    Sein Wahlkampfbuch nannte er schlicht "Révolution".

    Erst vor einem Jahr gründete der frühere Wirtschaftsminister seine Bewegung "En Marche!" (Auf dem Weg).

    Einen klassischen Parteiapparat hat er bis heute nicht. Er spricht Menschen an, die eine Erneuerung wollen, aber Extreme ablehnen.

    Macron führt sein Wahlkampfteam wie ein Start-up-Unternehmen. Er will "neue Gesichter" in die Top-Etage der Macht bringen.

    Falls er gewinnt, soll ein erheblicher Teil der Minister seiner Regierung nicht aus der Politik kommen.

    Der 39-Jährige ist ein Europafreund. "Ich habe Europa im Herzen", lautet sein Motto.

    Das macht ihn zum prominentesten Widersacher der Rechtspopulistin Marine Le Pen, die die Europäische Union bekämpft und in ihrem Land den "neuen Franc" als Währung einführen will.

    Macron gab schon vor langer Zeit sein Parteibuch bei den Sozialisten ab. Er positioniert sich "weder rechts noch links".

    Im Wahlkampf bekannte er, Außenseiter zu sein. In der Tat wurde Macron noch nie in ein Amt gewählt.

    Der ehrgeizige Kandidat war bis 2012 gut bezahlter Investmentbanker bei Rothschild & Cie...

    ... Dann holte ihn der sozialistische Präsident François Hollande in den Élyséepalast. 2014 wurde er Wirtschaftsminister. 

    Macron ist seit 2007 mit der wesentlich älteren Französisch-Lehrerin Brigitte Macron (64) verheiratet, die er seit seiner Schulzeit in Amiens kennt.

    Sie organisiert im Wahlkampf und "coacht" ihren Mann. Das ungewöhnliche Paar könnte im Élyséepalast für richtigen Glamour sorgen.

    Unter den Mélenchon-Anhängern gibt es viele, die sich bei der Stichwahl lieber enthalten wollen als für Macron zu stimmen. Der parteilose Pro-Europäer kommt in Umfragen inzwischen auf 59 Prozent - vier Punkte weniger als direkt nach der ersten Wahlrunde.

    Um ihren Rückstand von 18 Prozent aufzuholen, kämpft Le Pen nun mit allen Mitteln um eine breitere Wählerbasis. Den Vorsitz des Front National legte sie vergangene Woche vorübergehend nieder, um "über den Parteiinteressen" zu stehen. Am Samstag kündigte sie an, im Falle eines Wahlsiegs den EU-kritischen Politiker Nicolas Dupont-Aignan zum Premierminister zu machen.

    Wirbel um Le Pens Wahlversprechen

    Marine Le Pen im Porträt

    Marine Le Pen bietet einfache Erklärungen für Frankreichs Probleme: Die "massive Einwanderung" sei schuld und die Entmündigung durch "Technokraten" aus Brüssel.

    Die Rechtspopulistin hat den Auftritt ihrer Partei modernisiert und damit schon viele gute Wahlergebnisse eingefahren.

    Nun steht sie wie 2002 ihr Vater Jean-Marie Le Pen in der Stichwahl um den Élyséepalast.

    Statt mit der martialischen Flamme der Front National (FN) wirbt die 48-Jährige mit einer Rose, ohne Dornen und natürlich in Marineblau.

    Seit sie den Parteivorsitz 2011 von ihrem Vater übernahm, hat sie der Rechtsaußenpartei eine "Entteufelung" verordnet, ein gemäßigteres Auftreten. Offener Rassismus und Antisemitismus werden geahndet. 

    Le Pen setzt aber weiter auf Abschottung und radikale Positionen gegen Europäische Union und Einwanderung. In ihren Reden spielt sie geschickt auf der Klaviatur von Frust und Ängsten etwa vor dem Islam.

    "Feindbilder sind ein fester Bestandteil in der Rhetorik von Marine Le Pen", schreibt Tanja Kuchenbecker, Autorin eines Buchs über die Rechtspopulistin.

    Vorwürfe wie den Verdacht der Scheinbeschäftigung von FN-Mitarbeitern im EU-Parlament konnte die Europaabgeordnete ihren Anhängern bislang als Manöver ihrer Gegner verkaufen.

    Marine Le Pen kam 1968 als jüngste Tochter des rechtsextremen Polit-Haudegens Jean-Marie Le Pen zur Welt, der die FN in vier Jahrzehnten von einer Splittergruppe zu einer wichtigen Stimme in Frankreich machte.

    Im Alter von acht Jahren wurde sie von einer Bombenexplosion aus dem Schlaf gerissen - ein Anschlag auf ihren Vater.

