Europas Christdemokraten haben das einzig Richtige getan: Sie zeigten dem ungarischen Premierminister Viktor Orbán mit ihrem Strafkatalog die Stirn. Denn es ging nicht mehr nur um ein paar demütigende Plakate, um eine verbale Entgleisung oder den immer offeneren Antisemitismus, den Orbán in die Auseinandersetzung um die Soros-Universität in Budapest einfließen ließ. Der Ungar hat die Rechtsstaatlichkeit in seinem Land systematisch beseitigt und demokratische Grundwerte abgeschafft.
Die Strafen der EVP gegen Viktor Orbán sind die richtige Entscheidung
Mitten in einem Wahlkampf, den die Christdemokraten gegen Populisten und Demagogen von rechts und links führen wollen und müssen, wurde Viktor Orbán so etwas wie das Trojanische Pferd der politischen Gegner in den eigenen Reihen. Und er blieb bis zuletzt unbelehrbar, inszenierte sich sogar in Brüssel als Märtyrer. Dass ihm die eigene Parteienfamilie nun auch noch ein dreiköpfiges Aufpasser-Gremium ins Land schicken will, musste er als besondere Schmach empfinden.
Aber dies war genau der richtige Schritt, um in alle Richtungen klarzumachen, dass die Europäische Volkspartei (EVP) den scheinheiligen Versprechungen Orbáns nicht mehr glaubt, sondern jetzt Fakten sehen will, ja einen Politikwechsel hin zu den demokratischen Tugenden, für die diese Parteienfamilie steht.
Es darf keine Politik von Orbáns Gnaden geben
Dass Orbán auf einen Austritt aus dieser Parteienfamilie verzichtete, ist keine gute Nachricht. Seine Reaktion zeigt, dass er unbelehrbar ist und bleibt. Ideologisch festgelegt bastelt er an einem linken Feindbild, dessen Vertreter er weiter in den eigenen Reihen der christlich-konservativen Parteienfamilie mutmaßt. Die Ankündigung, seine Politik nicht ändern zu wollen, macht die Zurückhaltung der EVP, die ihn zumachst nicht ausschließen wollte, zu einem Fehler.
Dieser ungarische Premierminister ist zu einer Last für die Christdemokraten geworden und er bleibt es. Die Verbohrtheit reicht so weit, dass er sich nicht einmal scheute, sich ausdrücklich hinter den christdemokratischen Spitzenkandidaten für die Europawahl, Manfred Weber, zu stellen. Das war nun wirklich das Letzte, was dieser gebrauchen kann.
Orbáns ständigen Andeutungen, er könne im Fall eines Ausschlusses eine neue politische Heimat bei den rechtsnationalen Kräften Italiens und Polens finden, sind nichts anderes als der Versuch, seine Parteifreunde zu erpressen – und darüber hinaus ein eklatanter Irrtum. In wichtigen politischen Fragen wie den Beziehungen zu Russland kommen Ungarn, Polen und Italien nicht zusammen. Es würde nicht verwundern, wenn die Europäische Volkspartei bereits am Mittwochabend begonnen hat zu bereuen, Orbán und seine Fidesz nicht sofort ausgeschlossen zu haben.
Die Suspendierung Viktor Orbáns hilft EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber
Ihrem Spitzenkandidaten Manfred Weber haben die europäischen Christdemokraten mit ihrem Vorgehen nur bedingt einen Dienst erwiesen. Weber wird sich weiter in jeder Diskussionsrunde fragen lassen müssen, wie er mit den ungarischen Parteifreunden umzugehen gedenkt. Zumal es ja nicht nur um den Verbleib in der EVP geht. Als möglicher nächster Kommissionspräsident müsste Weber erneut die Auseinandersetzung mit Budapest suchen. Schließlich liegt ein Vertragsverletzungsverfahren auf dem Tisch, das auf den Entzug der Stimmrechte innerhalb der EU und der Fördergelder aus Brüssel hinausläuft. Die Begründung ist die gleiche: Orbáns Demontage der Demokratie.
Deshalb bleibt nach diesem Tag bestenfalls wenig geklärt und schon gar nichts gelöst. Der ungarische Premierminister ist ein Störenfried, der Europas zentrale politische Werte ignoriert.