DAK-Studie

Fehltage durch psychische Probleme haben sich verdreifacht

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    Depressionen, Angst- und Anpassungsstörungen stehen ganz oben auf der Liste, wenn es um Ursachen für Fehltage im Berufsleben geht.
    Depressionen, Angst- und Anpassungsstörungen stehen ganz oben auf der Liste, wenn es um Ursachen für Fehltage im Berufsleben geht. Foto: Victoria Bonn-Meuser

    Die Zahlen sind alarmierend: Seit 1997 hat sich die Menge der Fehltage im Berufsleben, die vor allem durch Depressionen oder Anpassungsstörungen verursacht werden, mehr als verdreifacht. Wurden 1997 „nur“ 76,7 Fehltage je 100 Versicherte wegen psychischer Erkrankungen registriert, waren es 2017 – und das ist der bisherige Höchststand – 250 Fehltage, 2018 sind es dann immerhin noch 236. Das ergab eine Langzeit-Analyse, die die Krankenkasse DAK vorstellte. Dabei waren die Daten von 2,5 Millionen berufstätigen Versicherten ausgewertet worden. Dass die Zahl der Fehltage zwar gestiegen ist, ist auch Fachärzten wie etwa Dr. Albert Putzhammer, Ärztlicher Direktor der Bezirksklinik Kaufbeuren, überaus vertraut. „Aber dieses hohe Ausmaß ist selbst für uns überraschend“, sagte der Psychiater gegenüber unserer Redaktion.

    Anpassungsstörungen sind als Krankheit noch nicht so bekannt

    Einen großen Anteil an dieser Entwicklung haben inzwischen die sogenannten Anpassungsstörungen, die im Bewusstsein der Bevölkerung noch nicht unbedingt präsent sind. „Anpassungsstörungen sind Reaktionen auf sehr belastende Situationen oder Ereignisse – etwa als erheblich empfundener Druck im Berufsleben, in der Schule – aber auch Trauer“, erläutert Putzhammer. „Die Symptome von Anpassungsstörungen sind beispielsweise Traurigkeit, Depressivität, Angst, sozialer Rückzug, Angespanntheit, aber manchmal auch Aggressivität.“ Bei der Anpassungsstörung handle es sich um eine konkrete Erkrankung, die bloß deshalb nicht sehr bekannt ist, weil sie in ihrer Bedeutungsschwere quasi „unterhalb“ einer ausgewachsenen Depression oder Angststörung rangiert.

    Die positive Nachricht ist: Gelingt es, den Belastungsfaktor zu beseitigen oder einen anderen Umgang damit herzustellen, ist eine Anpassungsstörung gut psychotherapeutisch behandelbar. Oft auch ohne den Einsatz von Medikamenten.

    In der DAK-Studie wird allerdings darauf verwiesen, dass sich die Zahl der Fehltage wegen psychischer Erkrankungen wohl auch deshalb verdreifacht habe, weil Betroffene heute eher als früher mit ihren Problemen zum Arzt gehen – und dann eben krankgeschrieben werden. Die eigentliche Zahl der Betroffenen habe sich hingegen nicht vergrößert. „Das ist absolut korrekt, das ist wissenschaftlich belegt“, sagt der Kaufbeurer Chefarzt. „Ein wichtiger Grund für mehr Fehltage ist aber zusätzlich die sich immer weiter verdichtende Arbeitswelt mit ihren Anforderungen an den Menschen.“

    Bayern steht am besten da

    Erfreulich für Bayern ist sicher das Studienergebnis, wonach Bayern im Bundesvergleich die wenigsten Fehltage pro 100 Versicherte aufweist: 193 im Jahr 2018. Die zweitwenigsten Fehltage weist Baden-Württemberg auf – mit 214 Fehltagen. Trauriger Spitzenreiter ist das Saarland mit 312 Fehltagen. Putzhammer ist sich sicher, dass auch die – gute oder schlechte – wirtschaftliche Lage eines Bundeslandes sich in der psychischen Befindlichkeit der Menschen abbildet.

    Wer nun denkt, dass psychische Erkrankungen inzwischen den Löwenanteil der Ursachen bei den Fehlzeiten in Deutschland ausmacht, der täuscht sich. Ganz weit vorn – mit 325 Fehltagen pro 100 Versicherten im Jahr 2018 – liegen die Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems. „Ganz häufig geht es dabei um Rückenschmerzen“, sagt DAK-Sprecher Florian Kastl. Etwa gleichauf mit den psychischen Erkrankungen liegen in Deutschland Probleme mit dem Atmungssystem – also etwa Asthma, Husten, Bronchitiden. Wegen Krebs werden hingegen weniger Fehltage registriert – 60 pro 100 Versicherte.

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