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Flüchtlinge: Seehofer verstärkt vor dem Krisentreffen seine Drohungen

Flüchtlinge

Seehofer verstärkt vor dem Krisentreffen seine Drohungen

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    Parteifreunde: Trennen sich die Wege von Merkel und Seehofer in der Flüchtlingsfrage?
    Parteifreunde: Trennen sich die Wege von Merkel und Seehofer in der Flüchtlingsfrage? Foto: Hannibal Hanschke/Archiv (dpa)

    Im Machtkampf um die Asylpolitik hat CSU-Chef Horst Seehofer vor dem Krisentreffen der großen Koalition seine Drohungen verstärkt. Dabei warnte der bayerische Ministerpräsident vor politischen und juristischen Konsequenzen, falls die Gespräche mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und SPD-Chef Sigmar Gabriel scheitern. "Wir sind gut vorbereitet für alles - wobei ich mir nach wie vor das Gute wünsche, nämlich eine Verständigung über die Maßnahmen zur Begrenzung", sagte Seehofer am Mittwoch in München

    Der CSU-Chef spricht am Samstag mit Merkel, am Sonntag folgt ein Dreiertreffen mit der CDU-Vorsitzenden und Gabriel. Aus Sicht der Kanzlerin sollen diese Gespräche der weiteren engen Abstimmung in der Flüchtlingskrise dienen. "Wir leben in einer Zeit, in der noch mehr als sonst in einer Koalitionsregierung ständige gegenseitige Information notwendig ist", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Dazu gehöre auch, "regelmäßig den gegenseitigen Sorgen zuzuhören und diese auszutauschen". Dies füge sich in die Reihe der bisherigen Gespräche ein und sei so in der vergangenen Woche verabredet worden.

    Seehofer hatte am Dienstag ultimativ ein Umsteuern der Regierung in Berlin zur Begrenzung der Flüchtlingsbewegung bis Sonntag verlangt. "Da geht es darum, ob der Staat versagt oder funktioniert", sagte der CSU-Chef am Mittwoch. Die Flüchtlinge seien dabei, "den Rechtsstaat zu überlaufen, sozusagen zu überrumpeln, das wird auf Dauer nicht gehen". Ein Nachgeben der CSU schloss er aus: "Wir sind da ganz fest und hart in der Sache." Seehofer hat Merkel unter anderem schon eine Verfassungsklage angedroht.

    Seehofer äußert sich nicht zu Spekulationen

    Einen "Bild"-Bericht vom Mittwoch, wonach er als letzten Ausweg einen Rückzug der CSU-Minister aus dem Bundeskabinett erwäge, dementierte Seehofer nicht - zu "einzelnen Spekulationen" sage er aber nichts. Einen Koalitionsbruch hat er wiederholt ausgeschlossen. Konkreter wollte er auch auf mehrfache Nachfrage nicht werden. "Säbelrasseln" vor dem Wochenende bringe niemanden weiter, sagte Seehofer. "Ich setze jetzt auf vernünftige Gespräche am Samstag und Sonntag." Danach werde er seine "Schlussfolgerungen" ziehen. Falls es keine Vereinbarung gibt, soll der CSU-Vorstand am Montag über "Optionen" reden.

    Seehofer will mit Merkel und Gabriel über mehrere Punkte sprechen: Er nannte die von der CSU geforderten Schnellabschiebeunterkünfte ("Transitzonen") für chancenlose Asylbewerber in Grenznähe, den Schutz der EU-Außengrenzen, die Kontingentierung von Flüchtlingen und die angestrebte Vereinbarung der

    Zehn Fakten über Asylbewerber in Bayern

    Nach Zahlen, die das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familien und Integration im Internet veröffentlicht, kamen im Jahr 2014 exakt 173.072 Asylbewerber nach Deutschland, davon kamen 25.667 nach Bayern.

    Von den 25.667 Asylbewerbern, die Bayern im Jahr 2014 zugeteilt wurden, stammen die meisten aus Syrien (5624 Personen), danach folgen die Herkunftsländer Eritrea (2557), Afghanistan (1906) und Nigeria (1890).

    Grob gesagt darf jeder dritte Asylbewerber in Deutschland bleiben. Wer als Asylberechtigter im Sinne des Grundgesetzes anerkannt wird oder Flüchtlingsschutz erhält, weil im Heimatland Gefahr droht, bekommt eine dreijährige Aufenthaltserlaubnis.

    Für Unterbringung und Versorgung von Asylbewerbern und andere Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz investierte der Freistaat im Jahr 2014 etwa 410 Millionen Euro.

    Die Dauer eines Asylverfahrens ist in jedem Bundesland anders. Nach den aktuellsten Zahlen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge dauert ein Verfahren im Bundesdurchschnitt 5,3 Monate, in Bayern durchschnittlich 4,7 Monate.

    Flüchtlinge aus Kriegs- und Krisengebieten haben nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Pro Asyl derzeit die besten Chancen, in Deutschland bleiben zu dürfen, zum Beispiel Menschen aus Syrien, Eritrea, Afghanistan, dem Irak und Somalia.

    Asylbewerber aus den Balkan-Staaten Serbien, Mazedonien sowie Bosnien und Herzegowina haben nur geringe Aussichten auf Erfolg. Der Grund: Diese Länder gelten seit November 2014 als so genannte sichere Herkunftsstaaten.

    Flüchtlinge erhalten pro Monat ein Taschengeld von 140 Euro. Für alle weiteren notwendigen Ausgaben (Ernährung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege) erhalten Alleinstehende außerhalb von Erstaufnahmeeinrichtungen monatlich 212 Euro. Insgesamt sind das also 352 Euro. Das entspricht dem Sozialhilfeniveau.

    Nach den Bestimmungen des Bundesrechts dürfen Asylbewerber in den ersten drei Monaten ihres Aufenthalts in Deutschland nicht arbeiten und keine Ausbildung machen. Danach bekommen sie eine eingeschränkte Arbeitserlaubnis, erst nach 15 Monaten haben sie einen freien Zugang zum Arbeitsmarkt.

    Flüchtlinge, die kein Aufenthaltsrecht in Deutschland bekommen, werden in einem schriftlichen Ablehnungsbescheid zur Ausreise aufgefordert. Innerhalb einer bestimmten Frist müssen sie dann das Land verlassen. Wer in dieser Frist nicht ausreist, dem droht die zwangsweise Abschiebung. (jsn)

    Allein am Montag hatten 10 000 Flüchtlinge die österreichisch-deutsche Grenze überschritten, am Dienstag waren es nach den Zahlen des bayerischen Innenministeriums 7400. Kanzlerin Merkel stemmt sich gegen die Forderung der CSU, eine Obergrenze für die Zahl der Flüchtlinge festzulegen, die Deutschland aufnimmt. dpa/AZ

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