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FDP-Sonderparteitag: Überraschende Gewinner und Verlierer

FDP-Sonderparteitag

Überraschende Gewinner und Verlierer

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    Die beiden können sich freuen: Nachdem Philipp Rösler und Rainer Brüderle heftig kritisiert wurden, hat ihnen die FDP den Rücken gestärkt. Auf dem Sonderparteitag kam es auch zu weiteren Überraschungen.
    Die beiden können sich freuen: Nachdem Philipp Rösler und Rainer Brüderle heftig kritisiert wurden, hat ihnen die FDP den Rücken gestärkt. Auf dem Sonderparteitag kam es auch zu weiteren Überraschungen. Foto: Michael Kappeler dpa

    Dirk Niebel ahnt, welches Unheil gleich über ihn hereinbrechen wird. Mit versteinerter Miene sitzt er auf seinem Platz inmitten der baden-württembergischen Delegierten, regungslos, den Blick starr in die Ferne gerichtet, von Fotografen und Kameraleuten umringt.

    Auf dem Sonderparteitag der FDP in Berlin geht es am Wochenende um seine Zukunft in der Führungsspitze der Freidemokraten, schon vor dem Treffen im tiefsten Neukölln gibt es nur wenige, die glauben, dass der Entwicklungsminister seinen Platz im Präsidium behalten wird. Die Zeit über Niebel ist hinweggegangen, er gilt als Protagonist der alten

    FDP aus Baden-Württemberg verliert an Einfluss

    Und so kommt es am späten Samstagabend so, wie es kommen muss: Niebel fällt durch, nur 165 Delegierte geben ihm ihre Stimme, womit er abgeschlagen hinter Wolfgang Kubicki und Gesundheitsminister Daniel Bahr landet. Seinen Platz im Präsidium ist er damit los – zum Entsetzen des Landesverbandes Baden-Württemberg, der zuvor schon ohnmächtig verfolgen musste, wie Birgit Homburger gleich zwei Mal bei der Wahl zur stellvertretenden Parteichefin durchfällt und gegen den Sachsen Holger Zastrow den Kürzeren zieht.

     Erst im dritten Anlauf zieht sie als Beisitzerin ins Präsidium ein. Dirk Niebel selber nimmt seine Niederlage gelassen auf. „Ich gehe erhobenen Hauptes aus der Veranstaltung“, sagt er gegenüber unserer Zeitung, „ich habe mich nicht weggeduckt, sondern habe mit offenem Visier gekämpft.“

    Alltagsfragen der Menschen sollen aufgegriffen werden

    Es ist ein eigenartiger Parteitag im Neuköllner Hotel „Estrel“. Vorgezogen wurde er nach der Niedersachsen-Wahl im Januar, um die schwelende Führungskrise der Liberalen zu lösen und einen Nachfolger des angeschlagenen Parteichefs Philipp Rösler zu wählen. Doch ausgerechnet der Vizekanzler und Wirtschaftsminister geht gestärkt aus dem zweitägigen Treffen hervor.

    Mit einer kämpferischen und emotionalen Rede, in der er die Partei aufruft, stärker als bisher die „Lebenswirklichkeit der Menschen“ und die „Alltagsfragen“ aufzugreifen, überzeugt er die Delegierten. Sie bestätigen ihn mit 85,7 Prozent der Stimmen im Amt des Parteichefs, eine Marke, die kein Stellvertreter erreicht.

    Kubicki verhindert Durchmarsch der Jungstars

    Der hoch gehandelte frühere Generalsekretär Christian Lindner kommt überraschend nur auf magere 77,8 Prozent, Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger erhält 83,7 Prozent und der Sachse Holger Zastrow setzt sich in der Stichwahl mit 49,7 Prozent gegen Birgit Homburger durch. Und auch Generalsekretär Patrick Döring muss sich mit 65,6 Prozent der Stimmen begnügen.

    Die größte Überraschung des Abends gelingt dem Außenseiter Wolfgang Kubicki. Nach einer furiosen Rede besiegt der Fraktionschef im Kieler Landtag zwei Bundesminister, Daniel Bahr und Dirk Niebel, und verhindert so einen Durchmarsch der liberalen Jungstars.

    Philipp Rösler ist der Gewinner des Tages

    Von einem „reinigenden Gewitter“ spricht hinterher Lindner, von einer „lebendigen und selbstbewussten Parteibasis“ Kubicki. Einig sind sich dagegen alle, dass Rösler der Gewinner des Tages ist. „Seit der Niedersachsenwahl hat er erkannt, dass ihm keine Gefahr mehr droht, er wirkt befreit und entwickelt seine Positionen“, sagt der Allgäuer Stephan Thomae.

    Rösler wie Fraktionschef Rainer Brüderle, der am Sonntag einmütig zum Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl gekürt wird, rufen die Partei zur Geschlossenheit wie zum Kampf um jede Stimme auf. Sie sprechen sich für die Fortsetzung der schwarz-gelben Koalition aus und kritisieren die rot-grüne Opposition scharf, setzen sich aber inhaltlich deutlich vom Koalitionspartner ab. „Die Union hat ein bisschen viel sozialdemokratischen Speck angesetzt“, sagt Brüderle bei seinem gefeierten Auftritt.

    Ab sofort gelte es, den blaugelben Kampfanzug anzulegen. „Auf in den Kampf! Wir überlassen nicht diesen Fuzzis, diesen fehlprogrammierten Typen unser Land.“ Da kennt der Jubel der Delegierten keine Grenzen mehr.

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