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EU: Kommissionpräsidentin von der Leyen kämpft für ihren "Green Deal"

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Kommissionpräsidentin von der Leyen kämpft für ihren "Green Deal"

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    Mächtige Frauen: Österreichs Kanzlerin Brigitte Bierlein, Kommissionschefin Ursula von der Leyen, Belgiens Premier Sophie Wilmes und Angela Merkel.
    Mächtige Frauen: Österreichs Kanzlerin Brigitte Bierlein, Kommissionschefin Ursula von der Leyen, Belgiens Premier Sophie Wilmes und Angela Merkel. Foto: T. Roge, dpa

    Ein bengalisches Feuerwerk an der Fassade der Brüsseler EU-Kommission, ein langes Banner mit der unübersehbaren Aufschrift "Klimanotstand" – Aktivisten der Umweltorganisation Greenpeace hatten dafür gesorgt, dass die in Brüssel eintreffenden Staats- und Regierungschefs nicht übersehen konnten, wozu sie eigentlich hergekommen waren. "Die globale Erwärmung schreibt uns vor, was wir zu tun haben," bemühte sich die neue Kommissionspräsidenten Ursula von der Leyen noch einmal, ihren Green Deal vom Vortag zusammenzufassen. "Ich hoffe auf starke Unterstützung."

    Kann die EU ohne Atomstrom Klimaneutralität erreichen?

    Eine Einigung auf die Klimaneutralität in der ganzen EU bis 2050 wäre ein "starkes Zeichen", betonte auch Kanzlerin Angela Merkel und setzte hinzu: "Ich hoffe, dass es gelingt." In ähnlichen Worten wiederholten das fast alle Staatenlenker, um zu zeigen, dass sie bereit für die Wende sind. Tatsächlich waren es nur 25 der 28 Mitgliedstaaten, die ihre Entschlossenheit zur Klimaneutralität bekundet hatten. Und prompt begannen die Meinungsverschiedenheiten. Denn auf dem Weg zu einer CO2-freien Zukunft stolperte die Union regelrecht über ein Thema, das die Kommission eigentlich gerne rausgehalten hätte: die Kernkraft. "Ohne Atomenergie erreichen wir die Klimaneutralität nicht", sagte der tschechische Ministerpräsident Andrej Babis. Er rechnete vor: "Österreich hat keinen Atomstrom. Aber alleine heute Morgen bezog Wien 25 Prozent seines Energiebedarfs aus unseren Atommeilern. Ohne uns gingen in der Hauptstadt die Lichter aus."

    Polen, Tschechien und Ungarn fürchten die gewaltigen Umstiegskosten auf erneuerbare Energien, selbst mit der im Green Deal vorgesehen Subventionierung aus den Brüsseler Fördertöpfen. "Atomstrom ist eine saubere Energie ohne Emissionen", sagte Babis. "Ich weiß nicht, warum manche Länder damit ein Problem haben." Ob die Kernenergie am Ende sogar eine Renaissance erlebt, weil etliche EU-Regierungen sie als "grüne Investition" anerkennen wollen, ist umstritten.

    Frankreich bezieht mehr als 70 Prozent seines Stroms aus Atomenergie

    Unterstützung bekamen Warschau, Prag und Budapest gestern vom französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron, der Verständnis für jene Länder forderte, die zur Erreichung der Klimaziele wieder auf Kernenergie setzen. Und der dabei sicherlich auch seinen eigenen Energiemix zu Hause im Blick hatte. Denn Frankreich bezieht über siebzig Prozent seines Strombedarfs aus der Atomenergie.

    Dass der Gipfel sich schwertun würde, war absehbar – zumal die gewaltigen Investitionen für die ökologisch-ökonomische Revolution noch nicht absehbar sind. Kommissionschefin von der Leyen hatte zuvor von rund 260 Milliarden Euro gesprochen, die jährlich fällig würden. Dabei ist zwölf Monate, bevor eine Einigung über den Finanzrahmen ab 2021 stehen muss, nicht einmal die Spur eines Kompromisses erkennbar. Die Kommission fordert einen Sieben-Jahres-Etat in Höhe von 1,135 Billionen Euro, das wären 1,1 Prozent der EU-Wirtschaftsleistung. Das EU-Parlament, das am Ende zustimmen muss, denkt sogar an 1,3 Prozent. Deutschland, Österreich und andere sind zu gerade mal einem Prozent bereit. Denn in Berlin hat man nachgerechnet. Durch den Brexit kommen auf

    Immerhin: Der erste EU-Gipfel seit langem, der nicht vom Brexit dominiert wurde

    Wegen der gut laufenden Konjunktur – der Beitrag bemisst sich am Bruttoinlandsprodukt des jeweiligen Mitgliedslandes – muss Berlin aber sowieso tiefer in Tasche greifen. Das macht zusammen pro Jahr netto 30 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt, bisher waren es 13,5 Milliarden. Ohne Einigung in dieser Frage kann von der Leyen aber keine Klimaschutz-Pakete schnüren, weil sie nicht weiß, wie viel Geld sie zur Verfügung hat. Und so war am Abend nach der ersten Arbeitssitzung noch nicht klar, ob die Nacht einen Durchbruch oder ein Scheitern bei einer oder gar beiden Fragen bringen würde.

    Nur in einem Punkt zeigten sich alle Staats- und Regierungschefs schon vorab erleichtert: Nach vielen vorangegangenen Treffen war dies der erste EU-Gipfel, bei dem das Thema Brexit nicht im Mittelpunkt stand. Premier Boris Johnson war wegen der gestrigen Wahlen nicht angereist und hatte seine Stimme dem neuen Ratspräsidenten Charles Michel übergeben. Am heutigen Freitag will man sich dann zu dem Ergebnis des Votums auf der Insel äußern.

    Lesen Sie dazu den Kommentar: Europas Zukunft ist grün

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