Wladimir Putins willige Helfer in der Justiz haben einmal mehr kurzen Prozess gemacht. Alexei Nawalny, der schärfste Gegner des russischen Präsidenten, wird hinter Gittern verschwinden. Wer ein derart willkürliches Urteil fällen kann, wird sich im Zweifel nach Ablauf der Strafe etwas Neues einfallen lassen, um den Unbequemen weiter wegsperren zu können.
Allerdings ist nicht ausgeschlossen, dass der Kreml die Rechnung diesmal ohne das russische Volk gemacht hat. Die jüngsten Proteste haben gezeigt, dass der Unmut vor allem in der jungen Generation groß ist. Aber auch die Älteren murren. 2018 setzte Putin eine Rentenreform durch, die auf längeres Arbeiten und weniger Geld hinauslief. Eine Alternative hatte der Kreml nicht: Seit der Öl- und Gasrubel nicht mehr so reibungslos rollt, leeren sich die Staatskassen. Und es wird kaum besser werden.
Regime der „Gauner und Diebe“ ist zu echten Reformen nicht in der Lage
Tatsächlich ist Putins größtes Problem nicht Nawalny, sondern die immer wieder beschworene, aber genauso oft aufgeschobene Modernisierung von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft. Der Grund für die Versäumnisse ist klar: Das Regime der „Gauner und Diebe“, das Nawalny in seinen Enthüllungsvideos vorführt, ist zu echten Reformen schlicht nicht in der Lage. Denn dafür müssten die Regierenden die Menschen im Land aktivieren. Sie zielen aber auf Einschläferung ab, um ungestört herrschen und sich bereichern zu können.
Dieses System wird eher früher als später an seine Grenzen stoßen. Der Hurra-Patriotismus aus der Zeit nach der Krim-Annexion ist erloschen, und neue militärische Abenteuer kann sich Russland kaum leisten. Es wird für Putin deshalb nicht damit getan sein, Nawalny wegsperren zu lassen.
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