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Flüchtlingspolitik: Seehofer geht einmal mehr auf Anti-Merkel-Kurs

Flüchtlingspolitik

Seehofer geht einmal mehr auf Anti-Merkel-Kurs

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    Horst Seehofer ist nicht nur Bundesinnenminister, sondern auch CSU-Parteichef. Letzteres will er offensichtlich noch lange bleiben.
    Horst Seehofer ist nicht nur Bundesinnenminister, sondern auch CSU-Parteichef. Letzteres will er offensichtlich noch lange bleiben. Foto: Tobias Schwarz, afp

    Hinter den verschlossenen Türen des Schlosses Neuhardenberg, in dem einst der preußische Reformer Karl August Fürst von Hardenberg residierte, redete der CSU-Chef und Innenminister Klartext. Die Migrationsfrage sei „die Mutter aller Probleme in diesem Land“, sagte er im Kreise der CSU-Bundestagsabgeordneten, die zum Abschluss der parlamentarischen Sommerpause am Mittwoch und Donnerstag im Osten Brandenburgs zu einer Klausursitzung zusammengekommen waren. Sogar für die Demonstranten in Sachsen zeigte er Verständnis. „An erster Stelle steht ein brutales Verbrechen“, dann wurden Debatten geführt, in denen das ursprüngliche

    Es dauerte nur wenige Stunden, bis Bundeskanzlerin Angela Merkel auf die Thesen ihres Innenministers reagierte. Ungewöhnlich deutlich widerspricht sie dem Seehofer-Wort von der Migration als „Mutter aller politischen Probleme“. Im RTL-Sommerinterview antwortet sie ruhig auf die Frage, ob sie die Äußerung ihres Innenministers unterschreiben könne: „Ich sag’ das anders.“ Die Migrationsfrage stelle Deutschland vor Herausforderungen, „und dabei gibt es auch Probleme“. Aber es gebe eben auch Erfolge. Es sei schon viel geleistet worden bei der Aufnahme der Flüchtlinge und der Ordnung der Migration. Dann fügt Merkel wieder ihr Credo an, das viele Kritiker auch in den eigenen Reihen so aufregt: „Ich finde, wir sollten den Weg weitergehen, den wir eingeschlagen haben. Wo wir noch nicht am Ende sind, aber Schritt für Schritt die Probleme lösen.“ Als Regierungschefin, das ist schon immer Merkels Meinung, müsse sie Ruhe vermitteln und auch im Ton besonders sachlich sein.

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    Beim Koalitionspartner SPD wie bei der FDP, den Grünen und den Linken stießen die Worte Seehofers umgehend auf Kritik.

    Seehofer hingegen wiederholte in einem Interview mit der Rheinischen Post seine Äußerung sogar noch einmal. Deutschland sei ein „gespaltenes Land“, Ursache sei zwar „nicht alleine die Flüchtlingspolitik“, gleichwohl würden viele Menschen jetzt ihre sozialen Sorgen damit verbinden. Ausgerechnet von AfD-Partei- und Fraktionschef Alexander Gauland gab es Zustimmung.

    Die Aufregung überdeckte fast ein wenig, dass der CSU-Vorsitzende mit einem Satz alle Spekulationen um seine politische Zukunft beendete. Er wolle auch über die bayerische Landtagswahl am 14. Oktober hinaus Chef seiner Partei bleiben. Nur so könne er in Berlin seine Anliegen durchsetzen.

    Ist der CSU-interne Machtkampf um den Parteivorsitz beigelegt?

    Ist damit der CSU-interne Machtkampf beigelegt? Hat Seehofer, indem er öffentlich klarstellte, unter keinen Umständen zurücktreten zu wollen, den Ambitionen von Ministerpräsident Markus Söder und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt einen Riegel vorgeschoben? In Kreisen der CSU-Bundestagsabgeordneten heißt es, dass der Vorstoß nicht überraschend komme. „Totgesagte leben länger…“, bringt es ein altgedienter Christsozialer im Gespräch mit unserer Redaktion auf den Punkt. Seehofer wisse genau, dass sein Amt als Innenminister an den

    Gleichzeitig werden in der Partei weitere Gründe genannt. Einerseits sei hinlänglich bekannt, dass Seehofer stets betont habe, der CSU-Chef müsse in Berlin sein, möglichst am Kabinettstisch sitzen und einen direkten Zugang zur Kanzlerin und CDU-Chefin haben, andererseits habe Dobrindt mehrfach intern wie öffentlich zu verstehen gegeben, dass ihn das Amt des Vorsitzenden der Landesgruppe, das er erst seit knapp einem Jahr innehat, voll auslaste. „Es gibt viele in der Partei, die eine Konzentration der gesamten Macht in der Hand einer Person ablehnen“, sagt ein führendes Mitglied der Landesgruppe – und gibt damit ein in Berlin weit verbreitetes Unbehagen an den Ambitionen Söders zum Ausdruck. Gerade die CSU habe mit Blick auf die Doppelspitzen Goppel/Strauß und Stoiber/Waigel „gute Erfahrungen“ gemacht. „Es hat unserer Partei nicht geschadet, einen erfolgreichen Ministerpräsidenten in Bayern und einen starken Parteivorsitzenden im Bund zu haben“, sagt ein Insider.

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    Ein anderer verweist darauf, dass mit einem Parteichef Markus Söder, der noch nie in der Bundespolitik tätig war und sich auf kein Netzwerk in der Hauptstadt stützen könne, der „bundespolitische Gestaltungsanspruch“ der CSU in Gefahr sei.

    Und Dobrindt? „Wollen tät er schon…“, sagt ein erfahrener Parteisoldat. Aber in Wahrheit habe er keine Chance. Zwar sei Dobrindt ein hervorragender Stratege, aber auch ein Einzelkämpfer, dem es bis heute nicht gelungen sei, eine ihm treu ergebene Seilschaft zu bilden, nicht einmal in seinem Bezirksverband Oberbayern. „Seehofer hat Dobrindt zu allem gemacht, was er ist.“ Erst zum Generalsekretär, dann zum Verkehrsminister, zuletzt zum Landesgruppenchef. „Ihm hat er alles zu verdanken.“ Zwar versuche Dobrindt, etwas aus dem Schatten des Ziehvaters herauszutreten und sich vom Parteichef zu emanzipieren, gleichwohl sei die Abhängigkeit groß.

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