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FDP: Philipp Rösler unter Beobachtung

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Philipp Rösler unter Beobachtung

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    Guido Westerwelle war zehn Jahre lang Bundesvorsitzender der FDP. Wie lange schafft es  Philipp Rösler in der Position zu bleiben?
    Guido Westerwelle war zehn Jahre lang Bundesvorsitzender der FDP. Wie lange schafft es Philipp Rösler in der Position zu bleiben? Foto: Soeren Stache/Archiv dpa

    Das politische Jahr beginnt für die deutsche Freidemokratie traditionell mit dem Dreikönigstreffen in Stuttgart. Diesmal allerdings werden die Weichen für die nächsten Monate erst zwei Wochen später gestellt – bei der Landtagswahl in Niedersachsen am 20. Januar. Wenn die FDP dort den Einzug in den Landtag verpasst, dürfte Philipp Rösler als Parteichef nicht mehr zu halten sein. Gleichzeitig würde sich damit auch die Frage stellen, wer die Liberalen im September eigentlich in die Bundestagswahl führen soll.

    Entwicklungsminister Dirk Niebel hat die Spekulationen um Röslers politische Zukunft jetzt um eine weitere, bislang noch nicht diskutierte Variante bereichert: Die gegenwärtige Praxis in der FDP, nach der der Parteivorsitzende auch der Spitzenkandidat ist, sei „kein Grundgesetz“, sagt Niebel im Gespräch mit unserer Zeitung. Wenn er wolle, könne ihm die Kandidatur zwar niemand streitig machen. Das Beispiel der SPD zeige jedoch, dass der Parteichef nicht zwingend auch der Spitzenkandidat sein müsse. Die Entscheidung der Sozialdemokraten für Peer Steinbrück, findet Niebel, entbehre ja nicht einer gewissen Logik: „Mit Sigmar Gabriel würde ich auch nicht in die Wahl ziehen.“

    Verliert die FDP die Geduld mit Rösler?

    Dass die Jungen Liberalen sich nun über einen „unsinnigen Vorstoß eines Egomanen“ erregen und die Nachrichtenagenturen aus seinen eher theoretischen Überlegungen die Schlagzeile gedrechselt haben, er plädiere für eine Doppelspitze im Wahlkampf, hält Niebel zwar für „überinterpretiert“. Bei bundesweiten Umfragewerten um die vier Prozent verliert die Partei jedoch allmählich die Geduld mit ihrem Vorsitzenden, der bei seiner Wahl im Mai vergangenen Jahres versprochen hatte: „Ab heute wird geliefert.“ Auch in Niedersachsen, Röslers eigenem Landesverband, sieht es bislang nicht allzu gut aus: Hier liegt die FDP, die bisher gemeinsam mit der CDU regiert, im Moment nur noch bei drei Prozent.

    Das ist Philipp Rösler

    Philipp Rösler wurde wahrscheinlich am 24. Februar 1973 in Khán Hyng, einem vietnamesischen Dorf südlich von Saigon, geboren. Er war gerade neun Monate alt, als er von einer norddeutschen Familie adoptiert wurde. Bis dahin hatte er in einem katholischen Waisenhaus gelebt.

    Als sich seine Adoptiveltern trennten, blieb er bei seinem Vater, einem Hubschrauberpiloten, Berufssoldaten und Fluglehrer der Bundeswehr. Die Mutter wanderte nach Südamerika aus.

    1992 machte Philipp Rösler an der Lutherschule Hannover sein Abitur. Anschließend wurde er Sanitätsoffizieranwärter bei der Bundeswehr, bevor er an der Medizinischen Hochschule Hannover schließlich Humanmedizin studierte. 2002 promivierte er zum Dr. med.

    Rösler trat 1992 der FDP bei. Seit 1996 gehört er zum Landesvorstand der FDP Niedersachsen. Im selben Jahr wurde er Landesvorsitzender der Jungen Liberalen Niedersachen. Er behielt das Amt bis 1999.

