Martialisch ist ihr Aussehen, furchteinflößend ihr Auftreten. Sie tragen einen Kampfanzug mit Splitterweste und einen Helm mit eingebauten Ohrhörern und Mikrofon, die Maschinenpistole hängt über der Schulter, zusätzlich haben sie eine Pistole am Gürtel sowie Magazine mit Munition in einer Brusttasche. Wie Polizisten sehen sie nicht aus, obwohl auf dem Mundschutz wie auf der Brust das Wort „Polizei“ steht. Eher wie hochgerüstete und zu allem bereite Elitekrieger einer Armee.
Und das sind sie auch, wenn auch in Diensten der Bundespolizei. Die GSG 9, die legendäre Spezialeinheit des Grenzschutzes, wurde im September 1972 nach dem Anschlag auf die Olympischen Spiele in München gegründet. Seit dem 1. Juli 2005 ist sie unter dem Dach der Polizei des Bundes angesiedelt. Ihre Mitglieder kommen immer dann zum Einsatz, wenn die Sondereinsatzkräfte der Länder nicht mehr ausreichen oder die Bedrohungsszenarien so komplex sind, dass die Länder auf die Unterstützung des Bundes angewiesen sind. Beispielsweise bei Terroranschlägen, Geiselnahmen oder anderen Fällen von Schwerstkriminalität (mehr zum Einsatz beim G20-Gipfel, lesen Sie hier). Auch im Ausland, wenn es darum geht, deutsche Staatsbürger zu befreien.
GSG 9: Personalstärke der Eliteeinheit wird geheim gehalten
In ihren Reihen gibt es Präzisionsschützen und Kampftaucher, Spezialisten für die Erstürmung von entführten Flugzeugen sowie Sprengstoffexperten. Die genaue Personalstärke der in Sankt Augustin bei Bonn angesiedelten Eliteeinheit wird von der Bundespolizei geheim gehalten. Auch ihre Einsätze werden im Regelfall nicht öffentlich bekannt gegeben.
Am Dienstag öffnete sich in Berlin jedoch, wenigstens einen Spalt breit, der Blick auf die Einheit: Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) stellte offiziell die neu eingerichtete Direktion 11 der Bundespolizei in Dienst. Dieser sind künftig neben der GSG 9 alle weiteren Spezialkräfte der Bundespolizei unterstellt – die Fliegergruppe und die Munitionsentschärfungsdienste, die Einheiten „Personenschutz Ausland“, die vor allem für den Schutz der Botschaften zuständig ist, und „Besondere Schutzaufgaben Luftverkehr“ (die sogenannten „Sky Marshalls“) sowie die Einsatz- und Ermittlungsunterstützung der Bundespolizei.
Die Einheiten bleiben an ihren Standorten, entsenden aber jeweils Vertreter in die neue Direktion, die derzeit rund 60 Mitarbeiter hat. Am Ende sollen es 270 werden. An der Spitze steht mit dem früheren Chef der GSG 9, Olaf Lindner, ein Praktiker, der die Herausforderungen an die Spezialkräfte kennt. Er soll von Berlin aus die enge Verzahnung der Einheiten gewährleisten, bei komplexen Einsätzen die Koordination übernehmen und hinterher die Analyse über den Verlauf vornehmen sowie Defizite erkennen und beheben.
Besser vorbereitet auf mehrere Anschläge an unterschiedlichen Orten
Der Arbeitsbeginn dieser neuen Direktion sei ein „besonderer Tag für die Bundespolizei und die Sicherheitsarchitektur der Bundesrepublik Deutschland“, sagte deren Präsident Dieter Romann. Die Bündelung der Kräfte führe dazu, dass die Bundespolizei noch besser als bisher in die Lage versetzt werde, auf komplexe Bedrohungsszenarien zu reagieren. Etwa wenn sich mehrere Anschläge an unterschiedlichen Orten ereignen. Die neue Direktion sei zudem in Modulbauweise aufgebaut, sodass jederzeit bei Bedarf weitere Spezialkräfte unter dem Dach der Direktion angesiedelt werden können
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Innenminister Thomas de Maizière verwies darauf, dass eine genaue Analyse der Anschläge von Paris und Brüssel sowie des Amoklaufes von München den Anstoß gegeben habe, auf Bundesebene ein Kompetenzzentrum zur Steuerung der Anti-Terror-Einsätze zu etablieren.
Auch wenn es in Deutschland bisher noch keinen Anschlag mit mehreren Bombenexplosionen zur gleichen Zeit an mehreren Orten gegeben habe, sei es notwendig, sich darauf vorzubereiten, statt zu spät zu reagieren. „Nötig ist eine robuste Antwort auf robuste Bedrohungen“, die Einrichtung der neuen Zentrale sei „ein großer Schritt für mehr Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger“.
Der Minister hofft, dass es einen engen Austausch zwischen den Beamten an den Schreibtischen und den Praktikern vor Ort geben wird und dass alle Angehörigen der Spezialkräfte einen „gemeinsamen Korpsgeist“ entwickeln werden.