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Familienaffäre: Landtag stoppt höhere Mitarbeiterpauschale

Familienaffäre

Landtag stoppt höhere Mitarbeiterpauschale

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    Der Landtag stoppt die bereits angedachte Erhöhung der Mitarbeiterpauschale. Die CSU plant einen Ehrenkodex für CSU-Abgeordnete.
    Der Landtag stoppt die bereits angedachte Erhöhung der Mitarbeiterpauschale. Die CSU plant einen Ehrenkodex für CSU-Abgeordnete. Foto: Ralf Lienert

    Die CSU-Spitze überlegt weiter, wie sie die Folgeschäden der öffentlichen Empörung über die Verwandtenaffäre in den Griff bekommen könnte. Parteichef Horst Seehofer will bei der CSU-Vorstandssitzung am Montag in München ein weiteres Mal zu den Konsequenzen Stellung nehmen. Nach Informationen aus Parteikreisen ist ein Ehrenkodex für CSU-Abgeordnete im Gespräch.

    Landtag legt Erhöhung der Mitarbeiterpauschale auf Eis

    Im Landtag sind sich die fünf Fraktionen laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung inzwischen einig, die angedachte Erhöhung der Mitarbeiterpauschale auf Eis zu legen. Beschlossene Sache war die Erhöhung der Pauschale von 7300 auf 9000 Euro noch nicht – das hätte erst der neue

    Verwandtenaffäre: Barbara Stamm will Stellenwert der Abgeordneten stärken

    Davon unabhängig gibt es in diesem Jahr mehr Geld für die Abgeordneten: Diäten und Kostenpauschale werden am 1. Juli um 250 Euro – gut zwei Prozent – auf 10 526 Euro steigen. Die Steigerung ist automatisch und richtet sich nach dem durchschnittlichen Anstieg von Löhnen und Preisen im Vorjahr.

    Chronologie der "Verwandtenaffäre"

    15. April: Das Buch "Die Selbstbediener - Wie bayerische Politiker sich den Staat zur Beute machen" von Hans Herbert von Arnim erscheint und tritt die Diskussion um die "Familienaffäre" los. Zwei Tage später diskutiert der bayerische Landtag über Arnims Kritik.

    19. April: Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) veröffentlichte eine Liste von 17 Abgeordneten, die bis vor Kurzem rechtmäßig Verwandte ersten Grades beschäftigten.

    19. April: Ministerpräsident Horst Seehofer fordert die betroffenen Parteimitglieder auf, die Beschäftigungsverhältnisse mit ihren Familienangehörigen sofort zu beenden. CSU-Fraktionsvorsitzender Georg Schmid und Kultusminister Ludwig Spaenle kündigen daraufhin ihren Ehefrauen.

    23. April: Die Summe des Honorars von Georg Schmids Frau wird bekannt: Sie erhielt für ihre Leistungen monatlich zwischen 3.500 und 5.500 Euro brutto.

    25. April: Georg Schmid tritt aufgrund des schwindenden Rückhalts in der CSU und des medialem Drucks als Fraktionsvorsitzender zurück. Ein Neuburger Bürger zeigt Georg Schmids Ehefrau Gertrud wegen Scheinselbstständigkeit an.

    29. April: Georg Winter tritt als Haushaltsausschussvorsitzender im bayerischen Landtag zurück. Er hatte seine beiden Söhne im Alter von 13 und 14 Jahren sowie seine Frau beschäftigt. Die Staatsanwaltschaft Augsburg prüft Ermittlungen gegen Georg Schmid und seine Ehefrau wegen Scheinselbstständigkeit.

    30. April: Münchens Oberbürgermeister und SPD-Spitzenkandidat Christian Ude fordert Schmid und Winter auf, auch ihre Landtagsmandate niederzulegen. Mittlerweile sind 17 Abgeordnete der CSU, zwei der SPD, ein Grüner sowie Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger in die Familienaffäre verwickelt.

    2. Mai: Georg Schmid gibt seinen Rückzug aus der Berufspolitik bekannt. Justizministerin Beate Merk, Landwirtschaftsminister Helmut Brunner und Kulturstaatssekretär Bern Sibler räumen ein, enge Verwandte beschäftigt zu haben.

    3. Mai: Landtagspräsidentin Barbara Stamm veröffentlicht eine Liste mit 79 Abgeordneten, die nach 2000 Familienangehörige beschäftigt haben oder hatten. Kultusminister Spaenle kündigt an, das volle Gehalt seiner Frau zurückzuerstatten. Ministerpräsident Seehofer fordert betroffene Abgeordnete auf, diesem Beispiel zu folgen.

