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Euro-Krise: EU-Gipfel: Draußen Streik, drinnen Streit

Euro-Krise

EU-Gipfel: Draußen Streik, drinnen Streit

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    Kanzlerin Merkel kommt in Brüssel mit dem Präsident des Europäischen Rates Van Rompuy (l), Italiens Premier Monti (M) und dem französischen Staatschef Sarkozy (r) zusammen. Foto: Olivier Hoslet dpa
    Kanzlerin Merkel kommt in Brüssel mit dem Präsident des Europäischen Rates Van Rompuy (l), Italiens Premier Monti (M) und dem französischen Staatschef Sarkozy (r) zusammen. Foto: Olivier Hoslet dpa

    Brüssel Sparen wird Pflicht. Eigentlich könnte die Bundeskanzlerin zufrieden sein. Immerhin hatte Angela Merkel mehr als zwei Jahre für die neuen Stabilitätsregeln zum soliden Haushalt geworben, der gestern beschlossen wurde. Aber irgendwie war das nicht ihr Gipfel.

    Schon die Anreise wurde zum Hindernislauf, weil die belgischen Gewerkschaften mit einem Generalstreik das ganze Land lahmgelegt hatten – inklusive des Flughafens Brüssel. Also schickte man die 27 Gäste zum Luftwaffenstützpunkt Beauvechain und ließ sie dann 40 Kilometer nach Brüssel fahren, wo sie von Tausenden von Demonstranten und Plakaten wie „Stoppt das Spardiktat“ empfangen wurden.

    Der Antrittsbesuch beim neuen, deutschen Präsidenten des Europäischen Parlamentes, dem Sozialdemokraten Martin Schulz, fiel auch eher eisig aus. „Wir neigen beide nicht dazu, Differenzen unter den Tisch zu kehren“, lautete ihr eher unerfreuliches Fazit.

    Abgesehen vom Streit um den deutschen Vorschlag für einen Sparkommissar verhagelten dann auch noch die nicht enden wollenden Forderungen nach mehr deutschem Geld für den Europäischen Stabilitätsmechanismus die Laune der Kanzlerin. 500 Milliarden Euro – mit so viel Geld wollen die Europäer ihre neue Notkasse, die um ein Jahr auf den 1. Juli 2012 vorgezogen wird, ausstatten. Berlin garantiert für 168 Milliarden Euro und zahlt 22 Milliarden bar ein. „Das reicht nicht“, schallte es ihr schon in den letzten Tagen entgegen.

    Der Druck wurde stärker, Merkels „Nein“ immer weicher. Während die Kanzlerin in Brüssel tagte, durfte Unionsfraktionschef Volker Kauder schon mal den Umfaller seiner Chefin vorbereiten: „Im Augenblick sehe ich keine Notwendigkeit, aber ich kann es auch nicht ausschließen nach dem Motto: Das kommt überhaupt nicht.“ Es wird kommen, ist man sich in Brüssel sicher. Bis März vereinbarte man eine Schonfrist: Dann wird Kassensturz gemacht. „Man wird merken, dass die 500 Milliarden viel zu wenig sind“, sagte ein Mitarbeiter aus dem Stab des finnischen Währungskommissars Olli Rehn. Unter 750 Milliarden brauche man nichtanzutreten.

    Damit nicht genug. Auch beim Stabilitätspakt musste Merkel Abstriche an ihren Forderungen nach „harten“ Regeln hinnehmen. Zwar verständigten sich die Gipfelteilnehmer trotz der zwischenzeitlichen Ablehnung von Polens Premier Donald Tusk auf eine Schuldenbremse – ab 2016 in Deutschland, bis 2018 in allen anderen Euro- sowie weiteren Ländern. Die wird aber keineswegs überall als Verfassungsziel festgeschrieben. Außerdem wird die Kommission chronische Schuldenstaaten nicht – wie ursprünglich mit Nachdruck gefordert – vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) verklagen können.

    Mitgliedstaaten sollen als Kläger auftreten

    Rechtliche Gründe sprechen dagegen, hieß es gestern Abend. Nun sollen einzelne oder mehrere Mitgliedstaaten als Kläger auftreten. „Das wird nicht funktionieren“, sagen Kritiker aus dem Parlament: „Da hackt doch keine Krähe einer anderen die Augen aus.“ Trotzdem gab es Zustimmung für diese Fiskalunion. Wer also künftig mehr als drei Prozent neue Schulden macht oder seinen Schuldenberg höher als 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes anwachsen lässt, muss mit Sanktionen rechnen.

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