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Energiewende: Wie baut man ein Atomkraftwerk ab?

Energiewende

Wie baut man ein Atomkraftwerk ab?

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    Auch das Atomkraftwerk Grundremmingen wird abgeschaltet.
    Auch das Atomkraftwerk Grundremmingen wird abgeschaltet. Foto: Bernhard Weizenegger

    Diese Atomkraftwerke werden in Deutschland betrieben

    Wo stehen welche Atomkraftwerke in Deutschland, wer betreibt sie und wann werden oder wurden sie abgeschaltet? Eine Übersicht:

    Das Atomkraftwerk Brokdorf in Schleswig-Holstein wird von E.ON betrieben. Baubeginn war im Januar 1976, im kommerziellen Betrieb ist das AKW seit Dezember 1986. Brockdorf ist ein Druckwasserreaktor und soll 2021 abgeschaltet werden.

    Das Kernkraftwerk Isar liegt nahe Landshut und wird von E.ON betrieben. Isar/Ohu 1 ist ein Siedewasserreaktor. Bauzeit war von 1972 bis 1979. Isar/Ohu 2 ist ein Druckwasserreaktor und ging nach sechsjähriger Bauzeit im April 1988 ans Netz. Isar 2 soll im Jahr 2022 abgeschaltet werden. Der Atommeiler Isar 1 wurde bereits im August 2011 vom Netz genommen.

    Das Atomkraftwerk Philippsburg steht im Landkreis Karlsruhe (Baden-Württemberg). Betreiberin ist die EnBW. Philippsburg 2, ein Druckwasserreaktor, ging nach achtjähriger Bauzeit 1985 in den kommerziellen Betrieb, der Siedewasserreaktor Philippsburg 1 im Jahr 1980. 2011 wurde Philippsburg 1 vom Netz genommen.

    Das Kernkraftwerk Grohnde (KWG) ist ein Druckwasserreaktor und steht im Landkreis Hameln-Pyrmont in Niedersachsen. Betreiben wird es von der Firma E.ON. Baubeginn für Grohnde war im Jahr 1986, Betriebsstart 1985, Ende soll 2021 sein.

    Das Kernkraftwerk Emsland in Niedersachsen wird von RWE betrieben. Es wurde in den Jahren 1982 bis 1988 gebaut. In Betrieb bleiben soll der Druckwasserrreaktor bis zum Jahr 2022.

    Das Atomkraftwerk Neckarwestheim in Baden-Württemberg wird von enBW betrieben. Es hat zwei Druckwasserreaktoren, von denen derzeit noch einer in Betrieb ist. Neckarwestheim II soll als eines der letzten deutschen AKW 2022 vom Netz gehen.

    Das Kernkraftwerk Grafenrheinfeld liegt südlich von Schweinfurt am Main. Baubeginn für Grafenrheinfeld war 1974, die Inbetriebnahme war 1981. Das Atomkraftwerk wird von der E.ON Kernkraft GmbH betrieben und wurde 2015 abgeschaltet.

    Gundremmingen B und Gundremmingen C im Landkreis Günzburg sind zusammen das leistungsfähigste Atomkraftwerk Deutschlands. Betrieben werden die Siedewasserreaktoren von der RWE. Baubeginn war im Jahr 1976, Gundremmingen B ging 1984 ans Netz, Gundremmingen C ein Jahr später. Block B soll spätestens 2017 vom Netz gehen, Block C spätestens im Jahr 2021.

    Das Datum steht. Im Jahr 2022 wird das letzte Atomkraftwerk in Deutschland abgeschaltet. Das haben Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag noch einmal ausdrücklich bekräftigt. Doch die Stilllegung und der Abriss der insgesamt 19 Kernkraftwerke stellen die Verantwortlichen noch vor gewaltige Probleme. Unter anderem wird dabei so viel schwach- und mittelradioaktiver Müll anfallen, dass die bestehenden Zwischenlager an den Standorten der Kraftwerke dringend erweitert werden müssen. Das geht aus einer Studie hervor, die die baden-württembergische Grünen-Abgeordnete Sylvia Kotting-Uhl am Mittwoch in Berlin vorstellte.

