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EU-Flüchtlingsgipfel: Türkei will Flüchtlinge aus Griechenland zurücknehmen

EU-Flüchtlingsgipfel

Türkei will Flüchtlinge aus Griechenland zurücknehmen

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    Angela Merkel hat den türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu im Blick.
    Angela Merkel hat den türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu im Blick. Foto: epa/Olivier Hoslet/ dpa

    Mit der Rücknahme aller neu ankommenden Flüchtlinge aus Griechenland will die Türkei die Migrationskrise eindämmen - und als Gegenleistung ihren Fuß in die Tür zur EU-Mitgliedschaft sowie rasche Visa-Freiheit für ihre Bürger bekommen. Mit dem Vorschlag überraschte der türkische Regierungschef Ahmet Davutoglu am Montag den EU-

    Tatsächlich will die Türkei nicht alle Flüchtlinge behalten: Die zurückgenommenen sogenannten Wirtschaftsflüchtlinge sollen weiter in ihre Herkunftsländer abgeschoben werden. Und für jeden Syrer, den Ankara aus Griechenland zurücknimmt, soll die EU einen der 2,7 Millionen Syrer aufnehmen, die schon in der Türkei leben.

    EU-Flüchtlingsgipfel: Das fordert die Türkei

    Und das sind nicht die einzigen Forderungen: Für 2018 verlangt Ankara drei Milliarden Euro zusätzliche Unterstützung. Die frühestens für den Herbst vorgesehene Visa-Freiheit für türkische Bürger soll schon ab Juni kommen. Und in den Beitrittsverhandlungen sollen umgehend neue Kapitel eröffnet werden. Er hoffe, der Plan leite "eine neue Ära in den Beziehungen der EU zur Türkei" ein, sagte Davutoglu.

    Er begründete die Initiative auch damit, dass die bisherigen Bemühungen, die irreguläre Flüchtlingsbewegung einzudämmen, nicht gefruchtet hätten. Im Februar kamen 56.000 neue Flüchtlinge in Griechenland an, das EU-Land ist auch wegen der Schließung der Balkan-Route überlastet.

    EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) zeigte sich zunächst zuversichtlich: Die Atmosphäre sei "besser als erwartet". Die Staats- und Regierungschefs seien "bereit, eine Lösung zu finden." Am späteren Abend rangen die Delegationen aber immer noch um eine gemeinsame Position. Als wahrscheinlichstes Ergebnis erwarteten Diplomaten einen Auftrag des Gipfels, die Arbeit an dem Vorschlag in den kommenden Tagen fortzusetzen.

    Denn nicht nur das zusätzliche Geld, vor allem die rasche Visa-Freiheit und die Eröffnung neuer Beitrittskapitel in einer Zeit, in der Ankara hart gegen unliebsame Medien vorgeht, sind für manchen Regierungschef ein großes Problem. Es könne nicht sein, dass wegen der Flüchtlingsfrage Werte wie die Pressefreiheit "einfach über Bord geworfen werden", mahnte etwa Luxemburgs Ministerpräsident Xavier Bettel.

    Überdies haben sich die meisten EU-Mitgliedsländer bislang energisch gegen einen Verteil-Mechanismus gewehrt. So wurden von den 160.000 Flüchtlingen, die Griechenland und Italien abgenommen werden sollen, erst 872 Menschen tatsächlich verteilt. Dass sich etwa die Osteuropäer bereit erklären könnten, nun der Türkei direkt Flüchtlinge abzunehmen, ist nicht abzusehen.

    Ist die Balkanroute nun geschlossen?

    Die Idee hinter dem Vorschlag der Türkei ist, dass so die irreguläre Migration abebbt. Schließlich würde sich die gefährliche Reise durch die Ägäis nicht mehr lohnen, wenn es nach der Ankunft in Griechenland gleich zurück in die Türkei geht. Syrische Flüchtlinge, die zurückgeschickt werden, müssten sich zudem hinten anstellen, wenn sie sich um die legale Umsiedlung in die EU bewerben.

    Die EU dürfe diesen "vergifteten Apfel" nicht anbeißen, sagte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt der Nachrichtenagentur AFP. Er warnte davor, Flüchtlinge aus Ländern wie Afghanistan oder dem Irak gegen die Opfer des syrischen Bürgerkriegs auszuspielen. "Das ist unmoralisch und rechtswidrig."

    Gerungen wurde in Brüssel auch um eine kurze, aber umso kernigere Formulierung: In dem Entwurf für die Gipfelerklärung vom Vorabend hieß es, die Westbalkan-Route sei "nun geschlossen". Das würde die Akzeptanz bislang heftig kritisierter Alleingänge von Österreich und anderen Balkan-Staaten bedeuten.

    Es könne "nicht darum gehen, dass irgendetwas geschlossen wird", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auch mit Blick auf die dramatischen Bilder von der abgeriegelten mazedonisch-griechischen Grenze. Nicht nur für einige wenige Länder müsse sich die Zahl der Flüchtlinge verringern, "sondern für alle Länder inklusive Griechenland". afp

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