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EU: Scheitern nicht ausgeschlossen

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Scheitern nicht ausgeschlossen

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    Thorning-Schmidt
    Thorning-Schmidt

    Brüssel Ein strategischer Glücksgriff sähe anders aus. Doch der bis 2021 festgelegte EU-Kalender sieht nun einmal vor, dass auf dem Höhepunkt der Euro-Krise nach Polen ein weiteres Land ohne die Gemeinschaftswährung den Vorsitz der Union übernimmt: Dänemark.

    Gerade mal drei Monate im Amt wird die 45-jährige Kopenhagener Regierungschefin Helle Thorning-Schmidt ab dem 1. Januar 2012 zeigen müssen, dass sie etwas zustande bringt, was ihre Landsleute eigentlich gar nicht haben wollen: einen neuen Schritt für das Zusammenwachsen Europas. Bis zum EU-Gipfeltreffen Ende Januar soll der Entwurf für einen neuen Stabilitätsvertrag für die Fiskalunion stehen.

    Auch wenn die Arbeiten im Wesentlichen vom ständigen Ratspräsidenten Herman Van Rompuy geleitet werden, muss der dänische Vorsitz doch daran mitwirken. Thorning-Schmidt sitzt zwischen allen Stühlen: Gibt sie Europa das, was der Euro braucht, provoziert sie zu Hause eine Volksabstimmung, die sie kaum gewinnen kann? So machte Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy denn auch schon beim Dezember-Gipfel in Brüssel unmissverständlich klar, was er von Kopenhagens Europa-Vorsitz hält: „Sie stehen außen vor, Sie sind ein kleines Land, und Sie sind neu. Wir haben keine Lust, Ihnen zuzuhören“, hatte er die dänische Regierungschefin wenig charmant runtergeputzt.

    Die aber gab sich kampfesmutig. „Jetzt geht es darum, den Euro zu retten“, umriss sie ihr Programm wenige Tage vor Weihnachten. Konkret: Der Rettungsschirm muss ausgebaut, der dauerhafte Europäische Krisenmechanismus (ESM) ab Mitte 2012 installiert werden, die Wirtschaftsunion soll dann ebenfalls stehen, der griechische Schuldenschnitt auch. Zusätzlich steht die Aufnahme Serbiens in den offiziellen Status als Beitrittskandidat an. Rumänien und Bulgarien sollen ins Schengen-System integriert werden.

    Noch vor kurzem wollten sie schärfere Grenzkontrollen

    Auch das muss die Regierungschefin ihren Landsleuten erst einmal erklären: Bis vor wenigen Monaten wollten ihre Vorgänger in Kopenhagen unter dem Beifall der Bevölkerung die Grenzkontrollen verschärfen, um Kriminelle und illegale Zuwanderer abzuschrecken. Europaminister Nicolai Wammen bemühte sich, so viel Zündstoff humorvoll zu kaschieren. Als er das Arbeitsprogramm seiner Regierung für die sechs Monate an der Spitze der EU in Brüssel vorstellte, ließ er den alten Simon & Garfunkel-Hit „Bridge over a troubled Water“ (Brücke über stürmischem Wasser) spielen.

    Dass man bei diesen anstehenden Aufgaben auf europäischer Ebene eigentlich nur scheitern kann, hat gerade erst Polens Ministerpräsident Donald Tusk zu spüren bekommen. Warschau hätte beispielsweise die Sitzungen der Finanzminister der Währungsunion als Ratspräsidentschaft eigentlich leiten sollen, musste aber als Nicht-Euro-Mitglied darum bitten, überhaupt teilnehmen zu dürfen. Und auch Helle Thorning-Schmidt „durfte“ die letzten Euro-Gipfel vor der Türe miterleben.

    Vor diesem Hintergrund sind die Hoffnungen auf eine spektakuläre Zeit im EU-Vorsitz nicht allzu groß. Die Kopenhagener Regierungschefin will aber dennoch punkten, weil sie den europäischen Betrieb bestens kennt: Nach ihrer Arbeit im Büro der sozialdemokratischen Fraktion Mitte der 90er Jahre saß sie von 1999 bis 2005 als Abgeordnete im Straßburger Plenum. Diese innerbetriebliche Erfahrung will sie jetzt nutzen.

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