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Europawahl 2014: Die Quittung für die CSU

Europawahl 2014

Die Quittung für die CSU

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    Für CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer ist das Ergebnis der Europawahl eine Niederlage.
    Für CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer ist das Ergebnis der Europawahl eine Niederlage. Foto: Peter Kneffel, dpa

    Der Höhenflug Horst Seehofers ist zu Ende, die CSU auf Normalmaß gestutzt. Ganze 40,5 Prozent: Wovon die meisten europäischen Parteien nur träumen können, ist für die mit dem 50-Prozent-Plus-Gen ausgestattete bayerische Regierungspartei eine krachende Niederlage. Der Vorsitzende Seehofer hat sein erklärtes Ziel, den Siegeszug bei der Landtags- und Bundestagswahl mit einem weiteren imponierenden Erfolg zu krönen, grandios verfehlt.

    Das schlechteste Ergebnis seit sechs Jahrzehnten, drei von acht Mandate im Europäischen Parlament futsch, dazu die Schmach, erstmals das bundesweite Ergebnis der Union nach unten gedrückt zu haben: Das ist ein Debakel für eine Partei, die sich ihrer eben erst wiedergewonnenen dominierenden Stellung in Bayern sicher zu sein schien und nun plötzlich als die große Verliererin dasteht.

    Viele Stammwähler sind nicht zur Wahl gegangen

    Woran hat es gelegen? Erstens sind viele Stammwähler der CSU zu Hause geblieben – sicher auch deshalb, weil es nicht um die Wurst, die Macht in Bayern, ging. Zweitens hatte es die CSU in Gestalt der AfD mit einer neuen konservativen, rechts von der Mitte operierenden Konkurrenz zu tun.

    Und drittens, der bei Weitem wichtigste Faktor: Die schon mehrfach erprobte Strategie, die CSU als europafreundliche und zugleich äußerst EU-kritische Partei vorzuführen, ist diesmal gründlich schiefgegangen. Dass die CSU das Unbehagen vieler Bürger aufgreift und

    Die europapolitische Linie ist verlorengegangen

    Doch ist über dem kräftigen, mit antieuropäischem Unterton gewürzten „Ja, aber“ eine glaubwürdige und klare europapolitische Linie verloren gegangen. Die Tiraden gegen Brüssel und den angeblich massenhaften Sozialmissbrauch erweckten zeitweise den Eindruck, als ob sich die CSU um eines Wahlerfolges willen von ihren proeuropäischen Grundüberzeugungen distanziere.

    Und wie verlässlich wirkt eine Partei, die kein gutes Haar an der EU lässt, bisher aber noch jede wichtige Entscheidung mitgetragen hat und viel mehr an Reformen verspricht, als sie auch nur anstoßen kann?

    Die Verantwortung liege beim Ministerpräsidenten

    Nein, bei dieser Europawahl ist das alte, von Seehofer virtuos beherrschte Spiel der CSU mit Stimmungen an seine Grenzen gestoßen. Es war Seehofer, der diesen viele Wähler irritierenden Kurs vorgegeben und den alten EU-Skeptiker Gauweiler in die erste Linie zurückbeordert hat. Der Ministerpräsident trägt die Verantwortung für diese Niederlage.

    Seehofer ist noch stark genug, um eine Führungs- und Nachfolgedebatte im Keim zu ersticken – er, und niemand sonst, war es ja, der die Macht für die CSU gerettet hat. Aber er wird sich nun häufiger mit kritischen Fragen nach der Gradlinigkeit und Verlässlichkeit seiner Politik konfrontiert sehen. Unantastbar ist Seehofer nicht mehr.

    GroKo darf sich bestätigt fühlen

    Der Absturz der CSU ist so ziemlich das Aufregendste, was die Europawahl im Hinblick auf die innenpolitische Statik zu bieten hat. Die SPD spürt ein bisschen Aufwind, die Union bleibt dank Merkel stärkste Kraft. Die Große Koalition insgesamt darf sich nach diesem Stimmungstest bestätigt fühlen. Eine sehr große Mehrheit steht zum europapolitischen Kurs der Regierung.

    Es gab, im Gegensatz zu vielen anderen EU-Ländern, keinen „Rechtsruck“. Der Protestpartei AfD ist mit sieben Prozent ein Achtungserfolg gelungen, der sich allerdings im Lichte des weitverbreiteten Ärgers über Euro-Rettungspakete und Brüsseler Dirigismus eher bescheiden ausnimmt. Die nächsten Landtagswahlen werden darüber entscheiden, ob sich die AfD – das Wählerpotenzial hierfür ist vorhanden – dauerhaft etablieren kann oder ob sie wieder von der Bildfläche verschwindet.

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