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Familienförderung: Auf die Kinder kommt es an

Familienförderung

Auf die Kinder kommt es an

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    In einem sind sich alle Parteien einig: Sie wollen Familien mit Kindern fördern. Über die Frage, was "Familie" bedeutet, wird aber gestritten.
    In einem sind sich alle Parteien einig: Sie wollen Familien mit Kindern fördern. Über die Frage, was "Familie" bedeutet, wird aber gestritten. Foto: Frank Leonhardt

    Ein halbes Jahr vor der Wahl erlebt eine alte Idee einen neuen Frühling: Mit einem Umbau des Ehegattensplittings will die CDU dafür sorgen, dass die „klassische“ Familie vom Finanzamt auch in Zukunft großzügiger behandelt wird als eine Homo-Ehe. Beim Familiensplitting, das bereits seit dem Jahr 2007 im Programm der Christdemokraten steht, würde die Zahl der Kinder über die jeweilige Steuerlast entscheiden und nicht nur der Trauschein oder die Urkunde einer eingetragenen Partnerschaft.

    Wie funktioniert das Ehegattensplitting eigentlich – und was soll sich künftig ändern?

    Beim bisherigen, 1958 eingeführten Splitting werden die Einkommen von Mann und Frau addiert und anschließend gleichmäßig auf beide Partner verteilt. Sind beide Einkommen etwa gleich hoch, ist der Effekt nicht allzu groß. Verdient ein Partner aber deutlich mehr als der andere oder ein Partner überhaupt nichts, kann sich der Steuervorteil auf mehr als 15 000 Euro im Jahr addieren. Das liegt am progressiven Steuertarif: Wer einmal 80 000 Euro zu versteuern hat, zahlt mehr Steuern als für zweimal 40 000 Euro. Beim Familiensplitting würde die Steuerlast auch auf die Kinder verteilt. Eine Familie mit zwei Kindern würde in unserem Beispiel dann für viermal 20 000 Euro Steuern zahlen.

    Den Fiskus käme eine solche Reform also teuer zu stehen. Ist das in Zeiten knapper Kassen zu schaffen?

    Mit gut 20 Milliarden Euro im Jahr ist das Ehegattensplitting eine der teuersten familienpolitischen Leistungen. Beim Familiensplitting kämen nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung noch einmal bis zu 13 Milliarden Euro an Steuerausfällen dazu. Solche Summen hält auch Familienministerin Kristina Schröder für „unrealistisch.“ Ein Modell für ein abgespecktes Splitting will sie noch vor der Wahl vorlegen.

    Wie könnte eine günstigere Alternative aussehen?

    In Koalitionskreisen wird gerne auf das Beispiel Frankreich verwiesen: Dort zählen das erste und das zweite Kind wie ein halber Erwachsener, das dritte und jedes weitere Kind werden wie ein ganzer Erwachsener behandelt. In unserem Beispiel hieße das: Bei einer vierköpfigen Familie würde ein Einkommen von 80 000 Euro auf drei Köpfe verteilt, bei einer fünfköpfigen Familie auf vier. Alternativ dazu könnte die Koalition auch die Kinderfreibeträge anheben. Allen Varianten ist dabei eines gemeinsam: Je mehr jemand verdient, umso stärker wird er entlastet. Auch deshalb dürfte es schwer werden, eine solche Reform durch den rot-grün dominierten Bundesrat zu bringen. „Das Familiensplitting“, sagt die SPD-Frau Dagmar Ziegler, „ist ein teures Wahlgeschenk für reiche Familien.“

    Auch in der Union gibt es Abgeordnete, die sich für eine steuerliche Gleichstellung der Homo-Ehe stark machen. Umgekehrt regt sich in FDP und CSU Widerstand gegen das Familiensplitting. Wer will in der Koalition eigentlich was?

    Das kommt darauf an, wen man fragt. Sozialministerin Ursula von der Leyen zum Beispiel will das Ehegattensplitting durch eine „Kinderkomponente“ ergänzen und auch Kinder, die bei unverheirateten Eltern oder bei gleichgeschlechtlichen Paaren aufwachsen, in das Familiensplitting mit einbeziehen. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt will weder das Familiensplitting noch die steuerliche Gleichstellung homosexueller Paare. „Das Ehegattensplitting“, sagt er, „darf nicht angetastet werden.“ Die FDP wiederum möchte schwule und lesbische Paare noch in dieser Wahlperiode ins Ehegattensplitting aufnehmen. Für den Vorschlag des CDU-Abgeordneten Jens Spahn, diese Frage parteiübergreifend zu klären und den Fraktionszwang aufzuheben, kann sich in den oberen Etagen der Koalition bisher jedoch niemand erwärmen. Nach den Worten von CSU-Chef Horst Seehofer will die Union erst das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes über die steuerliche Gleichbehandlung homosexueller Paare abwarten. In jedem Fall müssten Ehe und Familie auch künftig „besonders geschützt“ sein.

    Kaum ein Land fördert die Familien mit so viel Geld wie die Bundesrepublik – und hat gleichzeitig so niedrige Geburtenraten. Muss der Finanzminister da nicht irgendwann die Reißleine ziehen?

    Nach Informationen des Spiegel lässt Wolfgang Schäuble seine Beamten gerade mehrere Alternativen durchrechnen. Danach darf das neue Modell niemanden schlechterstellen als das bisherige – und muss trotzdem bezahlbar bleiben. Am Ende dieses Prozesses könnte ein radikaler Umbau der Familienförderung stehen, bei dem zur Finanzierung des Familiensplittings womöglich das Kindergeld und der Kinderfreibetrag wegfallen würden. Lediglich Eltern, die keine oder fast keine Steuern zahlen, bekämen dann noch eine Art Kindergeld. Als das Ehegattensplitting geschaffen wurde, sagt Ursula von der Leyen, sei der Steuervorteil noch bei den Kindern angekommen, weil Ehe und Familie gewissermaßen eins waren. Mittlerweile jedoch lebe ein Drittel der Kinder nicht mehr bei verheirateten Eltern.

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