    Die Trennung ihrer Eltern wurde zur Seifenoper, als die Mutter im "Playboy" posierte.

    Le Pen studierte Jura und arbeitete erst als Rechtsanwältin, dann führte sie die Rechtsabteilung der Front National. Sie hat drei Kinder.

    Ihre zwei Ehen gingen auseinander, heute ist sie mit dem FN-Europaabgeordneten Louis Aliot liiert.

    Für die Strategie der "Entteufelung" ließ sie 2015 sogar ihren Vater aus der FN ausschließen, nachdem er die Gaskammern der Nazis erneut als "Detail" der Geschichte bezeichnet hatte.

    Eine sogenannte Mikropartei des 88-Jährigen lieh ihr trotzdem Millionen für den Präsidentschaftswahlkampf.

    "Dies ist ein historischer Tag, denn wir stellen die Interessen Frankreichs über die Interessen Einzelner und der Parteien", sagte der Chef der nationalistischen Partei Debout la France, der in der ersten Wahlrunde mit 4,7 Prozent der Stimmen auf dem sechsten Platz gelandet war.

    In Le Pens Abkommen mit Dupont-Aignan steht, dass der Euro-Ausstieg in der Wirtschaftspolitik keine "Vorbedingung" sei, also nicht die oberste Priorität. Die Front-National-Chefin verspricht ihren Wählern seit Jahren, zum Franc als nationale Währung zurückzukehren. Für französische Unternehmen soll es aber weiterhin möglich sein, in einer Gemeinschaftswährung zu handeln.

    Wie Frankreichs nächster Präsident gewählt wird

    Der Nachfolger des französischen Präsidenten François Hollande wird in zwei Runden am 23. April und am 7. Mai gewählt.

    Gewinnt keiner der Kandidaten im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit, wie es bislang immer der Fall war, treten die beiden Kandidaten mit den meisten Stimmen in der Stichwahl gegeneinander an.

    Dabei gilt: Ein erster Platz im ersten Wahlgang macht noch keinen Präsidenten. In der Geschichte von Frankreichs Fünfter Republik wurde schon drei Mal der Erstrundensieger in der Stichwahl geschlagen.

    Entscheidend im zweiten Wahlgang ist, wie sich die Stimmen der ausgeschiedenen Kandidaten verteilen.

    Die Amtszeit des französischen Präsidenten beträgt fünf Jahre, eine Wiederwahl ist nur ein Mal möglich. Wahlberechtigt sind alle volljährigen Franzosen.

    Auf den Wahllisten sind dieses Jahr knapp 47 Millionen Franzosen aufgeführt, die sich zwischen elf Kandidaten entscheiden müssen.

    Ob Frankreichs nächster Präsident auch eine Regierungsmehrheit zusammenbekommt, entscheidet sich im Juni. Dann wählen die Franzosen eine neue Nationalversammlung.

    Am Montag ruderte Le Pen schon wieder etwas zurück: Der Euro-Ausstieg sei weiterhin ihr Ziel, sagte sie im Sender Europe 1. Auch Le Pens Wahlkampfstratege Florian Philippot sagte im Sender France Inter, ein Jahr nach einem Wahlsieg Le Pens würden die Franzosen ihr Baguette "sehr wahrscheinlich" wieder in Franc bezahlen. Le Pen bekräftigte aber, dass in der Wirtschaftspolitik "viele Maßnahmen" ergriffen werden könnten, "die nicht mit der Währung zusammenhängen".

    Franzosen sind mehrheitlich nicht Euro-feindlich

    Mit ihrer Abkehr vom Euro-Ausstieg versucht Le Pen offenbar auf die vielen Franzosen zuzugehen, die zwar EU-kritisch, aber nicht Euro-feindlich sind. Bei einer Umfrage Ende März gaben nur 28 Prozent der Befragten an, zum Franc zurückkehren zu wollen. Bei Rentnern und über 65-Jährigen - für die Rechtspopulistin eine wichtige Wählergruppe - waren sogar nur 15 Prozent dafür.

    Der scheidende Staatschef François Hollande warf Le Pen vor, ihr Ziel eines EU-Austritts "zu verschleiern". Jede Stimme für Macron sei eine Stimme, die "die extreme Rechte verhindert", sagte Hollande beim EU-Gipfel in Brüssel.

    Auch die französischen Gewerkschaften warben bei ihren Kundgebungen zum 1. Mai für eine "republikanische Front" gegen Le Pen. In Paris gab es neben Demonstrationen gegen Le Pen aber auch einen Protestmarsch gegen beide Kandidaten. afp/AZ

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