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Erfolgreicher Protest: Umstrittenes Meldegesetz wird doch noch einmal geändert

Erfolgreicher Protest

Umstrittenes Meldegesetz wird doch noch einmal geändert

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    Meldeämter sollten Daten wie Namen und Adressen ohne ausdrückliche Einwilligung der Bürger an Firmen weitergeben dürfen.  Nun wird das Gesetz doch noch einmal überarbeitet.
    Meldeämter sollten Daten wie Namen und Adressen ohne ausdrückliche Einwilligung der Bürger an Firmen weitergeben dürfen. Nun wird das Gesetz doch noch einmal überarbeitet. Foto: dpa

    Das neue Meldegesetz soll einheitliche Regeln für den Umgang mit Bürgerdaten in den Meldeämtern schaffen. Bislang sind die Details den Ländern überlassen. Der Bundestag hatte das neue Gesetz Ende Juni auf den Weg gebracht, damit aber große Empörung ausgelöst. Der strittige Punkt: Nach dem aktuellen Entwurf sollen Meldeämter Namen und Adressen ohne ausdrückliche Einwilligung der Bürger zu Werbezwecken an Firmen weitergeben dürfen.

    Ursprünglich hatte die Bundesregierung vorgesehen, dass Bürger ausdrücklich zustimmen müssen, bevor ihre Daten weitergereicht werden. Der Innenausschuss des Bundestages hatte dies jedoch fast unbemerkt wieder gestrichen - und die verschärfte Fassung ging durch das Parlament. An der Abstimmung während des Halbfinalspiels der Fußball-EM zwischen Deutschland und Italien beteiligten sich damals nur wenige Abgeordnete. Abgeordnete von Union und FDP verteidigen das geplante Meldegesetz anschließend.

    Datenschützer protestierten dagegen vehement gegen die Entscheidung. Auch am Donnerstag demonstrierten Aktivisten von Datenschutzorganisationen vor dem Bundesrat gegen die jetzige Fassung des Gesetzes. Sie übergaben Schleswig-Holsteins Innenminister Breitner eine Sammlung von rund 190 000 Unterschriften gegen die bisherigen Pläne und verlangten Korrekturen.

    Datenschützer: Weitergabe nur nach Zustimmung

    Die Kritiker des Gesetzes fordern, dass Meldeämter Daten nur mit dem Einverständnis der Bürger an Werber und Adresshändler weitergeben dürfen. Bei einer Überarbeitung der Pläne dürfe es nun keine faulen Kompromisse geben, mahnte Rena Tangens vom Datenschutzverein FoeBuD.

    Der große Protest hatte offensichtlich Erfolg. Alle 16 Länder seien sich einig gewesen das Gesetz zu ändern, sagte der Ausschussvorsitzende, Schleswig-Holsteins Innenminister Andreas Breitner (SPD), der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in Berlin. Am 21. September kommt die Länderkammer zu ihrer ersten regulären Sitzung nach der Sommerpause zusammen und kann den Vermittlungsausschuss dann offiziell anrufen.

    Das missglückte Meldegesetz - eine Chronologie

    28. Juni: Der Bundestag verabschiedet das neue Meldegesetz. Darin eingeschlossen: Eine kurzfristig von CSU und FDP eingebrachte Änderung, nach der sich Bürger nicht mehr so einfach gegen die Weitergabe ihrer Daten wehren können.

    An der Abstimmung nehmen nur 27 Abgeordnete teil - zeitgleich läuft das EM-Halbfinale Deutschland-Italien.

    In Pressemitteilungen kritisieren Oppositionspolitiker - darunter die Nördlinger SPD-Abgeordnete Gabriele Fograscher - die Neuregelung. Das große Medienecho bleibt aber zunächst aus.

    In den nächsten Tagen berichten mehrere Fachportale wie heise.de und Blogs wie netzpolitk.org über den geschwächten Datenschutz im Meldewesen.

    05. Juli: Die SPD kündigt an, das vom Bundestag beschlossene neue Meldegesetz im Bundesrat doch noch stoppen zu wollen.

    6. bis 8. Juli: Die Neuregelung schlägt jetzt immer höhere Wellen in den Medien.

    8. Juli: Auch Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) sieht nun Nachbesserungsbedarf beim neuen Meldegesetz. «Nach dem Beschluss des Bundestags sehe ich hier noch Diskussionsbedarf», sagt sie der «Berliner Zeitung».

    9. Juli, vormittags: Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) lehnt vorschnelle Kritik an dem vom Bundestag verschärften Meldegesetz ab. Der Datenschutz werde dadurch gegenüber der jetzigen Rechtslage verbessert, sagt er vor den Medien.

    9. Juli, vormittags: CSU-Chef Horst Seehofer kündigt an, das vom Bundestag verschärfte Meldegesetz zu stoppen. «Wenn das stimmt, was ich bisher weiß, dann wird Bayern dem nicht zustimmen», sagt er.

    9. Juli, später Vormittag: Die Bundesregierung distanziert sich vom Meldegesetz. Man gehe davon aus, dass es im parlamentarischen Verfahren wieder verändert werde.

    9. Juli, nachmittags: Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich rechnet nach eigenen Angaben fest damit, dass der Bundesrat das umstrittene Meldegesetz zumindest in Teilen entschärft.

    6. September: Der Innenausschuss des Bundesrates plädiert dafür, dass der Vermittlungsausschuss von Länderkammer und Bundestag sich den Entwurf noch einmal vornimmt und korrigiert.

    Breitner sagte, das Ziel aller Länder sei eine solche Einwilligungslösung. Bürger müssten aktiv die Zustimmung für eine Weitergabe ihrer Daten geben. "Meldedaten gehören nicht auf den Grabbeltisch von Adresshändlern", betonte der Minister.

    Die Piratenpartei bezeichnete eine Überarbeitung des Gesetzes als dringend notwendig. Hoheitlich geführte Melderegister dürften nicht als Datenquelle für Adresshandel, Parteien und Werbeindustrie zur Verfügung stehen, mahnte Parteivize Markus Barenhoff.

    Auch die Grünen begrüßten die Entscheidung in der Länderkammer. "Das Verfahren im Bundesrat ist nun die Chance, aus einem Kotau vor der Adresshandels-Lobby wieder ein vernünftiges Meldegesetz zu machen", sagte Innenexperte Wolfgang Wieland.

    "Gutes Signal für den Datenschutz"

    Die FDP-Innenpolitikerin Gisela Piltz sprach von einem guten Signal für den Datenschutz. Ihre Fraktion setze nun darauf, dass es nicht nur bei den Ländern, sondern auch im Bundestag eine Mehrheit für die Einwilligungslösung geben werde.

    Die Linke will mehr. "Das Meldegesetz muss grundsätzlich und nicht nur bei der Frage der Einwilligung geändert werden", mahnte der Innenexperte der Linksfraktion, Jan Korte. Das Datenverscherbeln gehe in dem Entwurf schon viel zu weit. Das Gesetz sei schlecht gemacht. Es dürfe nun keinen faulen Kompromiss im Vermittlungsverfahren geben.  AZ, dpa

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