Deutschland solle schwächeren Ländern seine Bonität und Solidarität zur Verfügung stellen, sagte Steinbrück der Süddeutschen Zeitung vom Samstag. Dafür dürfe es aber eine Gegenleistung einfordern, betonte er: "Es bedarf einer Instanz im Euroraum, die Durchgriffsrechte auf die nationale Haushaltsführung hat." Die Umsetzung eines solchen Konzepts sei "sehr anspruchsvoll" - es gehe nicht, ohne die Bürger zu fragen, ob sie es wollten.
Gabriel: Europäische Fiskalunion als einzige Alternative
Gabriel hatte für eine europäische Fiskalunion als die einzige Alternative zu einem Auseinanderbrechen der Eurozone geworben. Auch brachte er eine Volksabstimmung über eine Grundgesetzänderung ins Gespräch, um eine gemeinschaftliche Haftung für die Schulden von Eurostaaten bei gleichzeitiger strenger gemeinsamer Haushaltskontrolle zu ermöglichen.
Steinbrück sagte derSZ, im Zeitalter der Rettungsschirme sei Deutschland "längst in einer Haftungsgemeinschaft". Kritik von Politikern der schwarz-gelben Koalition, die SPD plädiere für einen "Schuldensozialismus", nannte er "dümmlich".
Steinbrück: Athen mehr Zeit einräumen
Die Alternative zu einer europäischen Haftungsgemeinschaft sei eine Re-Nationalisierung, sagte Steinbrück der Süddeutschen. Die wäre "gerade für die Bundesrepublik mit ihrer zentralen Lage in Europa und ihrer Exportabhängigkeit fatal".
Im Fall Griechenland plädierte Steinbrück dafür, Athen "in einzelnen Punkten mehr Zeit einzuräumen". Wenn Reformzusagen allerdings "permanent gebrochen" würden, "zweifelt man, ob unsere Solidarität nicht vergeudet ist". Über einen Austritt aus der Eurozone müsse aber Athen entscheiden.
Steinbrück für weitere Anleihenkäufe der EZB
Im Kampf gegen die Schuldenkrise in Europa sprach sich der ehemalige Finanzminister für weitere Anleihenkäufe der Europäischen Zentralbank aus. Dafür müsse es aber strenge Auflagen geben. Zudem brauche Europa eine starke Bankenaufsicht, ein Verfahren zum Umbau wankender und zur Schließung maroder Geldinstitute und einen Topf, in den Banken einzahlen und aus dem Umstrukturierungen bezahlt würden - "eine Art Banken-ESM".
Zum Vorschlag, den Kanzlerkandidaten der SPD vor dem Frühjahr 2013 zu küren wie bislang geplant, sagte Steinbrück, wer länger als sechs bis acht Monate "im Ring steht, wird schnell wund gerieben. Man muss omnipräsent sein und ist in der heißen Wahlkampfphase ausgelaugt." Steinbrück gilt neben Gabriel und Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier als möglicher Kanzlerkandidat seiner Partei. afp