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Europäische Union: Diskussion kommt in Bewegung: Wie die EU militärisch stärker werden soll

Europäische Union

Diskussion kommt in Bewegung: Wie die EU militärisch stärker werden soll

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    Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell will die militärische Einsatzfähigkeit der EU stärken. Unter anderem soll die Eingreiftruppe deutlich ausgebaut werden.
    Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell will die militärische Einsatzfähigkeit der EU stärken. Unter anderem soll die Eingreiftruppe deutlich ausgebaut werden. Foto: Francoise Mori, dpa

    In die verteidigungs- und sicherheitspolitische Diskussion innerhalb der EU kommt Bewegung. Die Außenminister debattierten am Montagabend gemeinsam mit ihren Kollegen aus den Verteidigungsministerien über die künftige Richtung der

    So soll es etwa eine europäische Eingreiftruppe geben, die bis zu 5000 Soldaten umfassen und bis 2025 voll einsatzfähig sein soll. Man erlebe die „Rückkehr der Machtpolitik“, heißt es in dem Papier, und das nicht nur mit militärischen Mitteln, sondern auch mit Cyberangriffen, privaten Armeen und der Kontrolle über Rohstoffe wie seltene Erden. Oder eben auch mit der Instrumentalisierung von Migranten, wie Europa gerade im Falle von Belarus erfahren muss. „Die klassische Unterscheidung von Krieg und Frieden ist immer schwieriger geworden“, so Borrell.

    Von der Leyen hatte die Debatte über Sicherheitspolitik der EU vor zwei Jahren entfacht

    Ein Abschied von dem Gedanken, dass Europa ohne größere militärische Fähigkeiten seine Interessen verteidigen kann? Es ist bereits zwei Jahre her, dass die gerade frisch gewählte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in ihrer ersten Grundsatzrede feststellte, dass die „soft power“ der EU nicht mehr genüge, wenn sich die Europäer in der Welt behaupten wollten. Vielmehr müsse man „auch die Sprache der Macht lernen“. Nun unterfütterte die Brüsseler Behörde von der Leyens Worte mit Inhalten. „

    Andererseits fordern Mitglieder wie etwa Frankreich mehr Eigenständigkeit. Weil die Erfahrung gelehrt hat, wie aufwendig und langwierig sich Militäreinsätze gestalten, wirbt Borrell für den Einsatz von Artikel 44 des EU-Vertrags. Der ermöglicht es den Mitgliedstaaten, eine Koalition der Willigen mit einem Einsatz zu betreuen – und so die Entscheidungsfindung zu beschleunigen. Die Pläne der Kommission belegen einen bemerkenswerten Kurswechsel in Brüssel. Denn es ist noch nicht lange her, dass die damalige Außenbeauftragte Federica Mogherini mit Stolz auf die „soft power“ der EU verwiesen hat, „weil wir die Besten in diesem Bereich sind“.

    Außenbeauftragter Borrell geht beim Thema Sicherheit weiter als seine Vorgängerin Mogherini

    Zwar betonte auch sie, dass die Idee, dass Europa ausschließlich eine „zivile Macht“ darstelle, der sich verändernden Realität nicht gerecht werde und „,soft power‘ und ,hard power‘ Hand in Hand“ gingen. Borrell geht aber nun deutlich weiter.

    Ein weiteres brisantes Thema des Treffens war die Lage an der Grenze zwischen Polen und Belarus. Im Niemandsland herrschen Verzweiflung und Temperaturen um den Gefrierpunkt, doch es gibt für die Menschen weder ein Weiterkommen noch eine Rückkehr. Vor ihnen Zäune und polnische Sicherheitskräfte, hinter ihnen belarussische Soldaten, die sie gen Stacheldraht drängen. Tausende Migranten sitzen an der polnisch-belarussischen Grenze fest und die Zahl der Hilfesuchenden liegt laut Polizei mittlerweile bei 3500 . Die Lage am Rand der EU spitzt sich weiter zu. Die EU-Außenminister reagieren mit dem Beschluss, ein neues Sanktionsinstrument gegen Belarus – und gegen direkte Helfer des Diktators Alexander Lukaschenko – zu schaffen. Personen und Einrichtungen sollen bestraft werden, die sich an der Schleusung von Migranten beteiligen. Das Ziel? Das Einfliegen der Menschen zu stoppen, die Brüssel zufolge als Waffe eingesetzt werden. Unklar blieb zunächst, ob ausländische Airlines ebenfalls sanktioniert werden. Einige Unternehmen haben laut Borrell bereits Konsequenzen aus den Drohungen gezogen und den Flugverkehr beschränkt oder eingestellt.

