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FDP-Parteitag: Mit Lindner aus der Krise

FDP-Parteitag

Mit Lindner aus der Krise

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    Der Bundesvorsitzende der FDP, Christian Lindner, beim Bundesparteitag der FDP in Dresden.
    Der Bundesvorsitzende der FDP, Christian Lindner, beim Bundesparteitag der FDP in Dresden. Foto: Arno Burgi, dpa

    Vor der Halle parkt der Wagen des Vorsitzenden – und sein Kennzeichen ist Programm. D für Düsseldorf, wo er als Fraktionschef im Landtag sitzt. CL für Christian Lindner. 2017 für das Jahr, das bei den Liberalen vielleicht über Sein oder Nichtsein entscheidet.

    Der Mann, der sie bis zur nächsten Bundestagswahl am Leben halten soll, macht sich nichts vor. „Wir sind in einer schwierigen Phase“, räumt Lindner schon zum Auftakt des Dresdner Parteitages ein. „Aber die FDP ist politikfähig.“

    Ein paar Stunden später werden die 600 Delegierten unter anderem ein neues Rentenkonzept beschließen, nach dem jeder Arbeitnehmer vom 60. Lebensjahr an selbst entscheiden soll, wann er in den Ruhestand gehen will – eine Art Gegenentwurf zur teuren

    Lindner rechnet mit Bundesregierung ab

    Eigentlich geht es an diesem Wochenende vor allem darum, die tief gefallene Partei auf die Europawahl in zwei Wochen einzuschwören und den liberalen Spitzenkandidaten Alexander Graf Lambsdorff noch einmal in Szene zu setzen. Mit Europa, dem Euro und der Krise in der Ukraine aber hält Lindner sich nicht lange auf. Sein fast eineinhalbstündiger Auftritt ist vor allem eines: eine Generalabrechnung mit der Großen Koalition, mit ihren „roten Agenda-Abwicklern“ und den „schwarzen Gefälligkeitspolitikern“, deren Geschäftsmodell auf niedrigen Zinsen und höherem Wachstum fuße.

    Das ist Christian Lindner

    Christian Wolfgang Lindner wurde 1979 in Wuppertal geboren.

    Zwischen 2000 und 2009 war er Mitglied im Landtag in Nordrhein-Westfalen. Dort ist er seit 2012 auch wieder vertreten.

    Zwischen 2009 und 2012 war Lindner Mitglied des Deutschen Bundestages.

    2009 bis 2011 war Lindner Generalsekretär der Bundes-FDP.

    Von 1999 bis 2006 studierte Lindner Politikwissenschaft, Staatsrecht und Philosophie in Bonn.

    Während seines Studiums schlug er eine Reserveoffizierslaufbahn bei der Luftwaffe ein.

    Lindner war schon als freiberuflicher Unternehmensberater tätig.

    Auf den Rat seines Vaters hin trat Lindner mit 16 Jahren der FDP bei.

    Lindner ist seit August 2011 mit der Zeit-Journalistin Dagmar Rosenfeld-Lindner verheiratet.

    Nach der Wahl-Schlappe der FDP 2013 wird der inzwischen 34 Jahre alte Christian Lindner im Dezember 2013 zum FDP-Chef gewählt.

    Die neue Regierung, höhnt Lindner, sei „in den Status quo verliebt“. Schon ein Anstieg des Zinsniveaus um einen Prozentpunkt jedoch koste den Finanzminister 13 Milliarden Euro im Jahr. Wolfgang Schäuble habe einfach nur mehr Glück als einst Hans Eichel.

    Unten, im Saal, sitzen mit den ehemaligen Ministern Guido Westerwelle, Philipp Rösler, Dirk Niebel, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Rainer Brüderle die Gesichter der historischen Schmach vom 22. September, als die FDP zum ersten Mal in ihrer Geschichte aus dem Bundestag flog. Oben, auf den Plätzen des Präsidiums, gruppiert sich um den Ehrenvorsitzenden Hans-Dietrich Genscher herum die neue Garde der FDP, die nun vier Jahre lang gegen den schleichenden Bedeutungsverlust ankämpfen soll – allen voran der smarte Lindner und sein umtriebiger Stellvertreter Wolfgang Kubicki.

    AFD ist größter Gegner der FDP

    Ihr gegenwärtig größter Gegner allerdings sind nicht Konservative, Grüne oder Sozialdemokraten, sondern die Alternative für Deutschland. Schon einmal, mahnt Lindner, sei eine Partei bei einer Europawahl mit Ängsten und Ressentiments erfolgreich gewesen, nämlich Franz Schönhubers Republikaner 1989. Und wer genau hinsehe, werde zwischen ihnen und der AfD auch jede Menge Parallelen entdecken: „gleiche Farbe, gleiches Programm, gleiche politische Stoßrichtung“.

    Ihren Parteitag haben die Liberalen nicht ohne Grund nach Dresden vergeben. Sachsen, wo Ende August gewählt wird, ist das letzte Bundesland, in dem noch eine schwarz-gelbe Koalition regiert. Bei Umfragewerten um die vier Prozent für die FDP aber läuft auch diese Bastion Gefahr, geschliffen zu werden. „Niemand hier macht sich Illusionen“, sagt ein Spitzenliberaler in

    Stoppt Lindner den Abwärtstrend?

    Auch der sächsische Landesvorsitzende Holger Zastrow, ein 45-jähriger PR-Fachmann, redet die Lage nicht schöner, als sie ist: „Die Gefahr des Scheiterns besteht.“ So einseitig auf die Union fixiert wie die Parteifreunde in Sachsen allerdings sind längst nicht mehr alle in der FDP. Der baden-württembergische Delegierte Rudi Rentschler zum Beispiel hat aufmerksam verfolgt, wie die österreichischen Neos Liberalität und Modernität miteinander verbinden, eine neue, erst vor knapp zwei Jahren gegründete Partei, die nicht so staatstragend-kühl klingt wie die deutsche FDP und auch bei Frauen und jüngeren Wählern Erfolg hat. Die Neos haben, wie Rentschler findet, etwas, das der alten FDP im Moment noch fehlt: „eine Vision“.

    Christian Lindner wäre fürs Erste schon froh, wenn die FDP bei der Europawahl ihren Abwärtstrend stoppen könnte und bei den Wahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg im Spätsommer nicht zu sehr gerupft wird. Dazu aber müssen die Mitglieder auch vergessen können, was war: „Man kann nicht kämpfen, wenn man die Hosen voller als das Herz hat“, sagt er.

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