    AKW-Stilllegungen stellen Verantwortliche vor große Probleme

    „An vielen Standorten reichen die Kapazitäten nicht aus“, sagte der Autor des Gutachtens, der Diplom-Physiker und Atomexperte Wolfgang Neumann. „Es müssen in jedem Fall neue Zwischenlager gebaut werden.“ Neumann plädierte dafür, den Atommüll dort zu lagern, wo er anfällt, um unnötige Transporte durch die Bundesrepublik zu vermeiden und die Risiken für die Bevölkerung auf ein Minimum zu reduzieren.

    Pro Kernkraftwerk fallen im Durchschnitt 300 000 bis 350 000 Tonnen Abfall an, dabei sind in der Regel drei Prozent schwach- bis mittelradioaktiv belastet und müssen entsprechend entsorgt werden. Für Gemeinden mit Kraftwerken hat dies zur Folge, dass auf ihrem Gebiet trotz des Atomausstiegs noch mehrere Jahrzehnte bis weit in die zweite Hälfte des Jahrhunderts strahlender Müll gelagert werden muss.

    Das ist das Atomkraftwerk Gundremmingen

    Die Anlage Gundremmingen zwischen Günzburg und Dillingen, die in dieser Form seit 1984 besteht, ist der leistungsstärkste Kernkraftwerksstandort in Deutschland. Die zwei Reaktoren erzeugen pro Jahr mehr als 20 Milliarden Kilowattstunden Strom. Dies entspricht rund einem Drittel des gesamten Verbrauchs in Bayern.

    Die Betreibergesellschaft der Anlage gehört zu 75 Prozent RWE und zu 25 Prozent Eon. Nach dem Atomausstiegsbeschluss der Bundesregierung 2011 sollen Block B im Jahr 2017 und Block C 2021 abgeschaltet werden.

    Das Zwischenlager in Gundremmingen ging im August 2006 in Betrieb. Die Halle liegt rund 150 Meter vom Reaktorgebäude entfernt und ist 104 Meter lang, 38 Meter breit und 18 Meter hoch. Die Wände aus Stahlbeton sind 85 Zentimeter dick. Die Halle verfügt über eine Kapazität von 192 Castoren. Ein Castor wiederum enthält 52 Brennelemente. Damit ist das schwäbische Zwischenlager das größte in Deutschland.

    Wie alle anderen Zwischenlager ist auch dieses für eine Betriebszeit von maximal 40 Jahren ausgerichtet. Das heißt, in Gundremmingen endet die Genehmigung 2046. Spätestens dann, so die ursprüngliche Planung, sollte ein Endlager in Deutschland zur Verfügung stehen.

    Die Kritiker befürchteten schon bei der Genehmigung des Zwischenlagers, dass es de facto zu einem Endlager werden könnte. Außerdem argumentierten sie, dass in jedem der Castoren mehr Radioaktivität enthalten sei, als bei der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl 1986 freigesetzt wurde.

    Gegen den Bau der Zwischenlager wurde bundesweit prozessiert. Im Fall von Gundremmingen reichten fünf Anwohner aus umliegenden Gemeinden Klage beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München ein. Der VGH wies die Klage mit seinem Urteil vom 2. Januar 2006 ab.

    In acht Kraftwerken befinden sich noch Brennelemente

    Weiteres Problem: In den acht Kernkraftwerken, die unmittelbar nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima im März 2011 erst befristet und dann dauerhaft abgeschaltet worden sind, befinden sich noch nicht vollständig abgebrannte Brennelemente, die noch spaltbares Uran enthalten. Diese können nach den Angaben Neumanns auf absehbare Zeit nicht aus den Reaktoren entfernt und – wie abgebrannte Brennstäbe – mit Castorbehältern in ein Zwischenlager gebracht werden, da es für sie wie für defekte Brennelemente in Deutschland keine für den Transport und die Zwischenlagerung zugelassenen Behälter gibt. „Diese Situation ist hauptsächlich von den Energieversorgungsunternehmen zu verantworten“, sagte Neumann. Sie hätten sich schon längst für die Zulassung kümmern müssen.

    Sylvia Kotting-Uhl warf dem Umweltministerium „Ignoranz“ vor, es habe viel zu lange die Probleme, die mit der Abschaltung und Stilllegung der Kernkraftwerke verbunden seien, ignoriert. Man beschreite dabei Neuland. „Mehr Kompetenz täte gut.“

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