Sie sind gekommen - mit ihren Kindern, gelben Westen, Fahnen, Lautsprechern und Transparenten. Tausende ziehen durch die kleine Hafenstadt Hendaye im äußersten Südwesten Frankreichs, einen Steinwurf entfernt von der spanischen Grenze. Ihr Protest richtet sich gegen die sieben großen Industrienationen, die ab Samstag im edlen Badeort Biarritz tagen. Wegen des Gipfels gleicht das mondäne Städtchen einer Festung. Die Demonstranten müssen sich daher andere Orte für ihren Widerstand suchen.
Die offizielle Gegendemo der G7-Kritiker findet daher in Hendaye statt, einige Kilometer von Biarritz entfernt. Etwas nervös haben hier alle auf die Kundgebung am Samstagvormittag gewartet. Wird es Ausschreitungen geben, war die große Frage? Tausende wurden erwartet und Tausende sind gekommen. Doch die Bilanz dieser Veranstaltung lautet zumindest: Alles bleibt friedlich, eher Volksfest statt Straßenschlacht.
Über 10.000 Sicherheitskräfte schützen den G7-Gipfel
Mit rund 13.200 Sicherheitskräften schützt Frankreich den Gipfel, überall Polizei und Straßenschlachten. Niemand möchte Bilder wie beim G20-Gipfel in Hamburg oder während der "Gelbwesten"-Proteste in Paris. Die Bewegung hatte den französischen Präsidenten Emmanuel Macaron in eine schwere Krise gestürzt, über Monate kam es jeden Samstag zu schweren Ausschreitungen im Land, besonders in der französischen Hauptstadt.
Auch auf der G7-Gegendemo sieht man sie vereinzelt - Menschen mit gelben Westen. Auch wenn der Zulauf zu den "Gelbwesten"-Protesten in den vergangenen Monaten massiv abgenommen hat - die Gilets Jaunes, wie sie in Frankreich heißen, sind mittlerweile fester Bestandteil der Protestkultur.
Doch der Protest hier richtet sich nicht nur gegen Macron oder die französische Politik. "Die Regierungen der G7 sind hauptverantwortlich dafür, was in den letzten 20 Jahren an den Folgen neoliberaler Deregulierung passiert ist", sagt Michael Tellmann vom globalisierungskritischen Netzwerk Attac. Eine immer größere Schere zwischen Arm und Reich, Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen, Finanzkrise - all das gehe auf das Konto der G7-Länder Deutschland, Frankreich, USA, Großbritannien, Italien, Kanada und Japan.
Attac gehört zu einem Bündnis aus globalisierungskritischen Gruppen, dass in der Region einen sogenannten Gegengipfel organisiert hatte. Seit Mitte der Woche debattierten zahlreiche Menschen aus aller Welt miteinander. Das Ziel: Mit eigenen Vorschlägen als Alternative in die Gesellschaft durchdringen. Sie essen aus Pappschalen, haben sich Brote mitgemacht, spielen Gitarre, singen und diskutieren in Sitzkreisen. Vom Luxus des edlen Badeortes Biarritz ist bei der Gegenveranstaltung nichts zu spüren.
"Wir glauben, dass als Gipfelort absichtlich ein Ort gewählt wurde, der weitab von den Metropolen ist", sagt Tellmann von Attac. Es sind Orte wie Hendaye, Urrugne oder Irun, in denen der Protest erlaubt, mitten in der französisch-spanischen Grenzregion - mitten im Baskenland.
G7-Gipfelort Biarritz gleicht einer Geisterstadt
Die große Frage bleibt: Kommt der große Knall, wird es Randale geben? Am Freitagabend kommt es im Protestcamp in Urrugne bereits zu Zusammenstößen mit der Polizei. Bayonne, Nachbarort von Biarritz, gleicht am Samstagnachmittag einer Geisterstadt. Überall Polizei. Fast jeder, der in das historische Zentrum der Stadt will, wird kontrolliert. Und es kursieren Gerüchte: "Gelbwesten" wollten am Samstag in der Stadt auftauchen, Sonntag könnte es bei einer unangekündigten Demonstration zu Ausschreitungen kommen. (dpa)