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Entscheidung über den Euro-Rettungschirm: Alles auf eine Karte

Entscheidung über den Euro-Rettungschirm

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    Welcher Abgeordnete stimmt heute wie ab? An den Karten wird es zu erkennen sein: Blau heißt Zustimmung, Rot Ablehnung.
    Welcher Abgeordnete stimmt heute wie ab? An den Karten wird es zu erkennen sein: Blau heißt Zustimmung, Rot Ablehnung. Foto: Foto: dpa

    Irgendwann zwischen 11.30 und 12 Uhr heute Vormittag wird aus der Spekulation Gewissheit, aus der Unsicherheit Realität. Wenn der amtierende Bundestagspräsident im Plenarsaal des Reichstagsgebäudes das Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Gesetzentwurf zur Ausweitung der deutschen Beteiligung am Euro-Stabilisierungsfonds EFSF verkündet, werden Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und mit ihr die Spitzen der schwarz-gelben Regierung wissen, ob die Koalition bei dieser wichtigen

    Kurz vor der entscheidenden Abstimmung ist die Aufregung in Berlin groß, von den „Schicksalstagen“ Merkels und ihrer Koalition ist bereits die Rede. Auf den Fluren des Bundestags machen seit Tagen hinter vorgehaltener Hand Spekulationen die Runde, was geschehen würde, wenn die Kanzlerin von ihren eigenen Leuten im Stich gelassen wird.

    Gleichwohl gilt ein Bruch der Koalition als äußerst unwahrscheinlich, ebenso eine Große Koalition oder Neuwahlen. „Die Koalition steht“, heißt es bei Union und FDP.

    CSU-Chef Horst Seehofer legte die Latte für die Kanzlerin sehr hoch

    Ausgerechnet CSU-Chef Horst Seehofer legte im Vorfeld die Latte für die Kanzlerin hoch: „Ich bin ein entschiedener Verfechter einer Kanzlermehrheit für dieses Thema, weil dies wohl die wichtigste Abstimmung in dieser Legislatur ist.“ Wenn die

    Da hilft es auch wenig, dass Merkel und ihre Getreuen versuchen, die Erwartungen herunterzuschrauben. Die Kanzlermehrheit von 311 Stimmen werde gar nicht benötigt, da es sich um ein ganz normales Gesetz handele, die Mehrheit für die Ausweitung des Rettungsschirmes sei sicher, weil auch SPD und Grüne zustimmen würden, zudem reiche es völlig aus, wenn die Koalition mit einer „eigenen Mehrheit“ aufwarten könne, also mehr Stimmen habe als die drei Oppositionsparteien

    Stimmen mehr als 19 Abgeordnete von CDU, CSU und FDP mit Nein oder enthalten sich der Stimme, wäre die Kanzlermehrheit verfehlt. Es könnte knapp werden. Bei einer Probeabstimmung am Dienstag gab es in der Unionsfraktion elf Neinstimmen und zwei Enthaltungen. Gleichwohl bemühen sich die Spitzen der Koalition, diesen Zahlen wenig Gewicht beizumessen. Es sei nicht ungewöhnlich, so Hasselfeldt, dass Abgeordnete in der Fraktion mit Nein votierten, um ihre Unzufriedenheit mit einzelnen Punkten des Gesetzes zum Ausdruck zu bringen, sich aber im Bundestag dem Mehrheitsvotum der Fraktion anschlössen.

    Rettungsschirme, EFSF und ESM

    Griechenland-Pleite, Rettungsschirme, Eurobonds, EFSF, ESM: Beim Thema Euro-Krisen schwirren etliche Fachbegriffe herum. Lesen Sie hier in Kurzform, was Sie zum Thema Rettungsschirme wissen müssen.

    EFSF steht für Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (European Financial Stability Facility) und ist eine Aktiengesellschaft, die notleidenden Euro-Staaten helfen soll. Sollte ein EU-Land in Not geraten, kann die im Juni 2010 gegründete EFSF Anleihen bis zu 440 Milliarden Euro ausgeben. Dafür haften die Euro-Länder.

    Kritik am EFSF: Im Vertrag von Maastricht wurde eine so genannte Nichtbeistands-Klausel (No-bailout-Klausel) vereinbart, die die Haftung der Union oder einzelner Mitgliedstaaten für die Verbindlichkeiten anderer Mitgliedstaaten untersagt. Auf Druck des Nicht-Eurolandes Großbritannien wurde durchgesetzt, dass bei Krediten für Staaten, die Mitglieder der Eurozone sind, nur die übrigen Eurostaaten haften.

    Der EFSF soll bis Juni 2013 aktiv bleiben und dann abgelöst werden, nämlich vom ESM.

    ESM steht für Europäischer Stabilitäts-Mechanismus und ist der permanente Euro-Rettungsschirm. Seine wichtigsten Instrumente sind Notkredite und Bürgschaften für überschuldete EU-Staaten. Jedes Land, das Hilfe aus dem ESM erhält, muss im Gegenzug bestimmte wirtschaftliche Konsequenzen ziehen.

    Kritiker sagen, dass Rettungsschirme und Bürgschaften es Ländern erleichtern, Schulden zu machen. Wenn es wirklich eng wird, treten schließlich die anderen EU-Länder ein und helfen.

    Eurobonds: Darunter versteht man eine EU-Staatsanleihe. Das bedeutet, die Länder der EU würden gemeinsam Schulden aufnehmen - und auch gemeinsam für sie haften. Hinter der Idee steht die Hoffnung, dass die Kreditwürdigkeit der Eurozone als Ganzes von den Finanzmärkten und den Ratingagenturen höher eingeschätzt wird als die seiner einzelnen Mitgliedstaaten.

    Die Befürworter dagegen erklären, dass notleidenden EU-Staaten geholfen werden muss. sie warnen vor einem Domino-Effekt. Heißt: Wenn ein Land tatsächlich pleite geht, reißt es andere Länder mit sich.

    Kein Geheimnis ist, dass die Fraktionsführung den einen oder anderen Skeptiker noch persönlich ins Gebet genommen hat. Auf ein Nein festgelegt haben sich allerdings bereits Wolfgang Bosbach, Klaus-Peter Willsch (beide CDU) und Peter Gauweiler (CSU). Bosbach deutet an, als Konsequenz möglicherweise 2013 nicht mehr für den Bundestag kandidieren zu wollen. Auch FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle geht von „weniger als sechs“ Abweichlern in den Reihen der Liberalen aus. Einer von ihnen ist Frank Schäffler. Er lehne die Ausweitung des Rettungsschirmes ab, da dieser in der Euro-Krise „wie ein Brandbeschleuniger“ wirke.

    Die SPD hat schon im Vorfeld erklärt, die Ausweitung des Euro-Rettungsschirms mitzutragen. Gleichwohl trauen die Sozialdemokraten der Regierung nicht und werfen Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vor, das Parlament bei der tatsächlichen Höhe des EFSF zu täuschen. So habe er Spekulationen angeheizt, dass der Kreditrahmen von 440 Milliarden Euro womöglich nicht ausreiche und das Parlament eine weitere Ausweitung zu beschließen habe. „Wir erwarten, dass der Finanzminister noch vor der Abstimmung klar Stellung zu den Gerüchten bezieht“, fordert der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann. „Herr Schäuble täuscht das Parlament über die Höhe des Rettungsschirms, um die eigene Mehrheit im Parlament zu sichern.“

    Ein Vorwurf, den auch der FDP-Kritiker Schäffler erhebt: „Ich bin sicher, dass wir bereits in den nächsten Tagen über eine weitere Ausweitung des EFSF diskutieren werden.“

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