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Flüchtlingskrise: Vor der Küste Ägyptens spielen sich immer mehr Flüchtlingsdramen ab

Flüchtlingskrise

Vor der Küste Ägyptens spielen sich immer mehr Flüchtlingsdramen ab

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    Mediziner transportieren in der Hafenstadt Rosetta die Leiche eines ertrunkenen Flüchtlings ab. Immer mehr Migranten wagen die Überfahrt nach Europa von der ägyptischen Küste aus.
    Mediziner transportieren in der Hafenstadt Rosetta die Leiche eines ertrunkenen Flüchtlings ab. Immer mehr Migranten wagen die Überfahrt nach Europa von der ägyptischen Küste aus. Foto: Mohamed el-Shahed, afp

    Augsburg Immer wieder finden die Helfer neue Leichen im Meer vor Alexandria. Der Untergang eines Flüchtlingsbootes vor der ägyptischen Mittelmeerküste am Mittwoch hat mindestens 148 Menschen das Leben gekostet. Es ist jedoch zu befürchten, dass es noch deutlich mehr Opfer gab. Schließlich waren nach Angaben von Augenzeugen bis zu 600 Frauen, Männer und Kinder auf und unter dem Deck des Schiffes eingepfercht. Die Tragödie hat auch die Europäische Union aufgeschreckt. In Brüssel und den EU-Hauptstädten geht die Furcht vor einer neuen Flüchtlingswelle um.

    Dabei ist es in Ägypten ein offenes Geheimnis, dass sich an der Küste längst professionelle Schleuser-Strukturen herausgebildet haben. Die Küstenwache bringt immer mehr Boote auf, fischt immer mehr Tote aus dem Meer. Das Land gilt als zweitwichtigster Startplatz auf dem Weg nach Europa. Noch riskieren die meisten Migranten – überwiegend sind es Afrikaner – die Überfahrt vom Bürgerkriegsland Libyen aus.

    Doch Ägypten entwickelt sich nach Angaben der europäischen Grenzschutzagentur Frontex zu einem immer wichtigeren Startpunkt für oft schrottreife Schlepperboote nach Europa. Allerdings ist die Überfahrt nach Italien deutlich länger und gefährlicher als von Libyen aus. Während Libyen für Menschen aus Zentralafrika wie ein Magnet wirkt, entwickelt Ägypten aufgrund seiner Lage Anziehungskraft auch auf Syrer. Bis zu 500000 sind aus ihrer vom jahrelangen Krieg gepeinigten Heimat in das Nachbarland geflohen. Zudem häufen sich Berichte, dass auch immer mehr Ägypter ihr Leben riskieren, um ihr Land zu verlassen.

    Brüssel ist bereits seit längerer Zeit darüber informiert, dass sich an den Stränden von Alexandria und der Umgebung immer mehr Migranten auf die Überfahrt vorbereiten. Die Hinweise von Frontex lassen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Die Kritik an einem unzureichenden Engagement der ägyptischen Sicherheitskräfte bei der Kontrolle der Küste wird lauter.

    Schulz fordert Flüchtlingsabkommen mit Ägypten

    Wie alarmiert die EU ist, zeigt der Vorstoß des EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz: In der Süddeutschen Zeitung forderte der Sozialdemokrat ein Flüchtlingsabkommen mit Ägypten, und zwar nach dem Muster der umstrittenen Übereinkunft mit der Türkei. Das Abkommen zwischen der EU und Ankara sieht vor, dass alle illegal in Griechenland eingereisten Schutzsuchenden in die

    Der Vorschlag könnte in Kairo Anklang finden: „Es gibt nichts Offizielles, aber in Ägypten redet man schon lange über einen solchen Vertrag. Die Regierung erhofft sich finanzielle Vorteile“, sagt die Vorsitzende der Deutsch-Ägyptischen Gesellschaft in Köln, Laila Greiss, unserer Zeitung. Gleichzeitig sei Präsident Abdel Fattah al-Sisi daran interessiert, dass sich die Zahl der syrischen Flüchtlinge in Ägypten verringert, sagt Greiss.

    Viele Syrer leben bereits seit Jahren in Ägypten – ein großer Teil davon in der Millionenstadt Alexandria. Nach Ausbruch des Krieges 2011 in Syrien waren sie noch willkommen. „Nicht wenige von ihnen haben sich mit kleinen Cafés oder Läden selbstständig gemacht“, erklärt Laila Greiss. Doch die Lage der Syrer hat sich nach dem Sturz der islamistischen Regierung von Präsident Mohammed Mursi dramatisch verschlechtert. Plötzlich wurden sie in den Medien pauschal als Islamisten oder gar als Terroristen bezeichnet. In der aufgeheizten Phase des Machtwechsels blieben Diffamierungen dieser Art nicht ohne Folge. Es gab und gibt offene Anfeindungen. Viele Syrer wollen lieber heute als morgen weg. Ziel: Europa. mit dpa

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