Finanzwesen

Schwarzgeld im Kleinwalsertal?

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    Ermittler haben die Sparkasse Allgäu im Visier. Sie steht im Verdacht, Steuerhinterzieher unterstützt zu haben.
    Ermittler haben die Sparkasse Allgäu im Visier. Sie steht im Verdacht, Steuerhinterzieher unterstützt zu haben. Foto: Ralf Lienert (Symbolbild)

    Erst eröffnete die Staatsanwaltschaft in Münster ein Verfahren, dann begann die Staatsanwaltschaft Augsburg aktiv zu ermitteln, jetzt wird die Sparkasse Allgäu wegen möglicher Schwarzgeldkonten bei ihrer ehemaligen Filiale im österreichischen Kleinwalsertal auch noch ein Fall für den Landtag. Die Allgäuer Grünen-Abgeordneten Thomas Gehring und Uli Leiner und ihr Regensburger Kollege Jürgen Mistol wollen von der Staatsregierung unter anderem wissen, ob der Verwaltungsrat der Sparkasse Allgäu „seine Aufgabe zur Kontrolle ausreichend wahrgenommen hat“. Der politische Hintergrund: Dem Gremium gehörten im fraglichen Zeitraum auch der Präsident des Sparkassenverbandes Bayern, Ulrich Netzer, und der Chef der CSU-Fraktion im Landtag, Thomas Kreuzer, an.

    Augsburg: Ermittlungen richten sich gegen "verantwortliche Handelnde"

    Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Augsburg richten sich nicht gegen Mitglieder des Verwaltungsrats, sondern gegen „verantwortlich Handelnde“ in der Bank, also gegen einzelne Mitarbeiter und Vorstände. Es besteht der Verdacht, dass sie Kunden der Sparkasse geholfen haben, Steuern zu hinterziehen. Aus diesem Grund wurden bereits im Frühjahr Geschäftsräume durchsucht und mögliches Beweismaterial beschlagnahmt. Ergebnisse gibt es noch nicht, heißt es bei der Strafverfolgungsbehörde in Augsburg. Die Staatsanwaltschaft in Münster macht, wie berichtet, keine Angaben zu ihrem Verfahren. Sie verweist auf das Steuergeheimnis.

    Die Grünen zielen auf die Kontrolleure der Bank

    Die Anfrage der Grünen zielt dagegen auf die Kontrolleure der Bank, also Verwaltungsrat und Sparkassenaufsicht: Was war der Zweck der Filiale im Kleinwalsertal? Wo lag ihr geschäftlicher Schwerpunkt? Und vor allem: Hätte den Kontrolleuren und Aufsehern bewusst sein müssen, dass die Filiale in Riezlern „von Kunden zur Steuervermeidung in Deutschland benutzt wurde“?

    Tatsächlich befasst war der Verwaltungsrat der Sparkasse Allgäu nach Informationen unserer Zeitung mit einem komplizierten juristischen Problem. Es ging um die Frage, ob in Erbschaftsfällen bestimmte Kontodaten dem deutschen Fiskus gemeldet werden können. Die Sparkasse Allgäu ist dazu nach deutschem Recht wie alle anderen Banken in Deutschland seit 2006 verpflichtet. Den Mitarbeitern der Filiale im Kleinwalsertal aber war dies nach österreichischem Recht verboten. Sie hätten sich strafbar gemacht. Andere deutsche Banken umgehen dieses Problem in Österreich bis heute, indem sie österreichische Tochterunternehmen gründen. Die Geschäftsstelle der Sparkasse Allgäu in Riezlern im Kleinwalsertal aber wurde seit rund 80 Jahren schon als Filiale geführt und unterlag somit deutschem wie österreichischem Recht.

    Kollision zwischen deutschem und österreichischem Recht

    Um aus dieser Zwickmühle herauszukommen, versuchte der Verwaltungsrat der Sparkasse Allgäu, eine höchstrichterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Sache ging bis zum Europäischen Gerichtshof (EuGH). Doch auch dieser Richterspruch löste das Problem offenbar nicht. Laut EuGH sei klar, dass eine deutsche Sparkasse entsprechend deutschem Gesetz die Kontodaten melden muss. Die Kollision mit österreichischem Recht aber bleibe bestehen. Deshalb, und angeblich auch aus wirtschaftlichen Gründen, habe der Verwaltungsrat entschieden, die Filiale im Kleinwalsertal zu schließen. Wegen der Vorgänge in den Jahren zuvor ermitteln die Staatsanwaltschaften.

    CSU-Fraktionschef Kreuzer und Sparkassenpräsident Netzer wollten sich wegen der laufenden Ermittlungen nicht äußern. Kreuzer versicherte aber: „Ich bin der festen Überzeugung, dass der Verwaltungsrat die Angelegenheit ordnungsgemäß erledigt hat.“ Die Grünen warten auf die Antwort der Staatsregierung.

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