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Entwicklungshilfe: Nach einem Jahr: Gerd Müller und seine Bilanz

Entwicklungshilfe

Nach einem Jahr: Gerd Müller und seine Bilanz

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    Entwicklungsminister Gerd Müller wird gelobt, muss aber auch viel Kritik einstecken.
    Entwicklungsminister Gerd Müller wird gelobt, muss aber auch viel Kritik einstecken. Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

    Als Dirk Niebel noch Entwicklungsminister war, musste er sich immer wieder den Vorwurf der Vetternwirtschaft anhören. Seine Kritiker hielten ihm vor, Parteifreunden aus der FDP lukrative Posten in seinem Ministerium besorgt zu haben. Nach einem guten Jahr im Amt geht es seinem Nachfolger Gerd Müller nicht anders. Auch er schlägt sich mit solchen Vorhaltungen herum. Das ist auch deshalb pikant, weil gerade seine Partei, die CSU, damals mit Niebels Personalentscheidungen hart ins Gericht gegangen war.

    Ministeriums-Mitarbeiter: Müllers Vertraute verdienen besser

    Was steckt hinter der aktuellen Kritik an Müller? Klar ist: Eine Beamtin des Ministeriums hat die Justiz eingeschaltet. Das bestätigte das Kölner Verwaltungsgericht unserer Zeitung. Seine Mandantin sei ursprünglich Referatsleiterin gewesen und sollte auf Probe zur Unterabteilungsleiterin befördert werden, sagt Rechtsanwalt Eberhard Baden. Doch es kam anders: Ein Vertrauter des Ministers zog an ihr vorbei, um weiter zum Abteilungsleiter für Grundsatzfragen aufzusteigen – ein für Ministerialbeamte ebenso schneller wie seltener Karrieresprung. Anwalt Baden mutmaßt, die Beurteilung seiner Klientin sei auf Druck von Müllers Staatssekretär Friedrich Kitschelt herabgestuft worden. Die Mandantin „wurde zunächst zurückgestellt und wird immer noch als Referatsleiterin bezahlt“, obwohl sie nun die Unterabteilung führe. Das alles habe sie krank gemacht.

    Müllers Vertrauter, der so ungewöhnlich schnell aufstieg, hatte als Referatsleiter im Landwirtschaftsministerium gearbeitet, als der CSU-Politiker aus dem Allgäu dort noch Parlamentarischer Staatssekretär war. Dann wurde Müller Entwicklungsminister und nahm seinen bewährten Mitarbeiter – und noch einen weiteren – mit ins Ministerium, wo er nun deutlich höher besoldet wird als vorher.

    Grüne: Müller macht Personalpolitik nach Parteibuch

    Doch das ist nicht der einzige Fall, der Unruhe im Ministerium hervorruft: Die Hannoversche Allgemeine berichtet, Müller habe mehrere neue Stellen für Unterabteilungsleiter geschaffen. Außerdem habe er, so schreibt der Spiegel, vier von fünf Abteilungsleitern aus der Niebel-Zeit kurz nach seinem Amtsantritt ausgetauscht. So etwas, sagt Anwalt Baden, habe er noch nicht erlebt. Die Mitarbeiter seien nach dem Amtswechsel „vom Regen in die Traufe“ gekommen.

    Das Ministerium will sich zu den Vorwürfen nicht äußern. Personalfragen würden generell nicht kommentiert, sagt eine Sprecherin lediglich. Auch der Personalrat, der Verband der Beschäftigten der obersten und oberen Bundesbehörden und die CSU lehnen eine Auskunft ab. Dafür meldet sich die Opposition lautstark zu Wort. Der Obmann der Grünen im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Uwe Kekeritz, macht seinem Unmut Luft: Müller betreibe eine „massive Personalpolitik nach Parteibuch“. „Er liefert mehr Rhetorik als Ergebnisse, die gehen gegen null.“ Außerdem schwäche er die Fach- zugunsten der Führungsebene, was ebenfalls zu schlechter Stimmung führe.

    Heike Hänsel von den Linken verlangt, dass sich der Staatssekretär verantworten müsse, wenn es stimmt, dass er Einfluss auf die Beurteilung der Beamtin genommen und sich damit der Nötigung schuldig gemacht habe. Auch die SPD fordert Aufklärung.

    Hilfsorganisationen sind zufrieden mit Müller

    So umstritten Müllers Personalpolitik ist, so gut kommt der 55-Jährige in der entwicklungspolitischen Szene an. Bernd Bornhorst von „Misereor“ spricht von einem „fulminanten Start“ des CSU-Politikers. Er habe wichtige Schwerpunkte gesetzt, etwa mit dem Bündnis gegen die Ausbeutung der Textilarbeiter. Wie Albert Recknagel von „Terre des Hommes“ betont aber auch Bornhorst, diesen Worten müssten nun Taten folgen.

    Seine Motivation nehme man Müller jedenfalls ab, sagt die Präsidentin von „Brot für die Welt“, Cornelia Füllkrug-Weitzel. Sie war Mitglied des Schattenkabinetts von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück und hätte sich bei einem Wahlsieg der Sozialdemokraten um die Entwicklungspolitik kümmern sollen. Entscheidend sei nun, dass sein Haus und andere Ministerien an einem Strang ziehen und die Bundeskanzlerin Müller unterstütze, sagt sie.

    Katja Maurer von „Medico International“ hofft, dass der Minister wieder auf staatliche Strukturen setze, denn unter seinem Vorgänger Niebel sei es zu sehr um die Wirtschaftsförderung gegangen. Auch der „Welthungerhilfe“ ist ein stärkeres Engagement Deutschlands ein Anliegen. Ihre Präsidentin Bärbel Dieckmann findet es gut, dass die Benachteiligten in Afrika und Asien stärker im Mittelpunkt stehen. Von den Querelen im Ministerium will keine der Organisationen etwas gehört haben. Müllers Arbeit habe der deutschen Entwicklungshilfe jedenfalls wieder zu mehr internationalem Ansehen verholfen.

    Bis über die berufliche Zukunft der Beamtin entschieden wird, kann es noch dauern. Ein Jahr Bearbeitungszeit ist nach Auskunft des Gerichtes nicht ungewöhnlich. Der Anwalt rechnet sogar mit noch mehr Zeit.

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