Nach der von der Türkei angekündigten Öffnung ihrer Grenzen Richtung EU sind nach Angaben der UN-Organisation für Migration (IOM) mehr als 13.000 Migranten an der Grenze zu Griechenland angekommen. Tausende Menschen, darunter auch Familien mit kleinen Kindern, verbrächten hier eine kalte Nacht, berichtete IOM am frühen Sonntagmorgen. Zuvor hatte der türkische Innenminister Süleyman Soylu via Twitter mitgeteilt, bis Samstagabend hätten sogar 36.776 Migranten über die Provinz Edirne die Grenze in Richtung EU passiert. Allerdings berichteten bis zum Abend weder Sofia noch Athen über das Eintreffen größerer Zahlen von Migranten.
In der Provinz Edirne gibt es Grenzübergänge nach Griechenland und nach Bulgarien. IOM berichtete, ihre Mitarbeiter hätten entlang der 212 Kilometer langen Grenze zwischen der Türkei und Griechenland mindestens 13.000 Menschen beobachtet, die sich an Grenzübergängen in Gruppen von bis zu 3000 Menschen versammelt hätten.
Türkei hat die Grenze in Richtung EU für Migranten geöffnet
Zuvor hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bestätigt, dass die Türkei keine Flüchtlinge mehr auf ihren Weg nach Europa abhalte und gesagt, man habe die Grenze für Migranten geöffnet. Seit Freitag machen sich zahlreiche Migranten in der Türkei auf den Weg zur Grenze und versuchen, in die EU zu gelangen. An Grenzübergängen zu Griechenland gab es am Samstag erste Auseinandersetzungen, in deren Verlauf auch Tränengas gegen die vordrängenden Migranten zum Einsatz kam.
Die Türkei hat bereits mehr als 3,6 Millionen Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen. Ein Flüchtlingspakt mit der EU von 2016 sieht eigentlich vor, dass die Türkei Migranten vom Weg in die EU abhält. Mit dieser neuen Position versucht Ankara offensichtlich, mehr Geld der EU für die Unterbringung und Versorgung der Flüchtlingen zu erzwingen.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel verfolgten die Lage an den EU-Außengrenzen zur Türkei mit Besorgnis. "Unsere oberste Priorität ist, dass Griechenland und Bulgarien unsere volle Unterstützung haben", twitterte von der Leyen am Samstagabend. Die EU sei zu weiterer Unterstützung bereit, auch mit zusätzlichen Kräften der EU-Grenzschutzagentur Frontex.
Angesichts der Zuspitzung der Flüchtlingssituation an der EU-Grenze zur Türkei sehen die Grünen jetzt Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Pflicht. "Die Bundesregierung muss jetzt schnellstmöglich darauf dringen, dass es eine europäische Lösung für die Verteilung der Geflüchteten gibt", sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Sonntag). Notfalls müsse Merkel eine "Allianz der Willigen" schmieden.
Ganz andere Konsequenzen forderte FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg angesichts der Berichte über die Öffnung der Grenzen durch die Türkei. "Die Zahlungen an die Türkei müssen umgehend ausgesetzt werden, wenn Präsident Erdogan Vereinbarungen bricht", sagte Teuteberg der Bild am Sonntag. Merkel müsse nun "ihr ganzes Gewicht zur Geltung bringen", damit sich eine Situation wie 2015 nicht wiederhole. Zudem müsse sie betonen, "dass eine unkontrollierte Migration nach Deutschland mit allen Mitteln des Rechtsstaates verhindert wird".
Türkei verschärft militärisches Vorgehen in Syrien
Bei den Kämpfen in Syrien hat die Türkei in den syrischen Provinzen Idlib und Aleppo nach Angaben von Aktivisten mehr als 70 Soldaten der syrischen Regierung und verbündeten Milizen getötet. Zunächst seien bei Angriffen mit Kampfflugzeugen, Drohnen und Artillerie 45 Regimesoldaten getötet worden, bei späteren Angriffen 26 weitere Kämpfer, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Samstag mit.
Die Türkei hatte nach Worten von Erdogan mehrere Angriffe in Syrien unternommen. Dabei seien Anlagen zum Bau von Chemiewaffen sowie Luftabwehrsysteme und Landebahnen zerstört worden, sagte Erdogan in Istanbul. Die syrische Regierung stritt die Behauptungen ab und warf Erdogan "irreführende" Aussagen und Übertreibung vor. Hintergrund der Vergeltungsangriffe ist der Tod zahlreicher türkischer Soldaten in Syrien.
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