Edmund Stoiber, Bayerns ehemaliger Ministerpräsident und CSU-Chef, hat die deutsche Flüchtlingspolitik für ein Erstarken der Rechten in ganz Europa verantwortlich gemacht. "Die deutsche Politik ist entscheidend für die weitere Entwicklung in Europa. Und uns darf eines auch nicht egal sein: Die derzeitige Situation in Europa führt zur Stärkung der Rechtsparteien in der EU", sagte Stoiber im Interview der "Welt". Es sei kurzsichtig, nur auf die AfD zu blicken. "Wir müssen auch auf Le Pen, Wilders, Strache und wie sie alle heißen, schauen."
Edmund Stiober: Nur nationale Lösungen tragen in der Flüchtlingskrise zum Erfolg der EU bei
Stoibers Ansicht nach müsse jedes Land an einer eigenen Lösung für die Flüchtlingsproblematik arbeiten, nur so könne eine Lösung für ganz Europa gefunden werden."Die Politik offener Grenzen hat dazu geführt, dass es in vielen Ländern Europas möglich war, das Problem in erster Linie als deutsches Problem zu verstehen", so Stoiber. Deshalb brauche es eine Kehrtwende in der Flüchtlingspolitik, eine Obergrenze und Transitzonen an den Grenzen.
"An politischer Naivität nicht zu überbieten" nannte Stiober hingegen den Vorwurf, dass die CSU mit ihrer Politik die AfD stärke. Die CSU sei seinen Worten nach die einzige Partei, die sich auch inhaltlich mit der AfD auseinandersetze und nicht nur empört reagiere. Nur, wenn man die AfD offen bekämpfe und zeige, wie sie Ängste anschüre und auch keine Lösung habe, ließe sich etwas ändern, so Stiober.
Stoiber fordert einheitliche Standards in Europa in der Flüchtlingspolitik
Als weitere Bedingung nennt Stoiber die Vereinheitlichung europäischer Standards. Andernfalls werde die Flüchtlingsverteilung nicht gelingen. Eine Neuordnung des europäischen Asylsystems sei nötig. "Wir brauchen dafür vergleichbare materielle und soziale Standards für Flüchtlinge. Die Unterschiede sind im Moment groß, aber auch hier kann man sich in Europa ein System des Ausgleichs vorstellen." AZ/kna