    Im Jahr 2000 trat er durch seine Taufe der römisch-katholischen Kirche bei. Seit 2008 zählt Rösler zur Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken.

    Von 2000 bis 2004 war Philipp Rösler ehrenamtlicher Generalsekretär der FDP Niedersachsen. Ab 2003 verdingte er sich als Vorsitzender der FDP-Landtagsfraktion in Niedersachsen und als Mitglied im niedersächsischen Landtag.

    Seit 2002 ist er mit der Ärztin Wiebke Rösler verheiratet. Das Paar hat am 28. Oktober 2008 die Zwillingstöchter Grietje und Gesche bekommen. Die Familie lebt in Isernhagen in der Nähe von Hannover.

    Im Februar 2009 wurde er schließlich Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr sowie stellvertretender Ministerpräsident in Niedersachsen. Acht Monate später übernahm er das Gesundheitsministerium und im Mai 2011 das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie.

    Philipp Rösler ist Bundesvorsitzender der FDP und seit Mai 2011 der Stellvertreter von Angela Merkel.

    2006 suchte Rösler zum ersten Mal sein Geburtsland auf. Laut eigener Aussage entsprach er damit dem Wunsch seiner Frau, die "gern wissen wollte, woher ich komme".

    Wie groß die Unruhe in der Partei ist, hat der Landesparteitag in Baden-Württemberg vor zwei Wochen gezeigt, bei dem ein Putsch des früheren Landesvorsitzenden Walter Döring gegen seine Nachfolgerin Birgit Homburger nur dadurch vermieden werden konnte, dass die Delegierten Niebel auf Platz eins ihrer Liste für die Bundestagswahl setzten und nicht die Chefin der Landespartei. Im Südwesten hat die FDP damit also schon eine Doppelspitze.

    Wer wird Spitzenkandidat der FDP?

    Der Einfluss des umtriebigen Entwicklungsministers in der Partei ist dadurch nicht geringer geworden, auch wenn er sich aus den Personaldebatten erkennbar heraushält. Vor allem deshalb gelten Fraktionschef Rainer Brüderle und der nordrhein-westfälische Landesvorsitzende Christian Lindner bisher als aussichtsreichste Kandidaten für den Fall der Fälle: Röslers Scheitern. In dieser Situation könnte auch eine Doppelspitze Sinn machen: Lindner hat im Frühjahr im Landtagswahlkampf versprochen, in Düsseldorf zu bleiben. Das heißt im Umkehrschluss: Er könnte zwar Parteivorsitzender werden, nicht aber Spitzenkandidat für die Bundestagswahl 2013.

    Formell nominiert die FDP eigentlich gar keinen Spitzenkandidaten – de facto allerdings war es mit Ausnahme des Jahres 1990 stets der Vorsitzende. Damals führten Otto Graf Lambsdorff und Hans-Dietrich Genscher die Liberalen gemeinsam in die erste Bundestagswahl nach der Wiedervereinigung.

    FDP: Brüderle gilt als heimlicher Parteichef

    Im Flurfunk der Partei macht seit einigen Tagen das Gerücht die Runde, Genscher plädiere für eine Doppelspitze aus Brüderle und Lindner. Mit Ausnahme des ewigen Störenfrieds Wolfgang Kubicki aus Kiel allerdings hat bisher noch kein prominenter Liberaler Rösler öffentlich infrage gestellt. Selbst Brüderle, der längst als heimlicher Parteichef gilt, lässt sich zu keinem kritischen Halbsatz über den jungen Vorsitzenden hinreißen, sondern versichert ihm unablässig seine Solidarität. Über seine eigenen Ambitionen in der Politik sagt der 67-Jährige lediglich: „Adenauer fing mit 73 Jahren erst an. Und wie sagte er? Man soll der Güte des lieben Gottes nicht vorzeitig enge Grenzen setzen.“

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