Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth darf weiterhin die Meinung vertreten, dass das Geschäftsmodell von „neurechten Plattformen“ auf Falschbehauptungen beruht. Das Landgericht Stuttgart hat die Klage des Publizisten Roland Tichy gegen die Grünen-Politikerin an diesem Donnerstag abgewiesen. In dem Prozess war es darum gegangen, ob Roths Aussage im Gespräch mit unserer Redaktion eine Tatsachenbehauptung oder eine zulässige Meinungsäußerung war. In dem Interview, das die Überschrift „Aus Worten werden ganz schnell Taten“ trug, hatte sie gefordert: „Wir müssen die Stichwortgeber benennen, all diese neurechten Plattformen, deren Geschäftsmodell auf Hetze und Falschbehauptungen beruht - von Roland Tichy über Henryk M. Broder bis hin zu eindeutig rechtsradikalen Blogs.“
Claudia Roth reagiert mit Genugtuung auf Entscheidung des Gerichts
Sowohl Tichy als auch Broder, der unter anderem für das Internetportal „Achse des Guten“ schreibt, wollten sich das nicht gefallen lassen und klagten in zwei getrennten Verfahren. Für die Richter im Fall Tichy steht fest, dass Roth lediglich ihre Meinung gesagt hat. Und das darf sie.
Die Politikerin reagierte erleichtert. „Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, wenn ausgerechnet diejenigen mit dem Versuch scheitern, eine zulässige Meinungsäußerung gerichtlich verbieten zu lassen, die selbst mehr als einmal in der Kritik standen, die Grenzen der Sagbaren gezielt verschieben zu wollen“, sagte Roth unserer Redaktion und fügte hinzu: „Wer lauthals austeilt, beim leisesten Widerspruch aber vor Gericht zieht, macht sich wenig glaubwürdig.“
Die frühere Grünen-Chefin betonte, es stehe in einem Rechtsstaat natürlich jedem der Rechtsweg offen. „In diesem Fall endet er, nach sorgfältiger Prüfung durch das Landgericht Stuttgart, mit einer Zurückweisung.“ Meinungsfreiheit sei weder ein Freibrief zu Verleumdung und Hetze, noch schirme sie ab vor Kritik und Widerrede. „Es freut mich, dass das Landgericht diese grundlegende Erkenntnis erneut klargestellt hat.“
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