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Energie: Atommüll-Endlager in privater Hand?

Energie

Atommüll-Endlager in privater Hand?

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    Blume vor Atomkraftwerk
    Blume vor Atomkraftwerk Foto: DPA

    Wenn Norbert Röttgen in den nächsten Wochen nach Gorleben reist, dürfte es für ihn ungemütlich werden. Nein, es gebe keine einseitige Vorfestlegung, die Endlagersuche verlaufe ergebnisoffen. Dutzende Male hat der Umweltminister diese Position wiederholt. Doch es gibt zunehmend Zweifel. Röttgens Worte wollen nicht so recht zu den Überlegungen passen, die bei der Neufassung des Atomgesetzes diskutiert werden.

    Nach Enteignungen zur Beschleunigung der Erkundung Gorlebens tauchten nun Hinweise auf, Röttgen wolle die Möglichkeit zur Privatisierung der Atommüllendlagerung verbessern. Das muss nicht per se schlecht sein, nur genießt die Atomwirtschaft bei der Entsorgung bisher keinen guten Leumund, wie das Beispiel Asse zeigt.

    Das Ministerium bestätigte am Mittwochvormittag zunächst die Pläne, doch dann wurde es offensichtlich vom Kanzleramt zurückgepfiffen. Zu emotional ist wohl derzeit das Thema für die Regierung, als dass sich Union und FDP in einem heiklen Punkt den Vorwürfen eines Klüngelns mit der Atomlobby aussetzen wollen. "Es bleibt alles beim Alten", betont Regierungssprecher Steffen Seibert.

    Es habe nie den Plan gegeben, Atommüllendlager unter private Aufsicht zu stellen, sagt Seibert. Innerhalb der Regierung habe es nur die Überlegung gegeben, die Entscheidung über die bereits seit zwölf Jahren im Atomgesetz verankerte Möglichkeit der Übertragung von Kompetenzen im Rahmen des Baus und Betriebs von Endlagern an Dritte dem Umweltministerium zu überlassen. Bislang entscheidet das nachgeordnete Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), das die Aufsicht über Endlager hat. Die Idee der Übertragung sei inzwischen aber wieder verworfen worden.

    Im Fokus steht in der Diskussion alter Bekannter: der Leiter der Abteilung für Reaktorsicherheit im Umweltministerium, Gerald Hennenhöfer. Er hat als früherer Eon-Manager gute Kontakte zur Atomlobby. Die Opposition wirft ihm vor, sein eigenes Süppchen zu kochen und in das Atomgesetz vorteilhafte Klauseln für die Konzerne hineinzuschreiben.

    Die Konzerne dringen angesichts von bisherigen Ausgaben für die Endlagersuche von 1,5 Milliarden Euro darauf, dass Gorleben auch das Endlager wird, trotz aller Bedenken, ob das Salz den Atommüll sicher verschließen kann. "Hennenhöfer ist sozusagen der Agent der Atomwirtschaft in der Bundesregierung", sagt Gerd Rosenkranz von der Deutschen Umwelthilfe.

    Der SPD-Chef und frühere Bundesumweltminister Sigmar Gabriel warnt vor zu viel Einfluss der Atomlobby beim Thema Endlagerung. Es sei höchst fragwürdig, dass die Energiekonzerne bereits indirekt an der am 1. Oktober startenden erneuten Erkundung Gorlebens beteiligt würden. Gabriel meint damit den Ex-Chef der Atomsparte von Vattenfall Bruno Thomauske. Er ist im Auftrag von Röttgen an einem Gutachten zu Gorleben beteiligt.

    Eine Beteiligung der Atomwirtschaft sei schon bei der Asse schief gegangen, sagt Gabriel. Bis 1978 wurden dort rund 126 000 Behälter mit schwach- und mittelradioaktivem Müll unter die Erde gebracht. Nach Pannen und Versäumnissen wurde dem Betreiber, dem Helmholtz-Zentrum München, im Jahre 2009 die Verantwortung entzogen. Es ist Mitglied in der Lobbyvereinigung Deutsches Atomforum. Jetzt ist das BfS zuständig. Die Bergung der Fässer wird Milliarden Euro kosten. Es zahlt weitgehend der Steuerzahler. Georg Ismar, dpa

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