    4. Mai: Fünf Kabinettsmitglieder kommen der Forderung Seehofers nach und wollen dem Staat die Gelder zurücküberweisen.

    6. Mai: Ministerpräsident Seehofer stellt seinen Drei-Punkte-Plan zur Überwindung der Familienkrise vor. Das Landtagsamt vertritt die Meinung, dass die Anstellung von Georg Winters Söhnen illegal war. Der will daraufhin das komplette Gehalt seiner Söhne an die Staatskasse zurückzahlen.

    7. Mai: Die Anti-Korruptions-Organisation Transparency International fordert alle betroffenen Abgeordneten auf, die Gelder zurückzuerstatten. Die Staatsanwaltschaft Ausburg will gegen den zurückgetretenen CSU-Fraktionschef Georg Schmid nach Angaben des Landtags ein Ermittlungsverfahren einleiten. Die Staatsanwaltschaft Augsburg kommentiert den Bericht vorerst jedoch nicht.

    8. Mai: Der Bayerische Oberste Rechnungshof schaltet sich in die Affäre ein. Er will rückwirkend die Vergabe von Abgeordneten-Jobs an Familienangehörige sowie die Neuregelung des Abgeordnetengesetzes prüfen.

    23. Februar 2014: Auf dem Höhepunkt der Verwandtenaffäre im Landtag beschließt die CSU einstimmig einen Verhaltenskodex. Der CSU-Ehrenvorsitzende Theo Waigel hatte zusammen mit anderen CSU-Spitzenpolitikern den Kodex für ihre politischen Mandatsträger entwickelt, um Filz- und Amigo-Vorwürfen künftig jede Grundlage zu entziehen.

    25. Februar: Der schwäbische SPD-Abgeordnete Harald Güller wird im Rahmen der Verwandtenaffäre wegen Betrugs verurteilt. Er hatte den Sohn seiner Frau aus erster Ehe im Jahr 2009 für zwei Monate beschäftigt und 7500 Euro für Gehalt und Sozialversicherungsbeiträge aus der Landtagskasse gezahlt. Die Richterin argumentierte, dass Güller, der selbst Jurist ist, vorsätzlich gehandelt habe. Güllers Anwalt kündigte Berufung an.

    11. Juni: Nach einer Verfassungsklage der SPD werden im Landtag die Summen veröffentlicht, die Kabinettsmitglieder ihren Verwandten bezahlt haben. Bei den fünf Ministern und Staatssekretären der CSU – Helmut Brunner, Ludwig Spaenle, Gerhard Eck, Franz Pschierer und Bernd Sibler – liegt die Gesamtsumme der gezahlten Vergütungen seit 1997 bei über 1,3 Millionen Euro.

    25. Juli: Die Staatsanwaltschaft Augsburg erhebt Anklage gegen Georg Schmid. Der frühere CSU-Fraktionschef soll 350.000 Euro Sozialabgaben nicht bezahlt haben. Im Einzelnen lauten die Vorwürfe auf vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in 262 Fällen sowie Steuerhinterziehung in 59 Fällen. Seiner Frau werden Beihilfe und Steuerhinterziehung vorgeworfen.

    Die Initiative für die Erhöhung war im Konsens mit den Fraktionen von Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) ausgegangen. „Es war mein Wille, den Stellenwert des Parlaments und der Abgeordneten zu stärken“, sagte die Politikerin aus Würzburg im Gespräch mit unserer Zeitung. „Natürlich weiß ich um den erneuten Vertrauensschwund“, betonte Stamm. „Dem können wir nur mit Transparenz entgegenwirken und deshalb werden wir die Mitarbeiterentschädigung für Familienangehörige in jeglicher Form mit dem neuen Abgeordnetenrecht verbieten.“

    Georg Winter darf trotz Verwicklung in der Verwandtenaffäre für den Landtag kandidieren

    Stamm rief dazu auf, die Vorgänge differenziert zu sehen. „Oft ging es ja um eine geringfügige Beschäftigung zum Beispiel von Ehefrauen. Ziel war, dass das Abgeordnetenbüro nicht nur stundenweise, sondern immer erreichbar war.“ Deswegen dürften nicht alle, die die Altfall-Regelung genutzt hätten, pauschal diskreditiert werden.

    Aus einem Protokoll des Ältestenrats des Landtags von 2006 geht hervor, dass die Problematik den Fraktionen schon vor Jahren bewusst war. Die damaligen Fraktionschefs von CSU und SPD, Joachim Herrmann und Franz Maget, plädierten für Änderungen. Doch der damalige Landtagspräsident Alois Glück (CSU) lehnte dies ab.

    Der nordschwäbische CSU-Abgeordnete Georg Winter, der zwei minderjährige Söhne als Mitarbeiter beschäftigt hatte, darf seine Karriere fortsetzen. Der Bezirksvorstand der schwäbischen CSU sprach ihm das Vertrauen aus. Er kann nun erneut für den Landtag kandidieren.  (mit dpa)

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