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Eskalation: Nahost: Israel zerbombt Hamas-Zentrale

Eskalation

Nahost: Israel zerbombt Hamas-Zentrale

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    Israel bombardiert seit Mittwoch Hunderte Ziele in dem Palästinensergebiet am Mittelmeer. Nach palästinensischen Angaben wurden in den frühen Morgenstunden mindestens zehn Menschen getötet.
    Israel bombardiert seit Mittwoch Hunderte Ziele in dem Palästinensergebiet am Mittelmeer. Nach palästinensischen Angaben wurden in den frühen Morgenstunden mindestens zehn Menschen getötet. Foto: afp

    Weitere Opfer: Die israelische Luftwaffe hat am frühen Samstagmorgen die Hamas-Zentrale in Gaza-Stadt zerbombt. Der mehrstöckige Regierungskomplex sei schwer beschädigt worden, meldete die palästinensische Nachrichtenagentur Maan. Gleichzeitig ging die Stationierung von Panzern im Grenzgebiet zu Gaza weiter.

    Keine Anzeichen für schnelles Ende der Gewalt

    Nach dem Solidaritätsbesuch des ägyptischen Ministerpräsidenten Hischam Kandil reiste am Vormittag auch Tunesiens Außenminister Rafik Abdel Salam in den Gazastreifen. Dort wollte er den Ministerpräsidenten der Hamas-Regierung, Ismail Hanija, treffen und sich bei einer kurzen Rundfahrt selbst ein Bild von den Zerstörungen durch israelische Luftangriffe machen. Trotz eindringlicher internationaler Appelle zur Mäßigung gab es keine Anzeichen für ein schnelles Ende der Gewalt.

    Israel bombardiert seit Mittwoch Hunderte Ziele in dem Palästinensergebiet am Mittelmeer. Nach palästinensischen Angaben wurden in den frühen Morgenstunden mindestens zehn Menschen getötet. Ob es sich um Zivilisten oder Mitglieder militanter Gruppen handelte, blieb offen. Damit stieg die Zahl der palästinensischen Todesopfer seit dem Beginn der israelischen Offensive "Säule der Verteidigung" auf 39; etwa 330 Menschen sollen verletzt worden sein. In Israel wurden drei Menschen durch eine Rakete aus dem Gazastreifen getötet und mehr als 20 verletzt.

    Die im Gazastreifen herrschende radikalislamische Hamas schwor "Rache für Tod und Schrecken, die die Besatzer über unsere Menschen bringen". "Israel wird einen hohen Preis für seine Verbrechen zu zahlen haben", hieß es in einer am Samstag verbreiteten Mitteilung des Hamas-Sprechers Sami Abu Suhri.

    Die Korrespondentin des US-Senders CNN im Gazastreifen berichtete am Morgen von heftigen Explosionen. Die israelischen Streitkräfte würden Drohnen einsetzen - offenbar um Angriffsziele ausspähen. Auch die palästinensische Nachrichtenagentur Maan berichtete, dass über Gaza-Stadt vermehrt Fluggeräusche von Drohnen zu hören gewesen seien.

    Israel will bis zu 75.000 Reservisten zu den Waffen rufen

    Nach mehreren palästinensischen Raketenangriffen auf Tel Aviv war am Freitag erstmals eine Rakete aus dem Gazastreifen bei Jerusalem eingeschlagen. Eine israelische Bodenoffensive im Gazastreifen wird damit immer wahrscheinlicher. Israel will bis zu 75.000 Reservisten zu den Waffen rufen. Auch Panzer und anderes schweres Gerät seien in Marsch gesetzt. Israel hat nach eigenen Angaben seit Mittwoch mehr als 800 Ziele im Gazastreifen angegriffen. Militante Palästinenser feuerten zeitgleich etwa 600 Raketen und Granaten Richtung Israel.

    Eskalation der Gewalt in Nahost

    10. November 2012: Palästinenser beschießen einen israelischen Panzerjeep am Grenzzaun und verletzen mehrere Soldaten. Israel reagiert mit einem Panzerangriff im Gazastreifen, bei dem nach palästinensischen Angaben mindestens 6 Menschen getötet werden. Als Antwort schlagen mehr als 100 Raketen und Mörsergranaten im Süden Israels ein.

    12. November: Trotz einer vom ägyptischen Geheimdienst ausgehandelten Waffenruhe werden weitere Raketen vom Gazastreifen aus auf israelisches Gebiet abgeschossen.

    14. November: Die israelische Luftwaffe tötet gezielt den Hamas- Militärchef Ahmed al-Dschabari. Bei mehr als 20 Luftangriffen der israelischen Offensive «Säule der Verteidigung» sterben laut UN zehn Palästinenser. Zuvor waren mehr als 15 Raketen auf Israel abgefeuert worden, es gab mehrere Verletzte.

