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EU: Vor EU-Gipfel: Stärkerer ESFS muss durch Bundestag

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Vor EU-Gipfel: Stärkerer ESFS muss durch Bundestag

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    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eröffnet im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin die Bundesvorstandssitzung der Partei. Foto: Rainer Jensen dpa
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eröffnet im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin die Bundesvorstandssitzung der Partei. Foto: Rainer Jensen dpa

    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will ein klares Mandat für die entscheidenden Verhandlungen in Brüssel.

    Zwar wird der deutsche Garantierahmen von 211 Milliarden Euro für Nothilfen nicht aufgestockt und eine Abstimmung im Haushaltsausschuss hätte genügt. Doch mit der Abstimmung aller Abgeordneten will Merkel offensichtlich den Sorgen um größere Risiken für den deutschen Haushalt Rechnung tragen, wie nach einer Sitzung des CDU-Präsidiums bekanntwurde.

    Beim entscheidenden EU-Krisengipfel am Mittwoch soll ein Gesamtpaket gegen die schwelende Schuldenkrise auf den Weg gebracht werden: Griechenland soll vor dem Zusammenbruch bewahrt, weitere Bankenpleiten verhindert und die Schlagkraft des Euro-Rettungsfonds massiv gestärkt werden. Bei ersten Beratungen am Wochenende in Brüssel waren die Ergebnisse mager.

    Merkel dürfte bei Bundestagsabstimmung am Mittwoch noch dringender auf ihre Kanzlermehrheit angewiesen sein als bei der letzten Abstimmung. Denn anders als bei der Entscheidung am 29. September war zunächst nicht klar, ob SPD und Grüne mit der Koalition aus CDU/CSU und FDP für den Rettungsschirm stimmen würden.

    Stimmt die Opposition geschlossen dagegen, müsste Merkel eine absolute Mehrheit aus der Koalition von 311 Stimmen hinter sich vereinen, um Gegenstimmen möglicher Abweichler ausgleichen zu können. Am 29. September hatten Union und FDP zusammen 315 Ja-Stimmen erreicht. Insgesamt hat Schwarz-Gelb im Bundestag 330 Sitze, die Opposition 290.

    Nach dem EU-Gipfel am Sonntag, der alle Entscheidungen vertagt hatte, unterrichte Merkel die Partei- und Fraktionschefs der Parteien im Bundestag über die Lage. Die Kanzlerin will am Mittwoch (12.00 Uhr) vor der Reise zum Folge-Gipfel nach Brüssel eine Regierungserklärung abgeben.

    Inzwischen wurde zumindest klar, wie der Rettungsfonds schlagkräftiger werden soll. Es liegen zwei Optionen auf dem Tisch: Eine Variante sieht eine Teilabsicherung neuer Anleihen aus Risikoländern wie Spanien und Italien vor. Das funktioniert ähnlich wie eine Teilkaskoversicherung: Im Pleite-Fall bekommt der Geldgeber zumindest einen Teil - beispielsweise 20 Prozent - der Staatsanleihe zurück. Eine zweite Variante dreht sich um einen Kredit-Sondertopf des finanzstarken Internationalen Währungsfonds (IWF).

    Das geht aus einem Entwurf der sogenannten Leitlinien hervor, der dem Bundestag übermittelt wurde und der Deutschen Presse-Agentur vorlag. Auch eine Kombination beider Varianten sei möglich, heißt es darin. Deutschland favorisiert das Prinzip der Teilkaskoversicherung.

    Derzeit kann der Fonds maximal 440 Milliarden Euro Notkredite verleihen. Da die Schuldenkrise immer größere Kreise zieht, könnte der Betrag möglicherweise nicht reichen. Die Euro-Länder wollen deshalb mehr Kapital mobilisieren, ohne selbst die Garantien aufstocken zu müssen.

    Die Bundesregierung verteidigte vor der erneuten Abstimmung im Bundestag die geplante Aufrüstung des EFSF: "Das Ziel ist, die Effizienz eines EFSF-Einsatzes zu erhöhen und dabei die Kreditvergabekapazität des EFSF zu maximieren", heißt es in einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums an den Haushaltsausschuss des Bundestages. Die Bundesregierung räumte Probleme ein. "Die Ausgestaltung und Konkretisierung der beiden Modelle ist komplex und muss deshalb im Einzelnen noch mit Marktteilnehmern und Ratingagenturen besprochen werden."

    Nach dem Treffen mit Merkel sagte Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin, es gehe um eine EFSF-Ausweitung, die "jenseits einer Billion Euro" liegen dürfte. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier machte deutlich, erst die Befassung durch alle Abgeordneten biete die Chance auf eine breite Mehrheit.

    Trittin sagte weiter, dass die Bundeskanzlerin von einem höheren Schuldenschnitt für Griechenland als den bisherigen 21 Prozent ausgehe. Merkel habe eine Größenordnung zwischen 50 und 60 Prozent genannt. Dagegen wehren sich die Institute bisher, wie erste Verhandlungen zeigten.

    Zu dem Maßnahmen-Paket gehört auch, die Banken - auch wegen des zu erwartenden Schuldenschnitts in Griechenland - mit einer besseren Kapitaldecke auszustatten. Diese Rekapitalisierung umfasst in Europa zwischen 100 und 110 Milliarden Euro. In Deutschland geht es um rund 5,5 Milliarden. Frankreichs Banken benötigen weniger als 10 Milliarden Euro, wie Notenbankchef Christian Noyer sagte.

    Nach der harschen Kritik beim EU-Gipfel an seiner Wirtschaftspolitik trommelte der italienische Premierminister Silvio Berlusconi sein Kabinett zu einer Krisensitzung zusammen. Am Abend wollte Berlusconi seine Minister über den Gipfel unterrichten.

    Merkel und Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy hatten sich Berlusconi am Rande des Gipfels vorgeknöpft. Sarkozy forderte, Italien müsse beim Folge-Treffen klare Perspektiven zum Abbau der sehr hohen Staatsverschuldung aufzeigen. Italien hat gemessen am Bruttoinlandsprodukt nach Griechenland den höchsten Schuldenstand der Euro-Zone.

    Dass beim Gipfel die Nerven blank lagen und die Stimmung gereizt war, illustriert ein ruppiger Wortwechsel zwischen Sarkozy und dem britischen Premier David Cameron. Im Streit um die richtige Strategie soll Sarkozy den Briten angeschnauzt haben: "Sie haben eine gute Chance verpasst, den Mund zu halten", wie die britische Agentur PA am Montag meldete. "Es macht uns krank, dass Sie uns dauernd kritisieren und uns sagen, was wir tun sollen. Sie sagen, Sie hassen den Euro und jetzt wollen Sie in unsere Sitzungen eingreifen."

    An diesem Mittwoch werden zunächst alle 27 EU-Staats- und Regierungschefs zusammenkommen, anschließend tagt dann der Gipfel der 17 Euro-Staaten. Vermutlich dürften auch die Finanzminister parallel beraten. (dpa)

    Ergebnisse des Gipfels der 27 EU-Staaten (in Englisch

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