    Die Lage im Osten bleibt kritisch:  Migranten versammeln sich sich am Kontrollpunkt Kuznica an der belarussisch-polnischen Grenze.   Die EU-Außenminister haben neue Sanktionen gegen Minsk auf den Weg gebracht.
    Die Lage im Osten bleibt kritisch: Migranten versammeln sich sich am Kontrollpunkt Kuznica an der belarussisch-polnischen Grenze. Die EU-Außenminister haben neue Sanktionen gegen Minsk auf den Weg gebracht. Foto: Leonid Shcheglov, Belta, AP, dpa

    Offiziell sind die Schlepperei-Aktionen als Touristenreisen getarnt. Dubiose Agenturen aus Belarus schicken Hintermänner im Irak oder anderen Ländern des Nahen Ostens oder Nordafrikas los, um Menschen zu rekrutieren und den europäischen Traum zu verkaufen. Dessen vermeintliche Verwirklichung kostet bis zu 5000 Euro und soll laut Versprechen über Belarus führen. Doch statt im Sehnsuchtsort Europa landen die meisten Flüchtlinge erst in Minsk, dann ohne Perspektive an den Grenzen zu Polen, Litauen und Lettland. Um die Praxis der Schlepperei zu stoppen, will die Staatengemeinschaft nicht nur gegen einzelne Personen aus dem Regierungskreis von Diktator Lukaschenko vorgehen, sondern auch gegen Unternehmen, „die einen Beitrag dazu leisteten, dass das belarussische Regime Menschen für politische Zwecke instrumentalisieren kann“, wie der Rat der Mitgliedstaaten mitteilte.

    Belarus muss mit weiteren Sanktionen der EU rechnen

    Dazu gehören auch Fluggesellschaften, insbesondere die staatliche belarussische Airline Belavia, die Migranten aus ihren Herkunftsländern nach Minsk transportiert. Das Unternehmen soll, so das Ziel, künftig keine von europäischen Firmen geleasten Maschinen mehr nutzen dürfen. Aber auch Reiseveranstalter und an der Schleusung beteiligte Mitglieder des Regierungsapparats in Belarus müssen mit verschärften Sanktionen rechnen. „Die Lage ist so dramatisch, dass ich auch die Versagung von Überflugsrechten oder von Landegenehmigungen im europäischen Raum nicht mehr ausschließen kann“, sagte der deutsche Außenminister Heiko Maas (SPD) vor dem Treffen mit seinen Amtskollegen. „Wir werden diesen Weg der Härte weitergehen“, weil es dazu keine vernünftige Alternative gebe. Er warnte zudem: „Wir sind noch lange nicht am Ende der Sanktionsspirale angelangt.“

    Gleichzeitig stellt sich die Frage, wie man mit jenen Menschen umgehen soll, die sich bereits an der Grenze aufhalten. Von einer möglichen Aufnahme war nicht die Rede. Stattdessen müsse man darüber reden, „wie wir sie sicher in ihre Heimat zurückbringen können“, so Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis.

    Maas bezeichnete die Verschärfung der Maßnahmen als Antwort auf die Forderungen des belarussischen Machthabers an die Staatengemeinschaft, die derzeitigen Sanktionen aufzuheben. Diese hatte die EU wegen der Unterdrückung der demokratischen Opposition und der Zivilgesellschaft erlassen. Borrell erkannte – anders als die jüngsten Bilder aus Polen nahelegen – bereits Besserung. Was den Zustrom von Menschen angehe, sei man dabei, die Dinge unter Kontrolle zu bekommen, sagte er.

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