    15. November: Der militärische Arm der Hamas in Gaza bezeichnet die Tötung Al-Dschabaris als «Kriegserklärung» und kündigt massive Rache an. Von Gaza aus fliegen mindestens 245 Raketen nach Israel. Dabei werden drei Israelis getötet. Die israelische Armee wiederum hat seit Beginn der Offensive nach eigenen Angaben fast 230 Ziele im Gazastreifen angegriffen. Am Abend wird erstmals seit 1991 Luftalarm in Tel Aviv ausgelöst. Wenige Stunden zuvor war eine Gaza-Rakete einige Kilometer südlich von der Mittelmeermetropole auf freiem Feld aufgeschlagen, eine andere soll laut Medienberichten explodiert und ins Meer gestürzt sein.

    16. November: Auch während eines Besuchs des ägyptischen Ministerpräsidenten Hischam Kandil in Gaza sterben laut Hamas Menschen durch israelische Luftangriffe. Israel betont dagegen, seit dem Morgen nicht mehr angegriffen zu haben. Seit dem Beginn des Besuchs von Kandil seien aber mindestens 50 Raketen in Richtung Israel abgefeuert worden. Tel Aviv wird erneut mit einer Rakete beschossen. Das Geschoss geht laut Polizei in einem unbewohnten Areal nieder. Israel hat inzwischen 16 000 Reservisten zu den Waffen gerufen. Auch Panzer und anderes schweres Gerät sind nach Rundfunkberichten auf dem Weg zum Gazastreifen. Die Zahl der palästinensischen Todesopfer steigt auf 22, darunter mindestens acht Zivilisten. In Israel sterben drei Zivilisten durch eine Hamas-Rakete. 245 Menschen werden im Gazastreifen verletzt, etwa 20 in Israel.

    18. November: Israel setzt in der Nacht die Bombardierung des Gazastreifens fort. Dabei sind offenbar mehrere Zivilisten - darunter zwei Kleinkinder - getötet und etwa 25 Menschen verletzt worden.

    Bundesaußenminister Guido Westerwelle rief alle Seiten zu "Besonnenheit und Mäßigung" auf. In einem Telefonat mit dem Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil El-Arabi, nannte der FDP-Politiker die Eskalation der Gewalt in Nahost äußerst besorgniserregend und eine zusätzliche Gefahr für die Stabilität der gesamten Region. Das teilte das Auswärtige Amt in Berlin mit.

    Zehn Fakten zu Israel

    Israel ist ein Staat im Nahen Osten.

    Das Land grenzt an Libanon, Jordanien, Syrien und Ägypten.

    Die parlamentarische Republik Israel gilt als einzige wahre Demokratie im Nahen Osten.

    Israel hat eine Fläche von nur 20.991 Quadratkilometern, auf der etwa 7,7 Millionen Menschen leben.

    Die Währung des Landes ist der Schekel, der 100 Agorot entspricht.

    Die Gründung Israels war am 14. Mai 1948, oder nach eigener Rechnung: 5. Ijjar 5708.

    Das internationale Kfz-Zeichen und die Internetendung lauten IL bzw. il. Die Vorwahl des Landes ist die +972.

    Die größten Städte des Landes sind Jerusalem, Tel Aviv, Haifa, Rischon leTzion, Aschdod und Be'er Scheva.

    Der erste israelische Ministerpräsident war David Ben Gurion.

    Die Flagge Israels ist blau-weiß und zeigt einen Davidstern.

    Der frühere israelische Botschafter in Deutschland, Avi Primor, sieht die Hauptverantwortung für die Gewalt nicht bei der Hamas. Verantwortlich seien die "extremistischen fundamentalistischen Gruppierungen", die sich einen Machtkampf im Gazastreifen lieferten, sagte der Präsident der israelischen Gesellschaft für Außenpolitik am Samstag im Deutschlandradio Kultur. Die Hamas und Ägypten hätten kein Interesse an einem Krieg. Auch Israel sei an einer Eskalation nicht interessiert, die Bevölkerung habe Angst vor Raketenbeschuss.

    Die frühere israelische Außenministerin Tsipi Livni, die der oppositionellen Kadima-Partei angehört, warnte vor einer Spirale der Vergeltung. Man müsse bei solchen Einsätzen klare Ziele haben und wissen, wie man wieder herauskommt, sagte Livni dem Magazin "Focus". "Wenn die Ziele nicht präzise definiert sind, gibt es einen Hang zur Zerstörung, der das Beenden der Aktion schwierig macht." dpa

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