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Europäische Union: Flüchtlingspolitik: Merkel kommt in der EU nicht weiter

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Flüchtlingspolitik: Merkel kommt in der EU nicht weiter

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    Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Ankunft am Brüsseler EU-Gipfel: „Selektive Solidarität kann es nicht geben.“
    Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Ankunft am Brüsseler EU-Gipfel: „Selektive Solidarität kann es nicht geben.“ Foto: Olivier Matthys, dpa

    Der Streit um die Flüchtlingspolitik überschattete den ersten Tag des EU-Gipfels. Dabei zog sich ausgerechnet Donald Tusk, als Ratspräsident Gastgeber des Treffens der 28 Staats- und Regierungschefs, den Unmut der meisten Staatenlenker zu. „Sinnlos“, „ineffektiv“, „freundlich gesagt: sehr unverständlich“ – selten war der Auftakt eines EU-Gipfeltreffens von derart rüden Tönen gegen den Chef der Runde geprägt. Sogar Bundeskanzlern Angela Merkel wischte die Ausarbeitungen des Polen über die bisherige Asylpolitik mit klaren Worten und großer Schärfe im Ton vom Tisch: „Die Beratungsunterlagen reichen nicht aus“, sagte sie. „Selektive Solidarität kann es nicht geben. Das jetzige Dublin-System funktioniert überhaupt nicht.“

    Unverständlich für viele hatte Tusk in seinem Einladungsschreiben die Bemühungen um den 2015 ersonnenen Verteilschlüssel, der Quote für Flüchtlinge, als „wirkungslos“ bezeichnet und die Zuständigkeit für die Asylbewerber von der europäischen Ebene weg den Mitgliedstaaten zugeschoben. Zwar korrigierte er anschließend die Passage noch einmal. Doch da war es schon zu spät.

    Die meisten der 28 Staats- und Regierungschefs zeigten sich vor allem deswegen so aufgebracht, weil sie gestern Abend ausloten wollten, welche Vorschläge zur Entspannung des Zuwandererproblems bis Mitte 2018 durchsetzbar sind.

    EU: In der Flüchtlingspolitik gibt es vier Widerständler

    Zumal aus Polen, Tschechien, Ungarn und der Slowakei der Widerstand anhielt, mehr als ein paar Handvoll Schutzsuchende ins Land zu lassen, anhielt. Die vier Regierungen kündigten aber überraschend an, 35 Millionen Euro über die römische Regierung als Treuhänder des EU-Afrika-Hilfsfonds an Libyen zu zahlen, damit Tripolis eine effizientere Grenzsicherung installieren kann. Das klang gut, wurde in Brüssel aber sofort als Versuch entlarvt, sich aus der Verantwortung rauszukaufen. „Ein schamloses Verhalten“, sagte der niederländische Regierungschef Mark Rutte.

    Hinter verschlossenen Türen gab es am Abend wieder mehr Sachlichkeit, wenn auch nicht weniger Ärger. Die meisten Staaten wollen an der Idee einer Verteilung der Migranten durch eine europäische Asylbehörde zumindest in Zeiten hoher Zahlen festhalten. Da die vier Widerständler dafür aber auf keinen Fall zu gewinnen sein würden, heckten die Berater der Staats- und Regierungschefs im Hintergrund einen Plan aus, der vertraglich möglich wäre: Für diesen Weg bräuchte man keine Einstimmigkeit beim Gipfel, eine qualifizierte Mehrheit würde reichen. Mit anderen Worten: Die meisten Chefs, die das für einen vernünftigen Weg halten, wären in der Lage, Warschau, Prag, Bratislava und Budapest zu überstimmen und so auf eine EU-Linie zu zwingen.

    EU-Staaten verlängern Wirtschaftssanktionen gegen Russland

    In einer anderen Frage zeigten sich die EU-Staaten jedoch einig. Sie gaben grünes Licht für eine Verlängerung der Wirtschaftssanktionen gegen Russland wegen der Ukraine-Krise. Diplomaten zufolge sollen die Strafmaßnahmen weitere sechs Monate bis Ende Juli kommenden Jahres in Kraft bleiben. Die Sanktionen richten sich unter anderem gegen russische Staatsbanken und die wichtige russische Öl- und Gasindustrie. Sie sind seit 2014 in Kraft und laufen aktuell noch bis Ende Januar. Formal muss die Verlängerung um weitere sechs Monate nach dem Gipfel noch von den Mitgliedstaaten beschlossen werden.

    Die EU-Chefs distanzierten sich auch von der Kehrtwende in der Jerusalem-Politik der USA. Die Haltung der EU zum Status der Stadt bleibe „unverändert“, hieß es laut Ratspräsident Tusk. mit afp

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