Viele Flüchtlingsströme bleiben unbeachtet: nach Bangladesch zum Beispiel, in eins der ärmsten und am dichtesten besiedelten Länder der Welt. Innerhalb weniger Wochen sind im vergangenen Herbst gut eine halbe Million Rohingya, Angehörige der muslimischen Minderheit Myanmars, vor den Gewaltexzessen in ihrer Heimat ins Nachbarland geflohen. Dort ist das größte Flüchtlingslager der Welt entstanden, mit dem das überforderte Bangladesch weitgehend alleingelassen wird. Und das die überhitzte Asyldebatte, die in unserem Land gerade stattfindet, ein Stück weit relativiert.
Ein anderer Schauplatz: Südsudan, das jüngste Land der Welt. Jeder dritte Südsudanese ist in dem ostafrikanischen Bürgerkriegsland auf der Flucht. 2,4 Millionen Menschen sind in den Nachbarländern Uganda, Sudan und Äthiopien untergekommen, wo auch die eigene Bevölkerung immer wieder von Hungersnöten bedroht ist. Und dann sind da noch die Auseinandersetzungen im Jemen, im Kongo oder in Syrien; in Venezuela, Tschad oder der Zentralafrikanischen Republik.
Die Liste der ungelösten Krisen und Konflikte lässt sich noch fortsetzen. Damit wächst die Zahl der Menschen immer weiter, die Hilfe brauchen, weil sie sonst nicht überleben. Und die nicht – wie wir – das Glück haben, in einem hoch entwickelten, friedlichen und sozial abgesicherten Land zu leben. Sondern unter oft unwürdigen Bedingungen in notdürftig zusammengezimmerten Zelten aus Plastikplanen hausen.
Die meisten Flüchtlingen kommen gar nicht bis Europa
Während in Deutschland in diesen Tagen die Asyldebatte die Politik spaltet – sogar die Regierung daran zu zerbrechen droht –, sind weltweit 68,5 Millionen Menschen auf der Flucht vor Krieg, Gewalt und Verfolgung. So viele wie nie zuvor seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, wie das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen bekannt gab. Die Flüchtlingskrisen dieser Welt spielen sich aber nicht in Europa ab, auch wenn Populisten diesen Eindruck schüren. Sie spielen in den Entwicklungs- und Schwellenländern, die nicht die wirtschaftlichen und finanziellen Möglichkeiten europäischer Staaten haben, einer solchen Herausforderung zu begegnen. Nur ein Bruchteil der Geflohenen und Vertriebenen kommt überhaupt bis an unsere Grenzen, die meisten können sich die teure Reise überhaupt nicht leisten. Oder wollen nicht weg aus ihrer Heimatregion.
Fluchtursachenbekämpfung ist das Zauberwort, das die Entwicklungspolitik derzeit prägt. Viele Länder Afrikas und Asiens brauchen die Hilfe der Weltgemeinschaft, damit sich ihre Bevölkerung nicht auf die Suche nach einem besseren Leben macht. Entwicklungszusammenarbeit ist der richtige Ansatz. Jeder Euro, der in Bildungs- und Ausbildungsprojekte junger Menschen in Entwicklungsländern investiert wird, ist gut angelegtes Geld. Denn wer in seiner Heimat die Chance auf ein anständiges Ein- und Auskommen hat, der will und wird auch dort bleiben. Das belegt die Statistik.
Entwicklungshilfe kann nicht alle Probleme lösen
Doch Entwicklungshilfe kann nicht alle Probleme lösen – und alle Fluchtursachen bekämpfen. Denn die Mehrzahl der Flüchtlinge verlässt ihr Land eben nicht aus wirtschaftlichen Gründen. Viele flüchten vor der Klimaveränderung, besonders aus den Ländern Afrikas. Weil ihre Felder vertrocknen und nicht mehr genügend abwerfen. Weil verschobene Regenzeiten die Aussaat wegschwemmen. Weil sie dadurch ihre Familie nicht mehr ernähren können. Die meisten Flüchtlinge aber verlassen ihr Land, weil dort Korruption und Ausbeutung herrschen, Chaos und Gewalt. Hier stößt die Entwicklungshilfe an ihre Grenzen, hier können nur politische Lösungen helfen.
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