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Europa: Vorwürfe gegen Flüchtlingshelfer

Europa

Vorwürfe gegen Flüchtlingshelfer

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    Deutsches Rettungsschiff Sea Eye vor der libyschen Küste.
    Deutsches Rettungsschiff Sea Eye vor der libyschen Küste. Foto: Iuventa, dpa

    Die vergangenen Tage im südlichen Mittelmeer waren dramatisch. Fotos und Videos dokumentieren mit Flüchtlingen überladene Rettungsschiffe, die teilweise 48 Stunden ohne Pause versuchten, Menschen aus Schlauchbooten vor der Küste Libyens zu bergen. Aquarius, Phoenix, Sea Watch, Iuventa, das sind die Namen einiger Schiffe privater Hilfsorganisationen, die zusammen mit der italienischen Küstenwache allein am Osterwochenende etwa 8500 Menschen in 55 verschiedenen Operationen retteten. 37000 Flüchtlinge wurden seit Jahresbeginn vor Libyen gerettet, das sind 44 Prozent mehr als im selben Zeitraum des Vorjahres. 13000 wurden von privaten Helfern aufgenommen, außerdem griffen Küstenwache, Handelsschiffe und die

    Seit einigen Wochen müssen sich die privaten Hilfsorganisationen, darunter auch fünf deutsche, heftige Vorwürfe aus Italien anhören. Vor Tagen polemisierte Luigi Di Maio, einer der Spitzenpolitiker der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung: „Wer bezahlt diese Mittelmeer-Taxis?“ Di Maio bezog sich auf Behauptungen der Europäischen Grenzschutzagentur Frontex, die in einem Bericht Anfang des Jahres feststellte, die privaten Retter im Mittelmeer förderten unfreiwillig das Geschäft der Schlepper.

    Der Oberstaatsanwalt Carmelo Zuccaro aus Catania verschärfte die Vorwürfe, indem er sagte: „Wir haben Beweise, dass es zwischen einigen Nichtregierungsorganisationen und Menschenhändlern in Libyen direkte Kontakte gibt.“ Seither steht der Vorwurf im Raum, Menschenretter und Menschenhändler machten im Mittelmeer bewusst gemeinsame Sache. Explizit bezog sich Zuccaro auf die maltesische Organisation Moas, vier deutsche Hilfsorganisationen (Life Boat, Sea Watch, Sea Eye, SOS Mediterranee) sowie die spanische Hilfsorganisation Proactiva Openarms. Bisher ist kein förmliches strafrechtliches Ermittlungsverfahren eröffnet. Der Staatsanwalt behauptete, die privaten Rettungsschiffe hätten Telefonanrufe aus Libyen entgegengenommen, Schlauchbooten mit Scheinwerfern den Weg zu ihnen gewiesen und den Funkverkehr plötzlich eingestellt.

    Die Hilfsorganisationen wiesen die Vorwürfe zurück und kündigten rechtliche Schritte gegen den Staatsanwalt an. Sea-Watch-Geschäftsführer Axel Grafmanns sagte: „Zuccaro macht sich zum Teil einer Verleumdungskampagne gegen uns, die Vertreter von Frontex oder Lega Nord antreiben.“ Die Helfer durchkreuzten das „Konzept des kalkulierten Sterbenlassens als Mittel der Migrationskontrolle“, daher sei man ihnen ein Dorn im Auge. Die Vorwürfe seien eine „Beleidigung für die vielen Förderer“, darunter Privatpersonen, die Kirche oder Kindergruppen. Die maltesische Organisation Moas, die ein Aufklärungsflugzeug betreibt, stellte fest, die Zunahme der Rettungsoperationen sei durch die bessere Wetterlage im Frühsommer und die damit ansteigenden Überfahrten zu erklären. Die privaten Rettungsoperationen würden „keinesfalls“ den Anstieg der Überfahrten fördern. Mehrere Vereine versicherten, nur auf Kommando der italienischen Küstenwache aktiv zu werden.

    In Italien wird die Zunahme der Überfahrten im Frühjahr regelmäßig zum Politikum. Politiker behaupten, das Land werde bei der Aufnahme von Flüchtlingen alleingelassen. Im vergangenen Jahr kamen mit mehr als 170 000 Flüchtlingen so viele Menschen wie noch nie über das Mittelmeer nach Italien. 4733 Menschen starben dabei.

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