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Energiewende: Wer bezahlt den Rückbau von Gundremmingen & Co.?

Energiewende

Wer bezahlt den Rückbau von Gundremmingen & Co.?

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    Die beiden Blöcke des Kernkraftwerks Gundremmingen sollen 2017 und 2021 abgeschaltet werden.
    Die beiden Blöcke des Kernkraftwerks Gundremmingen sollen 2017 und 2021 abgeschaltet werden. Foto: Stefan Puchner, dpa

    Energiewende: Das klingt nach sauberem Strom und einer grünen Zukunft. Was oft vergessen wird: Die noch laufenden Atomkraftwerke wie etwa Gundremmingen im Landkreis Günzburg müssen nicht nur stillgelegt, sondern auch abgebaut werden.

    Seit Jahren streiten Energieriesen und Staat darüber, wer für diese nuklearen Altlasten zuständig ist, wer den Abbau und die Entsorgung bezahlen muss. Die Antwort sollte eine Expertengruppe mit prominenten Namen wie Jürgen Trittin, Ole von Beust und Matthias Platzeck geben.

    Gestern legte sie ihr Konzept vor. Und damit steht fest, dass sich die Konzerne nicht so leicht aus der Affäre ziehen können. Sie sollen gut 23 Milliarden Euro in einen öffentlich-rechtlichen Fonds einzahlen.

    Worum ging es in dem Streit?

    Die Fachleute sollten Vorschläge machen, wie die Finanzierung des Atomausstiegs gelingen kann – ohne dass sich bei Stilllegung und Rückbau der Atommeiler sowie Zwischen- und Endlagerung des Atommülls die Verursacher aus der Verantwortung stehlen können. Dabei geht es schließlich auch um das Geld der Steuerzahler. Gleichzeitig sollte aber auch das „ökonomische Überleben“ der schwer angeschlagenen Energieriesen gesichert werden.

    Was kosten Stilllegung und Atommülllagerung?

    Ein Szenario geht bis zum Jahr 2099 von möglichen Gesamtkosten von fast 170 Milliarden Euro aus.

    Haben die Atomkonzerne dafür Vorsorge getroffen?

    Ja, sie waren verpflichtet, Rückstellungen zu bilden. Bis Ende 2014 wurden mehr als 38 Milliarden Euro für Abriss und Entsorgung auf die Seite gelegt. Die Milliarden liegen allerdings nicht einfach so auf der Bank, sondern stecken in Kraftwerken, Stromnetzen oder Finanzanlagen. CSU will AKW Gundremmingen nicht vorzeitig abschalten

    Wurde in Gundremmingen schon mit dem Rückbau begonnen?

    Im Jahr 1966 war Block A in Betrieb genommen worden – und musste nach einem Störfall bereits 1977 wieder stillgelegt werden. Der Rückbau begann 1985 und ist heute weitgehend abgeschlossen. Dabei fielen rund 10.000 Tonnen Stahlschrott an.

    Im Jahr 2006 genehmigte der Freistaat, das ehemalige Technikhaus – ohne das noch als Hülle stehende Reaktorgebäude – zu erhalten und künftig als Technologiezentrum zu nutzen. Der Abbau von Block A koste 230 Millionen Euro, sagt Kraftwerkssprecher Tobias Schmidt auf Anfrage unserer Zeitung. Fünf Millionen davon übernimmt die Europäische Union, den Rest die Betreiber RWE und Eon, die dafür eigens Rücklagen gebildet hatten.

    Wie ist der Zeitplan für die anderen Blöcke in Gundremmingen?

    Zwei Reaktoren sind noch in Betrieb. Der Block B soll 2017 und der Block C im Jahr 2021 abgeschaltet werden. Danach steht auch hier ein millionenschwerer Rückbau an.

    Wie soll dies finanziert werden?

    Die Expertengruppe schlägt vor, die Milliarden aufzuteilen: Etwa die Hälfte der Rückstellungen, also knapp 20 Milliarden Euro, sollen die Konzerne behalten, um damit die Stilllegung und den „unverzüglichen Rückbau“ der Atommeiler zu bezahlen sowie für eine „endlagergerechte“ Verpackung des Atommülls zu sorgen.

    Aber die Zwischen- sowie Endlagerung kostet ja auch Geld...

    Darüber wurde lange gestritten. Ergebnis: Die Konzerne sollen bis zum Jahr 2022 rund 17,2 Milliarden Euro aus den Rückstellungen plus einen Aufschlag von gut 6,1 Milliarden Euro in einen öffentlich-rechtlichen „Entsorgungsfonds“ einzahlen. Daraus soll die Jahrzehnte dauernde Zwischen- und Endlagerung finanziert werden. So wäre ein großer Teil der Rückstellungen „auf der sicheren Seite“ – selbst für den Fall, dass einer der Konzerne in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten pleitegeht. Kritiker werfen der Kommission allerdings vor, damit ermögliche sie den Konzernen, sich für 23 Milliarden Euro von allen Risiken freizukaufen.

    Ist damit der Steuerzahler raus aus der Nummer?

    Nein. Mögliche Mehrkosten könnten immer noch drohen, und sie müssten dann alleine von den Steuerzahlern getragen werden.

    Was bedeutet der Kompromiss für die Unternehmen?

    Die einstigen Stromriesen sind angeschlagen, auch weil sie die Energiewende verschlafen haben. Die Konzerne haben Probleme, sich frisches Geld zu beschaffen. Ihre Lage könnte sich nun verbessern.

    Stimmen denn die Konzerne dem Vorschlag der Experten zu?

    Zunächst haben die AKW-Betreiber die Empfehlungen der Kommission kritisiert. Doch sie wissen, dass das einstimmige Votum mit viel Unterstützung rechnen kann. dpa, cki

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