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Flüchtlingskrise: Merkel reagiert auf Seehofers Ultimatum und lädt zu Krisentreffen

Flüchtlingskrise

Merkel reagiert auf Seehofers Ultimatum und lädt zu Krisentreffen

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    Der Streit zwischen Angela Merkel und Horst Seehofer in der Flüchtlingskrise hält weiter an.
    Der Streit zwischen Angela Merkel und Horst Seehofer in der Flüchtlingskrise hält weiter an. Foto: Maja Hitij/dpa (Archiv)

    Kanzlerin Angela Merkel will nach Horst Seehofers Ultimatum in der Flüchtlingskrise nun sehr bald mit den Spitzen von CSU und SPD reden.

    Dabei soll es um das weitere Vorgehen in der Asylpolitik und die kritische Lage an der Grenze zu Österreich gehen, an der täglich Tausende Flüchtlinge ins Land kommen. Zugleich mahnte die CDU-Chefin am Dienstag erneut zu Geduld: In der Krise lasse sich nicht einfach ein Schalter umlegen, sagte Merkel mit Blick auf Zehntausenden Flüchtlinge, die über den Balkan nach Deutschland streben. 

    Seehofer kritisiert Österreich und fordert Initiative von Merkel

    Zuvor hatte der CSU-Vorsitzende Seehofer ein Umsteuern bis zu diesem Sonntag verlangt. An diesem Samstag treffen sich nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur zunächst Merkel und Seehofer. Am Sonntag wollen beide mit dem SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel zusammenkommen, wie zuerst die "Süddeutsche Zeitung" berichtet hatte. 

    Seehofers CSU-Landesregierung prangerte als skandalös an, dass Österreich zahllose Menschen auf einen Schlag unabgesprochen an die deutsche Grenze bringe. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte, dies gefährde die Sicherheit und Ordnung hierzulande. Seit Anfang September seien mindestens 318 000 Menschen in den Freistaat gekommen. Sozialministerin Emilia Müller nannte die Zustände auf der österreichischen Seite "inhuman". Deutsche Hilfsorganisationen hätten Flüchtlinge jenseits der Grenze mit Decken und Tee versorgen müssen.

    Seehofer forderte, Merkel persönlich müsse auf das Nachbarland einwirken. Bis Allerheiligen - also Sonntag - werde er noch abwarten, ob seine Forderungen nach Zuwanderungsbegrenzung Gehör fänden, sagte Seehofer der "Passauer Neuen Presse". In den vergangenen Wochen hatte Seehofer schon mehrfach mit "Notwehrmaßnahmen" und sogar einer Verfassungsklage gedroht. Die Regierung in Wien nahm die CSU-Kritik gelassen hin. Man stimme sich mit Berlin ab. Ebenso äußerte sich Merkel. Ihre Regierung stehe mit der österreichischen seit dem Frühsommer konstant in Kontakt.

    Seit Ungarn vor knapp zwei Wochen seine Grenze zu Kroatien mit einem Sperrzaun abgeriegelt hatte, sind 83 600 Menschen auf der sogenannten Balkanroute durch Slowenien gekommen. Das kleine Land zwischen Alpen und Adria leitet sie zur österreichischen Grenze weiter.

    Deutschland schickt Bundespolizisten nach Slowenien

    An der Grenze mussten Hunderte Flüchtlinge die Nacht im Freien verbringen, wie ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur berichtete. Sie seien von slowenischen Soldaten direkt an die Grenze geschickt, von den österreichischen Grenzern aber abgewiesen worden, sagten mehrere Flüchtlinge. Sie hätten keinerlei Nahrung oder Wasser erhalten. In der eingezäunten Menschenmenge waren viele Familien mit kleinen Kindern.

    Deutschland schickt noch in dieser Woche fünf Bundespolizisten nach Slowenien zur Unterstützung. Deutschland und zehn weitere Länder hatten sich bei einem Krisentreffen in Brüssel am Wochenende verständigt, binnen einer Woche 400 zusätzliche Polizisten aus anderen EU-Staaten nach Slowenien zu entsenden.

    Was bekommen Flüchtlinge?

    Flüchtlinge erhalten gemäß Asylbewerberleistungsgesetz Mittel zur Sicherung ihres Existenzminimums. Wie viel Bargeld ein Flüchtling bekommt, hängt davon ab, wie lange er in Deutschland ist und welche Sachleistungen er in seiner Unterkunft erhält.

    In den Erstaufnahmeeinrichtungen werden vorrangig Sachleistungen gewährt. Dinge des täglichen Bedarfs wie Essen oder Möbel werden dort meist zur Verfügung gestellt. Außerdem gibt es Bargeld für persönliche Bedürfnisse.

    Alleinstehende erhalten 143 Euro im Monat. Erwachsene, die als Partner einen Haushalt teilen, bekommen je 129 Euro. Wer sonst noch im Haushalt lebt, kriegt 113 Euro. Für Kinder stehen Familien je nach Alter 85 bis 92 Euro zu.

    Wenn Asylbewerber nicht mehr in Gemeinschaftsunterkünften des Landes untergebracht sind und damit in der Regel Essen und andere Sachleistungen wegfallen, gibt es mehr Bargeld.

    Erwachsene Alleinstehende erhalten dann 216 Euro, Kinder oder weitere Haushaltsmitglieder 133 bis 194 Euro.

    Hier gibt es allerdings etwas Spielraum: Anstelle der Geldleistungen können auch - "soweit es nach den Umständen erforderlich ist", wie es im Gesetz heißt - Wertgutscheine und Sachleistungen gewährt werden.

    Zudem übernehmen die Behörden anfallende Wohnkosten. Auch bei Krankheit, Schwangerschaft oder Geburt erstattet der Staat die Kosten.

    Ist ein Flüchtling länger als 15 Monate im Land, stehen ihm bei Bedürftigkeit Leistungen auf dem Niveau der Sozialhilfe zu. Damit erhält ein Alleinstehender etwa 392 Euro. Zudem werden seine Wohnkosten erstattet. (dpa)

    EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker warnte vor einer "humanitären Katastrophe" im nahenden Winter. Den EU-Staaten warf er am Dienstag in Straßburg schwere Versäumnisse vor, weil sie ihre Zusagen nicht einhielten und viel zu langsam handelten. Der Präsident des Europäischen Rates, Donald Tusk, warnte, dass angesichts der Intervention Russlands im Syrien-Krieg noch mehr Menschen die Flucht ergreifen dürften. Die Flüchtlingskrise sei die größte Herausforderung der EU seit Jahrzehnten. dpa

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