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Frankreich: Eine Show für Herrn Strauss-Kahn

Frankreich

Eine Show für Herrn Strauss-Kahn

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    „Es gab keinen Zwang, keine Gewalt und keine Aggression.“Dominique Strauss-Kahn
    „Es gab keinen Zwang, keine Gewalt und keine Aggression.“Dominique Strauss-Kahn Foto: dpa

    Das Urteil seiner politischen Gegner war am Montag hart: „Lächerlich und traurig“ sei Dominique Strauss-Kahn aufgetreten, urteilte Frankreichs Regierungspartei UMP. Man sei „geschockt“, wie sich der ehemalige Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) angesichts der Vergewaltigungsvorwürfe gegen ihn als „Opfer“ in Szene zu setzen versuchte.

    Frankreich diskutiert über seinen einstigen sozialistischen Politstar und dessen Zukunft. Am Sonntagabend hatte der 62-Jährige zum ersten Mal nach seiner Rückkehr aus New York über die Ereignisse gesprochen – öffentlich, im französischen Sender TF1, zur besten Sendezeit um 20 Uhr, 22 Minuten lang.

    „Sechs bis neun Minuten“ habe der Sex mit dem Zimmermädchen Nafissatou Diallo am 14. Mai in seiner Hotel-Suite gedauert. „Es gab keinen Zwang, keine Gewalt, keine Aggression“, sagte „DSK“ leise. Quasi als Beweis hielt er mehrfach den Bericht der New Yorker Staatsanwaltschaft hoch, „in dem es keine Kratzer, keine Verletzungen, keine Spuren von Gewalt gibt“. Und Strauss-Kahn fügte hinzu: „Was passiert ist, war unpassend, ein Fehler, ein moralischer Fehltritt gegenüber meiner Frau, meinen Freunden und gegenüber den Franzosen.“ Nein, er sei nicht stolz darauf.

    Das Wort Oralverkehr umging er, um Details machte er einen Bogen. Stattdessen berichtete er über den Umgang der US-Justiz mit ihm: „Das ist eine Maschine, die dich zermalmen kann. Ich habe meine Leichtigkeit für immer verloren.“ Er habe das Gefühl gehabt, „dass ich niedergetreten wurde, bevor ich auch nur ein Wort sagen konnte“, kommentierte Strauss-Kahn seine Festnahme im Mai in New York.

    Moderatorin ist enge Freundin der Ehefrau

    Ein Fernsehgericht wurde der Auftritt, der straßenfegerähnliche Einschaltquoten von 47 Prozent (13,4 Millionen Franzosen) erreichte, dennoch nicht. Dafür sorgte vor allem TF1-Moderatorin Claire Chazal, eine enge Freundin von Strauss-Kahns Ehefrau Anne Sinclair. So unterblieben konsequente Nachfragen oder allzu aufdringliche Kameraeinstellungen. Es schaute alles nach genauer vorheriger Absprache aus. Einer der wichtigsten Finanzmanager der Welt blieb unangetastet, wurde nicht entlarvt, obwohl er sich in seiner Heimat längst dem nächsten Verfahren ausgesetzt sieht.

    Die 32-jährige Schriftstellerin Tristane Banon wirft ihm vor, bei einem Interview 2003 über sie hergefallen zu sein und sie vergewaltigt zu haben. „DSK“ nennt das eine „eingebildete Version“. Während der sonst mächtige Finanzmanager am Sonntagabend im Fernsehstudio saß, demonstrierten draußen Französinnen gegen den Auftritt. Vergewaltigte Frauen und missbrauchte Opfer bekämen keinen Raum zur besten Sendezeit, beschwerten sie sich. Strauss-Kahns Antwort: „Ich habe Respekt vor den Frauen. Ich habe für alles bezahlt und bezahle noch immer dafür.“

    Seine politische Karriere scheint dennoch vorerst zu Ende zu sein. Kurz vor der Sendung gaben zwar noch 22 Prozent der befragten Landsleute an, einem sozialistischen Kandidaten Strauss-Kahn gegen Amtsinhaber Nicolas Sarkozy ihre Stimme geben zu wollen. Der bestätigte erstmals: „Ich wollte ein Kandidat sein. Ich dachte, ich könnte nützlich sein.“ Doch daraus wird nichts. „Ich bin Kandidat für nichts“, erklärte er am Sonntagabend. Zwar werde er der Politik nicht völlig den Rücken kehren, aber zunächst wolle er sich Zeit nehmen, um „darüber nachzudenken, wie es weitergeht“. Sein ganzes Leben sei „darauf ausgerichtet gewesen, nützlich zu sein“. Nun müsse er herausfinden, ob das auch in Zukunft noch der Fall sein könnte.

    Das öffentliche Echo fiel wenig schmeichelhaft aus: „Kein Wort der Entschuldigung zu den Millionen Franzosen, die bereit waren, ihm vor dem 14. Mai ihr Vertrauen zu schenken“, kritisierte die Zeitung Les Dernières Nouvelles d’Alsace aus Straßburg. Auch sein Land habe er in dem „egoistischen“ Auftritt mit keinem Wort bedacht. „Das Unbehagen über das Benehmen von Dominique Strauss-Kahn ist geblieben“, schrieb am nächsten Tag auch die linksliberale Pariser Zeitung Libération. „Als man den Fernseher ausgeschaltet hat, wollte man nur eins: zu anderen Themen übergehen.“ mit/ afp/dpa

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