Vor dem Amtsantritt des neugewählten Präsidenten Emmanuel Macron ist das französische Parteiensystem in heftige Turbulenzen geraten. Marion Maréchal-Le Pen, die Nichte der gescheiterten rechten Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen, kündigte einen vorübergehenden Rückzug aus der Politik an. Die Abgeordnete ist einer der wenigen Stars der rechtsextremen Front National (FN).
Benoît Hamon will als früherer Präsidentschaftskandidat der Sozialisten eine neue parteiübergreifende linke Bewegung gründen. Der scheidende Präsident François Hollande trat bei einer Gedenkfeier wieder gemeinsam mit Macron auf. Bereits zu Wochenbeginn hatten die beiden Toppolitiker an das Ende des Zweiten Weltkrieges erinnert.
Der Mitte-Links-Politiker Macron hatte sich am vergangenen Sonntag mit deutlichem Abstand gegen die Rechtspopulistin Le Pen durchgesetzt. Der 39-Jährige wird als jüngster französischer Präsident aller Zeiten am Sonntag die Macht von Hollande übernehmen.
Wen ernennt Macron als Premierminister?
Wen Macron als Premierminister ernennen wird, ist bisher offen. Im Gespräch sind unter andern der konservative Édouard Philippe (46), die liberale Europaabgeordnete Sylvie Goulard (52) oder der Generalsekretär der Macron-Bewegung "En Marche!", Richard Ferrand (54).
Maréchal-Le Pen (27) nannte für ihren Rückzug familiäre und politische Gründe. In einer auf Twitter veröffentlichten Erklärung hielt sie sich aber eine Rückkehr in die Politik offen. Ihre Tante Marine Le Pen äußerte Bedauern. FN-Ehrenvorsitzender Jean-Marie Le Pen sagte der Zeitung "Le Figaro", falls seine Enkelin nicht schwerwiegende Gründe habe, würde er das als "Fahnenflucht" ansehen.
Was Macron als Präsident plant
Europa Macron strebt an, die Eurozone in einer engen Partnerschaft mit Deutschland zu reformieren. Die Eurozone mit 19 Ländern soll einen eigenen Haushalt, ein Parlament und einen Finanzminister bekommen. Diese Pläne sind zwar alles andere als neu, wurden aber bisher nicht in die Tat umgesetzt.
Einwanderung Er will lokale Integrationsprogramme schaffen. Am aktuellen Flüchtlingskurs will er festhalten. Asylanträge sollen in höchstens sechs Monaten bearbeitet werden.
Sicherheit Macron will 10.000 neue Polizisten einstellen und 15.000 Gefängnisplätze schaffen. Er plant, die Arbeit der Geheimdienste im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu bündeln.
Verteidigung Der Mitte-Links-Politiker steht zur Nato. Er will die Verteidigungsausgaben auf 2 Prozent der Wirtschaftskraft steigern.
Atomkraft Macron steht zum Ziel, den Atomanteil am Strommix bis 2025 von 75 auf 50 Prozent zu senken, und zur Schließung von Fessenheim.
Wirtschafts-, Sozial- und Finanzpolitik Der Ex-Wirtschaftsminister will das Land wettbewerbsfähiger machen, das Arbeitsrecht lockern, 120 000 Stellen im öffentlichen Dienst abbauen und in fünf Jahren 60 Milliarden Euro einsparen.
Auch der populäre Linksaußenpolitiker Jean-Luc Mélenchon, der in der ersten Wahlrunde knapp 20 Prozent der Stimmen bekommen hatte, steht vor Problemen. Es gibt Streit mit den Kommunisten, die ihn und seine Bewegung bisher unterstützten. Ob es gemeinsame Kandidaten für die Parlamentswahl Mitte Juni geben wird, ist offen.
Der Sozialist Hamon kündigte seine parteiübergreifende linke Bewegung für Juli an. Er hatte in der ersten Präsidentenwahl-Runde nur knapp 6,4 Prozent der Stimmen erhalten. "Ich glaube, die Linke muss sich erneuern", sagte Hamon im Sender France Inter. Er selbst wolle die Sozialisten aber nicht verlassen.
Sein Parteifreund Manuel Valls, ehemals Premierminister unter Hollande, hatte am Dienstag angekündigt, als Abgeordneter für "En Marche!" kandidieren zu wollen. Doch die Polit-Newcomer weigern sich bisher, Valls in ihre Reihen aufzunehmen. "Am heutigen Tag erfüllt er nicht die Bedingungen, damit seine Anfrage angenommen werden könnte", sagte Jean-Paul Delevoye von "En Marche!" dem Sender Europe 1. Die Zeit drängt: Am Donnerstag sollen die Kandidaten für die Parlamentswahl verkündet werden, wie ein Sprecher bestätigte.
Hollande forderte Macron in deutlichen Worten auf, Frankreich wieder zu einen. "Wir müssen die Spaltungen bekämpfen, die unsere Völker zerreißen, auch hier (...)", sagte der 62-Jährige bei einer Feier anlässlich des Gedenktages zur endgültigen Abschaffung der Sklaverei im Jahr 1848.
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