In der Debatte um erneut hohe Schulden im Kampf gegen die Corona-Krise hat die Opposition die Pläne von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) als Wahlkampf-Haushalt scharf kritisiert. Der Kanzlerkandidat der SPD verrate nicht, wie die Lücken in seiner Finanzplanung gestopft werden sollten, lautete ein Kritikpunkt. Scholz verteidigte hingegen seine Pläne, auch 2021 fast 100 Milliarden Euro zusätzlicher Kredite aufzunehmen: "Nicht handeln wäre viel teurer als handeln", betonte er.
Der Bundestag berät in dieser Woche den Haushaltsentwurf der großen Koalition für das kommende Jahr und die unverbindliche Finanzplanung für die Folgejahre. Scholz unterstrich, 2021 müssten wegen der Corona-Krise viele Hilfsprogramme fortgesetzt werden, etwa Überbrückungshilfen für Unternehmen und das Kurzarbeitergeld. Zugleich dürfe der Bund aber Investitionen in wichtige Zukunftsthemen wie den Klimaschutz nicht vernachlässigen. Daher seien erneut Kredite in Höhe von 96,2 Milliarden Euro nötig. Andernfalls riskiere man die Zukunft des Landes.
Der Vizekanzler hält diese Verbindlichkeiten für tragbar - auch weil Deutschland selbst damit noch deutlich geringer verschuldet sei als viele andere Länder schon vor dem Ausbruch der Pandemie. Die Schuldenquote im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung werde auf 75 bis 76 Prozent steigen. In der Finanzkrise 2009 habe sie bei mehr als 80 Prozent gelegen.
Finanzminister Olaf Scholz will Steuererhöhungen, falls er zum Kanzler gewählt wird
"Was uns durch die Krise gebracht hat, sind die hohe Wirtschaftskraft unseres Landes, ein tragfähiges Gemeinwesen und ein Gesundheitssystem, das in der Lage ist, seine Menschen zu schützen. Dies sollten wir in Zukunft bewahren und ausbauen", forderte Scholz. Im Bundeshaushalt gehe es um viel Geld, "aber es geht auch darum, wie wir eigentlich sein wollen".
Die Union pocht indes darauf, nach dem Krisenjahr 2021 schnell zur schwarzen Null zurückzukehren. Schulden dürften auf keinen Fall zum Dauerzustand werden, sagte Fraktionschef Ralph Brinkhaus. "Schulden sind ein süßes Gift." Sie führten in Versuchung, alle Probleme mit Geld lösen zu wollen.
Grüne, FDP und AfD kritisieren Haushalt der Regierung
Die AfD wehrte sich als einzige Fraktion offen dagegen, die Schuldenbremse im kommenden Jahr erneut auszusetzen. Ihr Haushälter Peter Boehringer warf der Koalition "hysterisches Regierungshandeln" vor, das wirtschaftliche Probleme erst herbeigeführt habe. Die dadurch notwendigen Ausgaben könnten auch aus der 48 Milliarden Euro starken Rücklage gestemmt werden, die Scholz nicht antaste.
Die FDP kritisierte vor allem, Scholz lege einen Kanzlerkandidaten-Haushalt vor, der von der nächsten Bundesregierung ausgebadet werden müsse. "Das hat mit vernünftiger Haushaltsführung nichts mehr zu tun", meinte ihr Haushaltsexperte Otto Fricke. So wolle der Finanzminister in seinem Etatentwurf für das kommende Jahr keine Ausgabe und keine Subvention wesentlich kürzen. Stattdessen solle nach der Krise noch mehr ausgegeben werden als davor.
Die Grünen warnten vor einem harten Sparkurs nach der Krise. "Es darf kein Kaputtsparen nach Corona geben", sagte der Haushälter Sven-Christian Kindler. Man dürfe nicht bei sozialer Sicherheit und kommunaler Infrastruktur streichen, nur um ab 2022 wieder zur Schuldenbremse zurückzukehren. Stattdessen müsse mutig in die Zukunft investiert werden, etwa in Klimaschutz und Verkehrswende. Um das zu finanzieren, sollten einerseits starke Schultern mehr tragen, "denn sie können auch mehr tragen". Zugleich aber sollte die Schuldenbremse reformiert werden.
Die Linke forderte eine komplette Abschaffung der Schuldenbremse und eine Vermögensteuer für Millionäre und Milliardäre. Die Einhaltung der schwarzen Null habe in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass viel zu wenig investiert worden sein, sagte die Haushälterin Gesine Lötzsch. Nötig sei ein Zukunftsprogramm für Bildung, Wohnen, Gesundheit und Klimaschutz. (dpa)
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