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Extinction Rebellion: Justizministerin Lambrecht warnt Klima-Rebellen vor Gewalt

Extinction Rebellion

Justizministerin Lambrecht warnt Klima-Rebellen vor Gewalt

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    Bei einer Kundgebung der Bewegung Extinction Rebellion im April bliockierten die Teilnehmer die Oberbaumbrücke in Berlin-Kreuzberg.
    Bei einer Kundgebung der Bewegung Extinction Rebellion im April bliockierten die Teilnehmer die Oberbaumbrücke in Berlin-Kreuzberg. Foto: Christoph Soeder, dpa

    Laufen die Klimaproteste aus dem Ruder? Für Montag ruft die Bewegung „Extinction Rebellion“ nicht mehr nur zu Kundgebungen auf, sondern auch zu Straßenblockaden. Die Aktivisten wollen den Verkehr in Berlin und anderen Städten lahmlegen. "Wir machen friedliche Aktionen des zivilen Widerstandes, weil wir kein anderes Mittel mehr sehen, diese Katastrophe aufzuhalten", sagte eine Organisatorin am Freitag in Berlin. "Tausende Menschen" würden dazu in den kommenden Tagen aus Berlin, Deutschland, Polen, Dänemark und Schweden anreisen.

    Doch es gibt auch Befürchtungen, dass die bislang friedlichen Proteste in Misskredit gebracht werden. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht warnt die Gruppe jedenfalls vor gewaltsamen Aktionen. „Es gehört zu den großen Errungenschaften unseres Rechtsstaats, dass man in der Öffentlichkeit friedlich für seine Überzeugungen demonstrieren darf“, sagt die SPD-Politikerin im Gespräch mit unserer Redaktion – und betont zugleich: „Dies muss aber im Rahmen des geltenden Rechts geschehen – nicht zuletzt, um weder sich noch andere zu gefährden.“

    Extinction Rebellion will den Verkehr in Berlin behindern

    Insgesamt sollen sich die Aktionen über "mindestens eine Woche" hinziehen. Für Montagmittag ist zunächst eine Aktion am Potsdamer Platz angekündigt. Zur gleichen Zeit soll im Regierungsviertel eine pinke Arche eröffnet werden, die an das Artensterben erinnern soll. Auf welche Art die Aktivisten den Verkehr behindern wollen, verrieten sie nicht. "Wir empfehlen Autofahrern, das Auto stehen zu lassen", sagte eine der Organisatorinnen. Aktionen, die den U- und S-Bahnverkehr behindern, seien nicht geplant. Ob auch die Berliner Flughäfen Ziel von Protesten sind, sagten die Aktivisten nicht.

    Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD).
    Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD). Foto: Christoph Soeder, dpa

    Extinction Rebellion bedeutet ins Deutsche übersetzt etwa „Rebellion gegen das Aussterben“ oder auch „Aufstand gegen das Aussterben“ Die Gruppe sieht sich als „internationale gesellschaftspolitische Bewegung“ mit dem Ziel, „den für das Klima nötigen umfassenden und tiefgreifenden Wandel herbeizuführen“.

    Die Bewegung setzt dabei nach eigenen Angaben auf „strikte Gewaltfreiheit“, ist aber gleichwohl ein anderes Kaliber als Fridays for Future. In Berlin etwa wurden bereits Sitzblockaden trainiert, die Teilnehmer lernten dabei auch, wie man sich von Polizisten wegtragen lässt. Seit Wochen schon sind kleine Gruppen in der Stadt unterwegs, die Häuserwände mit „#Berlinblockieren“-Plakaten bekleben. Zur Untermauerung der Forderungen wurde kürzlich die Parteizentrale der Linken besetzt. Vor dem Kanzleramt hat sich ein sogenanntes Klimacamp eingerichtet.

    Extinction Rebellion kämpft für ähnliche Ziele wie Fridays for Future - mit härteren Mitteln

    Extinction Rebellion wurde im Oktober 2018 in Großbritannien ins Leben gerufen, hat inzwischen aber auch in Deutschland viele Unterstützer, wie etwa in Augsburg, in Ulm und im Allgäu. Zu den Gründern gehört der britische Klimaaktivist Roger Hallam, der aus seinen radikalen Ansichten keinen Hehl macht. „Konventionelle Aktionsformen wie Demos, E-Mail-Kampagnen und Lobbyarbeit sind Schrott, sie haben nicht den nötigen Effekt“, sagte er in einem seiner seltenen Interviews dem Spiegel. Die Organisation sammelt Spenden, ist aber kein Verein im eigentlichen Sinne. Wer sich an die zehn XR-Prinzipien hält, der kann mitmachen.

    Nach Erkenntnissen des baden-württembergischen Verfassungsschutzes sind die Klimaaktivisten nicht dem extremistischen Spektrum zuzuordnen. Es hätten sich „bislang keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für eine extremistische Bestrebung der XR ergeben“, heißt es in einer vom Landtag in Stuttgart veröffentlichten Mitteilung. Auffällig wurden XR-Angehörige demnach vor allem wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz. In einigen Fällen wurden von der Polizei Nötigung, Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung notiert. Verurteilungen gab es den Angaben zufolge bislang nicht.

    Im Vergleich zu den überwiegend jungen Fridays-for-Future-Aktivisten haben die XR-Gruppen offenbar jedoch durchaus das Zeug, den Protest gegen die Klimapolitik der Regierungen weltweit auf eine neue Ebene zu heben.  „Die gegenwärtigen Klimaproteste haben erkennbar eine stark gewaltfreie Orientierung“, hat der Politikwissenschaftler Michael Zürn beobachtet. Es gehe primär um die demokratische Auseinandersetzung über ein Thema, weniger um die gesellschaftliche Ordnung. „Gleichzeitig gibt es angesichts des Erfolges der Bewegung zunehmend Versuche, sie durch andere Gruppierungen zu instrumentalisieren“, sagte er unserer Redaktion. „Die Frage der Abgrenzung von protestbereiten, aber eher gewaltorientierten Gruppierungen wird erhebliche Spannungen in die Klimabewegung hineintragen, sie unter Umständen sogar schwächen“, erklärte Zürn, der unter anderem Professor für Internationale Beziehungen an der Freien Universität Berlin ist.

    XR will „das Risiko der Auslöschung der Menschheit und des Kollapses unserer Ökosysteme verkleinern“. Ein Ansinnen, dem sich viele Prominenten anschließen können. In einem offenen Brief fordern sie Kanzlerin Angela Merkel, die Bundesregierung und den Bundestag dazu auf, „sofort drastische Maßnahmen gegen die sich verschärfende ökologische Krise zu ergreifen“. Zu den Unterzeichnern gehören Regisseur Fatih Akin, die Schauspielerin Karoline Eichhorn, der Autor Rocko Schamoni und Ärzte-Schlagzeuger Bela B.

    Lesen Sie dazu auch: So gehen Klimaschützer in Augsburg mit Radikalen um

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