Von Winfried Züfle Augsburg. Der britische Fußballklub Manchester City wechselte in den vergangenen zwei Jahren zweimal den Besitzer. Erst erstand ihn der reichste Mann Thailands und Ex-Premierminister Thaksin Shinawatra für umgerechnet knapp 120 Millionen Euro. Vor wenigen Wochen kaufte eine Investorengruppe aus Dubai Thaksin den Verein für 300 Millionen ab.
Während den Fußballfan am meisten interessiert, dass die neuen Besitzer aus Arabien umgehend den brasilianischen Weltstar Robinho verpflichteten, fällt dem politischen Beobachter auf, dass der umstrittene Politiker aus Asien nebenbei an die 200 Millionen Euro verdient hat.
Thaksin ist der Mann, der Thailand spaltet. Der Konflikt um die Besetzung der Bangkoker Flughäfen lässt sich nur vor dem Hintergrund des märchenhaften Aufstiegs dieses Mannes aus Chiang Mai im Norden Thailands verstehen.
Was Thaksin anfasst, wird zu Geld. Der heute 59-Jährige begann seine berufliche Laufbahn als Polizist, brachte es dann aber als Telekommunikations-Unternehmer und durch Beteiligungen an Internet-, Fernseh- und Handyfirmen zu einem Milliardenvermögen. Ende der 1990er Jahre beschloss er, in die Politik zu gehen, und gründete die Partei "Thai Rak Thai" (Thais lieben Thais). Der armen Landbevölkerung versprach er Jobs und eine bezahlbare ärztliche Versorgung.
Viele vergleichen Thaksin mit dem italienischen Medienzaren und derzeitigen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi. Beide machten als Selfmademen ein Riesenvermögen und griffen dann nach der politischen Führung ihres Landes. Beide haben auch noch eine musische Ader: Während Berlusconi traditionelle Canzoni singt, verfasste Thaksin ein populäres Bühnenstück.
2001 gewann der "Berlusconi Asiens" die Wahlen. Zur allgemeinen Überraschung hielt der Populist Wort: Die Gesundheitsversorgung auf dem Land wurde verbessert, die Bauern konnten billige Kredite erhalten, die Wirtschaft boomte. Thaksin brachte nicht nur das Kunststück fertig, als erster und bisher einziger Premierminister Thailands eine ganze Legislaturperiode durchzuhalten, sondern ihm gelang 2005 auch noch eindrucksvoll die Wiederwahl.
Allerdings vergaß er auch nicht, weiter in die eigene Tasche zu wirtschaften. 2006 verkaufte Thaksin sein Telekommunikationsunternehmen für umgerechnet 1,5 Milliarden Euro nach Singapur, sorgte aber durch ein Sondergesetz dafür, dass der Deal steuerfrei blieb. Dies gab den zum ersten Mal in der Geschichte Thailands ins Abseits geratenen reichen Familien in Bangkok den willkommenen Anlass, den Populisten aus dem Norden als korrupt und Verräter an den Interessen des Landes darzustellen. Die traditionelle Elite des Königreichs, Geschäftsleute und Royalisten, aber auch Gewerkschafter standen hinter der "Allianz für die Demokratie" (PAD), die monatelange Demonstrationen organisierte und den Rücktritt Thaksins forderte.
Das Militär erledigte schließlich mit Rückendeckung von König Bhumibol den Job: Während Thaksin im September 2006 bei den Vereinten Nationen in New York weilte, erklärten ihn die Generäle für abgesetzt, Thaksins Partei wurde verboten. Der Geschasste kehrte erst im Februar 2008 nach Thailand zurück, verließ das Land aber wieder, ehe ihn ein Gericht wegen Amtsmissbrauchs zu zwei Jahren Haft verurteilte. Derzeit lebt er in Dubai.
Das Volk hielt trotz des Putsches und trotz aller Eskapaden Thaksins weiter zu dem umstrittenen Führer. Als es im Dezember 2007 wieder freie Wahlen in Thailand gab, erhielten Thaksins Gefolgsleute, die sich in der Partei der Volksmacht (PPP) neu organisierten, eine klare Mehrheit. Zusammen mit ihren Koalitionspartnern verfügen sie über 70 Prozent der Sitze im Parlament.
Doch die traditionelle Elite und die Neureichen wollten sich damit nicht abfinden und erweckten die Protest-Allianz PAD zu neuem Leben. Ironischerweise will das "Bündnis für die Demokratie" die Ergebnisse von freien Wahlen nicht akzeptieren und plant, in künftigen Parlamenten einen Großteil der Abgeordneten ernennen zu lassen. Seit August wird in Bangkok wieder demonstriert. Erst wurde das Regierungsgebäude belagert, seit wenigen Tagen kamen die Flughäfen dazu.
Die Regierung wankt. Der erste Premier nach der Neuwahl, Samak Sundaravej, musste gehen, weil sich eine Kochsendung im Fernsehen nicht mit seinem Regierungsamt vertrug. Sein Nachfolger Somchai Wongsamwat, ein Schwager Thaksins, wird jetzt von den Demonstranten erst recht als Marionette Thaksins geschmäht. Doch auch das Pro-Regierungslager macht inzwischen auf den Straßen mobil.
Trotz der teils berechtigten Korruptionsvorwürfe bemühen sich die Thaksin-Leute, den Kindern auf dem Land mehr Bildungschancen zu verschaffen und die wirtschaftliche Lage der vernachlässigten Regionen zu verbessern. Daran sind indes die reichen Familien in Bangkok nicht interessiert, die sich nicht mehr von der Regierung vertreten sehen.
Heute droht Thaksins Gefolgsleuten der nächste Schlag. Ihre Partei PPP könnte wegen des Vorwurfs des Stimmenkaufs gerichtlich verboten werden, der Premier verlöre dann sein Amt. Thailand drohen unruhige Zeiten. Am Ende könnte Thaksin der Einzige sein, der die Lage wieder unter Kontrolle bringt.